Kolumne Kreaturen: Was reimt sich auf Kino?

Im Lichtspielhaus, in der Bundesliga und in Funk und Fernsehen: Unsere lieben gefiederten Freunde, die Dinosaurier, sind wieder da.

Eine Katze mit einer Dinomütze und zwei kleinen Plastikdinos

Wie sahen die Dinosaurier wirklich aus? Die Wissenschaft steht immer noch am Anfang. Foto: AP Running Press/Quarto Inc.: „Cats with Hats“

„Neue Dino-Art in Kanada entdeckt“, meldet @SPIEGEL_Wissen. Toll, gibt es also endlich wieder welche? Der neue Saurier, dessen Schädel bereits 2005 entdeckt wurde, heißt Regaliceratops peterhewsi und Forscher nennen ihn angeblich nur „Hellboy“ (was vermutlich so viele Forscher sagen wie Berliner „Telespargel“ zum Fernsehturm).

Was nun die Frage angeht: Ja, es gibt sie wieder und wie es sie wieder gibt! Wir feiern den Sommer der Dinos, in dem sich sogar Ex-Guns'n‘Roses-Gitarrist Slash als „riesiger Dinosaurier-Fanatiker“ outet, und los ging das alles vor anderthalb Wochen, als der Hamburger SV, der „Bundesliga-Dino“, sich mal wieder vor dem Abstieg rettete und damit auch sein Maskottchen „Hermann“. Was hatten die Fans anderer Vereine gespottet, dass Hamburg sich ein ausgestorbenes Tier als Glücksbringer erwählt hat. Und über alldem vergessen, wie verdammt lange die Saurier eigentlich auf der Erde lebten. Für 169.999.947 Jahre wird der HSV also noch unabsteigbar bleiben, und dabei circa 273.651.098 Trainer beschäftigen.

Auf Dino reimt sich Kino und auch dort sind die Saurier ganz groß dabei: Am Donnerstag startete „Jurassic World“, das Remake/Sequel von „Jurassic Park“. Für den Spätherbst ist der Pixar-Animationsfilm “Der gute Dinosaurier“ (von Sezuan?) angekündigt, und auch im wichtigsten Film des Sommers, dem 80s-Miami-Kung-Fu-Zeitreisen-Nazi-Wikinger-C-Movie „Kung Fury“ spielen Dinosaurier eine tragende Rolle, speziell in Gestalt des sprechenden Polizisten „Triceracop“.

Allen drei Filmen ist gemein, dass Dinosaurier in ihnen aussehen wie vor 20 Jahren – aber nicht wie vor 65 Millionen, wenn man dem aktuellen Stand der Dinoforschung Glauben schenken kann. Die meint nämlich, dass fast alle Saurier als Kälteschutz Federn hatten und zumindest die Männchen auch ziemlich bunte. Die Dinos sahen also gar nicht aus wie Riesenreptilien mit graugrünbrauner Lederhaut, sondern, wie Gerald Hensel in einem hervorragenden Beitrag auf medium.com schreibt, eher wie ein „Hühnchen from Hell“ oder wie „Jar Jar Binks, der sich mit einem großen Strauß gepaart hat“.

Dinosaurier auf der Ladefläche eines LKW

Die Dinosaurier gelten als faule Tiere, die sich lieber mit dem Tieflader rumkutschieren lassen als selber zu laufen. Deswegen sind sie auch ausgestorben. Foto: dpa

Auch Jack Horner (nein, nicht dieser hier), der wissenschaftliche Berater der Jurassic-Park-Filmreihe, weiß das. „Dinos ähnelten eher Rotkehlchen als Krokodilen. Ihre ganzen Stacheln und Schildpanzer waren recht zerbrechlich und ziemlich sicher eher zur Show als für einen Kampf“, sagte er in einem Interview mit spektrum.de. Warum man das im Film dann nicht berücksichtigen konnte? „Wir konnten jetzt das Aussehen der Dinosaurier nicht plötzlich wieder verändern: Die Konsistenz für den Zuschauer würde doch wohl zu arg leiden, wenn wir jetzt auf einmal Velociraptoren mit Federn zeigen würden.“

Ach, ach. Da ist ja sogar der HSV progressiver. Hier setzte nach Saisonende eine vereinsinterne Diskussion darüber ein, ob man nicht besser ein Maskottchen brauche, das mehr in die Zukunft gerichtet sei. „Für uns ist ganz klar: Der Dino gehört zu uns und wird definitiv bleiben!“, beendete Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer die Debatte, sagte aber auch: „Wir setzen uns derzeit ganz konkret damit auseinander, wie er künftig in Erscheinung tritt.“

Möglicherweise sehen wir im kommenden Jahr also ein Federvieh im Volksparkstadion. In jedem Fall könnte man Hermann mal abspecken lassen, denn, wie wiederum spektrum.de diese Woche titelte: “Dinosaurier waren gar nicht so fett“.

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Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.

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