Kolumne Luft und Liebe: Das wird so geil und gerecht
Mitmeinen – heißer Scheiß, der viel Intellekt fordert. Gedanken über die Situation der Frau in der Sprache, bei Stromausfall und Whisky.
S chon okay, so ein Stromausfall bei Gewitter. Als Kind fand ich Stromausfälle super. Kerzenlicht in der ganzen Wohnung, und weil man nicht kochen konnte, aß man Kekse. Schönes Leben eigentlich. Heute, als Kolumnistin, finde ich Stromausfälle auch in Ordnung. Kerzenlicht in der ganzen Landkommune, 79 Prozent Laptop-Akku, und weil man nicht kochen kann, trinkt man Whisky.
Was für ein gutes Gefühl, zu wissen, dass da draußen Leute sind, die sich kümmern. Die einen, die den Strom wieder hinkriegen werden, und die anderen, die sich beständig Gedanken über die Situation der Frau in der Sprache machen.
Irgendwo in Österreich hocken 800 Menschen, mehr oder weniger Intellektuelle, die einen offenen Brief gegen das „Binnen-I und andere von oben verordnete Verunstaltungen“ unterschrieben haben. Sie finden, Wörter wie „ÄrztInnen“ sind hässlich, unverständlich und neu, man sollte die nicht benutzen, man sollte sie geradezu von oben her wegverordnen. Weil in dem Wort „Ärzte“ Frauen mitgemeint sind. Nur logisch.
Wie in dem taz-Interview neulich, in dem es hieß: „Wenn man Ärzten diese Möglichkeit gibt, werden sie zu den gefährlichsten Männern im Staate.“ Richtige Frauen checken, dass sie nicht nur bei den Ärzten mitgemeint sind, sondern natürlich auch bei den Männern. Mitmeinen – heißer Scheiß, der viel Intellekt erfordert, und ich bin mir nicht sicher, wie viel verständlicher es ist, von „Männern“ als „Männern und Frauen“ zu reden, als zum Beispiel von „Menschen“, aber ich bin ja auch nur eine, und die anderen sind mindestens 800.
Überhaupt bin ich froh, dass es so viele Leute gibt, die das Binnen-I und all das /_*x-Zeug hässlich und blöd finden, und am allerfrohsten bin ich über jene, deren Gründe ästhetischer Art sind. Ich stelle mir vor, wie sie in abendlichen „Walther von der Vogelweide“-Lesekreisen über die Lieblichkeiten und Widrigkeiten der Sprache debattieren, wie sie sich an der Anmut des Wortes „Fenchel“ ergötzen und wie ihnen bei der Borstigkeit eines Wortes wie „Residenzpflicht“ der Magen krampft. Ich bin sicher, dass sie mit dem „Mitmeinen“ auch ihre Sorgen haben, dass sie verschiedene geschlechtergerechte Formen Nacht um Nacht in ihren Herzen bewegen.
Das wird so geil, wenn die fertig sind. Eines Tages werden sie uns dann eine nicht nur gerechte, sondern auch ästhetisch anspruchsvolle, poetische Form vorschlagen, die nicht nur das Auge erfreut, sondern auch die ganze Seele.
Oder zumindest die Brüste. Zwei von den vielen Genderexperten unserer Zeit durfte ich neulich in einer Kneipe zuhören. „Es gibt“, sagte der eine, „drei Arten von Männern. Die, die bei Frauen auf die Titten gucken, dann die, die auf den Arsch gucken, und die, die auf die Füße gucken.“ Der andere war skeptisch. „Ich glaube“, sagte er, „es gibt schon auch noch welche, die aufs Gesicht achten.“ Der erste wiegte den Kopf hin und her und sagte: „Na jaaa. Ich würde sagen, ja, okay, aber das zählt eigentlich zu den Brüsten.“
Mitmeinen, ich sage es ja, das ist einfach der Zug, auf den man heute noch aufspringen sollte. Mal gucken, wo der hinfährt.
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