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Kolumne Nebensachen aus DurbanRasenschach und Klimapoker

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Würde der Klimagipfel zur schönsten Nebensache, könnte der Fußball die Rolle als ernsteste Hauptsache der Welt übernehmen. Und beim Klimagewürge gäbe es mal Sieger.

Action & Fun: Fußballfan (l.) vs. Melancholie & Starre: Klimafan (r.). Bild: reuters/dapd

N ach Durban kommt der fußballbewusste Deutsche mit gemischten Gefühlen: Hier im Moses Mabhida Stadion, nur einen Manuel-Neuer-Handabschlag vom Konferenzzentrum entfernt, war es, wo unsere Nationalmannschaft im Sommer 2010 einen grandiosen 4:0-Erfolg über Australien hinlegte. Und ebenfalls hier verloren die Kicker von Jogi Löw im Halbfinale 0:1 gegen Spanien. Das Turnier mitreißend gestaltet und doch verloren. Aus der Traum vom Sieg.

Gegen dieses Karma muss nun Umweltminister Norbert Röttgen anspielen, wenn er ab Dienstag auf der Klimakonferenz aufläuft. Denn wie die deutschen Kicker seit dem Sommermärchen 2006, so schlagen sich die deutschen Klima-Verteidiger schon seit langem mit einem Fluch herum: Gut nach hinten arbeiten, schöne Vorlagen geben, immer Teamplayer bleiben, Lob von allen Seiten und die besten Sponsoren an Bord – aber nie wirklich erfolgreich.

So etwas zehrt an der Substanz. Nach dem vergeigten Super-Champions-League-Finale von Kopenhagen haben die meisten Teams an Taktik und Physis gefeilt, nur die USA bleiben der alten teutonischen Blutgrätsche treu. "Es gibt keine Kleinen mehr" gilt auch in der Welt der Klimasünder, spätestens seit China und Indien die Alustollen angeschraubt haben und seit Bolivien wie in Cancún die anderen 192 Staaten an den Rand einer Niederlage bringen kann.

Rasenschach und Klimapoker haben ungeahnte Parallelen und finden zunehmend an den gleichen Orten statt: jetzt tritt man sich in Südafrika vors Schienbein, wo noch vor knapp eineinhalb Jahren nach dem Ball gejagt wurde. Die nächste Klimarunde wird in Katar ausgetragen, wo auch die Fußball-WM gerade mit einer ordentlichen Dosis Petro-Dollar-Doping hingetreten wurde.

Ausgeschieden ist dabei der Kandidat Südkorea – wir erinnern uns an Olli Kahns Fehlgriff von 2002. Und dann gibt es ja auch noch die WM in Brasilien – just da, wo im nächsten Jahr das 20-jährige Jubiläum der großen Umweltkonferenz von 1992 gefeiert wird – auch so ein Fest des schönen und ineffizienten Samba-Verhandelns.

Lokalderby China-USA endet immer 0:0

Bild: taz
Bernhard Pötter

ist Autor der taz und berichtet derzeit vom Klimagipfel in Durban.

Aber wir sollten die Vergleiche nicht zu weit ziehen. Sicher, auch bei den Klimaverhandlungen wird gefoult, bestochen und hinterher geheult. Klar, auch beim Fußball gibt es Situationen, wo man die Teams mit dem destruktivsten Abwehrverhalten am liebsten unter die Dusche schicken würde. Aber auch wenn die Schiedsrichter auf dem grünen Rasen offenbar immer häufiger mit viel Geld geschmiert werden – immerhin gibt es sie, und sie können rote Karten verteilen!

Eine ordentliche Fan-Randale mit bengalischem Feuer (präsentiert mit freundlicher Unterstützung des absaufenden Bangladesh!) könnte das todlangweilige Stellungsspiel der COP 17 gehörig aufmischen. Und die Verhandlungsteams in Gruppen auszulosen, könnte vom ewigen Lokalderby China-USA ablenken, das doch immer nur 0:0 endet.

Solche Veränderungen könnten aus dem Klimagipfel endlich machen, was er eigentlich sein sollte: die schönste Nebensache der Welt. Der Fußball könnte dann auch ganz offiziell die Rolle als ernsteste Hauptsache auf dem Planeten übernehmen, die er für viele ja ohnehin längst hat.

Immerhin hat der Kampf ums Leder einen riesigen Vorteil gegenüber dem Klima-Kick: Selbst wenn das Finale langweiliger ist als das Testbild im Kanal nebenan, auch wenn es 90 plus 30 Minuten dauert, und im Elfmeterschießen mit 154:152 endet, weil der Torhüter einschläft – anders als beim Klimagewürge gibt es irgendwann einmal einen Sieger. Und nicht nur Verlierer.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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