Kolumne Liebeserklärung: Soli, bitte bleib bei uns!
Wir brauchen ihn, denn wir brauchen Geld für die Straßen, auf denen wir weiter fahren können, durch die Leere, um sie herum.
W ir fahren, wir fahren. Wir gleiten dahin, der Asphalt ist so neu, dass er glänzt wie vom Regen nass. Er windet sich, krümmt sich, doch nie so sehr, dass wir den Halt verlieren, dass uns der Schwung hinausträgt in das Grün der Wiesen und Wälder. Der Asphalt krümmt sich mit Maß.
Wir fahren durch Dörfer, leere, verfallene Dörfer, Geisterdörfer, dort rosten die alten Traktoren, russische Traktoren, „Koljas“ haben wir sie gerufen als Kinder. Vielleicht heißen sie wirklich so, das wäre doch schön.
Wir fahren durch Städte, frisch gestrichene Städte, renovierte Jugendstilhäuser an der Grenze zu Polen, Görlitz heißt die Stadt, sie ist im Kino zu sehen, wenn es nach „früher“ aussehen muss, nach Kaiser oder Adolf Nazi, dann filmen sie in Görlitz. Irgendjemand muss ja auch da sein, sie benutzen, diese Städte, und wenn die Kamerateams nicht da wären, dann wäre Görlitz genauso leer wie die Dörfer.
Wir fahren auf Umgehungsstraßen, wir umfahren die Städte und Dörfer, wir müssen nicht mehr durch die Leere hindurch. Wir sehen das Grün der Kiefern in Brandenburg, auf ihren Streichholzstämmen scheint immer die Sonne, und wir sehen den schwarz umschatteten Thüringer Wald. Wir sehen das Weiß der Kreidefelsen auf Rügen, die müsste man auch mal reparieren, so wie die auseinanderfallen. Wir sehen das Grau, die Gewerbegebiete, Rigips, Zalando, und das Schild eben konnte ich nicht lesen, da waren wir zu schnell.
Wo sind die Menschen? Sie fahren wie wir. Und deswegen brauchen wir ihn, den Solidaritätszuschlag, denn wir brauchen sie, die Straßen, auf denen wir weiter fahren können, durch die Leere, um sie herum. Wir sind aufgebrochen, vor Jahren oder Jahrhunderten schon, wir haben vergessen, wann. Wir kennen kein Halten. Wir kommen niemals an.
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