Kolumne Leipziger Vielerlei: Schlechte Idee, schlechte Umsetzung
Durch die Woche in Leipzig mit unsinnigen Architekturprojekten, im Rotlichtmileu und in angeblich rechtsfreien Räumen.
M an kennt sie: Visionen, Ideale, Illusionen – von(g) der Idee her gut, von der Umsetzung weniger. Kommunismus zum Beispiel. Oder das Leipziger Nahverkehrsnetz. Oder dass der Osten wieder einen wettbewerbsfähigen Fußballverein hat. Idee: gut. Umsetzung: RB Leipzig. Jüngst gab es den Einfall, den Berliner Palast der Republik in Leipzig wiederaufzubauen. Architekt Daniel Theiler nennt Gebäude wie die Londoner Tate Modern als vergleichbare Größen. Das ist allein von(g) der Idee her nur dämlich.
Die Leipziger Publizistin Inge Bell veröffentlichte bereits im Januar auf ihrer Facebookseite ein Foto, mit dem eine Berliner Versicherungsagentur für sich warb: Der Chef steht im blauen Anzug vorne, seine acht Mitarbeiterinnen haben sich in einer Reihe hinter ihm aufgestellt – in schwarzen, kniefreien Kleidern. Bell fühlte sich ans Rotlichtmilieu erinnert und schrieb das auch so.
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de
Vor dem Münchener Landgericht erwirkten die Mitarbeiterinnen jetzt eine einstweilige Verfügung gegen Bell. Die darf das Foto mit solchen Kommentaren nicht mehr verbreiten. Die Versicherungsagentur hat das Foto übrigens ausgetauscht. Nun stehen Chef und Kolleginnen nebeneinander, die Frauen tragen Blazer, Hosen und knielange Röcke.
Aufregung im Conne Island: Eine Frau hatte sich über die sexuellen Angriffe eines 31-jährigen Mannes beschwert. „Der Täter reagierte daraufhin aggressiv und warf mit Flaschen und Steinen um sich, verließ jedoch schlussendlich die Örtlichkeit“, so die Angaben aus dem Soziokulturzentrum. Später soll er in Begleitung von zehn Polizeibeamten zurückgekehrt sein.
Im Polizeibericht am folgenden Tag wird das Conne Island als „rechtsfreier Raum“ bezeichnet, die Schuld des 31-Jährigen infrage gestellt. Zudem heißt es angesichts des Migrationshintergrunds des mutmaßlichen Täters: „Rassismus ist jetzt vielleicht schon weit jenseits der gesellschaftlichen Mitte anzutreffen.“ Eine Bagatellisierung sexueller Gewalt übrigens auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil