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Kolumne Die eine FrageDenken wir neu

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

Nach dem Jamaika-Rückzug der FDP steht Lindner in der Kritik. Jetzt sind alle empört. Dabei nimmt die Partei nur ihre Ziele ernst.

So nah dran an Angela Merkel – aber nicht als Minister: Christian Lindner Foto: dpa

A lso, ich habe Christian Lindner unterschätzt. Aus meiner Weltsicht eines sozialliberalökologischen Europäers gibt es große inhaltliche Differenzen zu seiner FDP wie auch zu Union und Grünen. Aber ich dachte, eine gute Kompromissregierung ist möglich, wenn man sich darüber verständigt, worum es wirklich geht. Ehrlich gesagt, selbst wenn nicht, dachte ich: Der wird schon mitmachen.

Macht er aber nicht.

Nun respektiere ich, dass es einen großen strategischen, emotionalen und inhaltlichen Bedarf gibt, den FDP-Chef zu verdammen.

Aber ich respektiere auch seine Entscheidung. Er hat die Risiken abgewogen und ist überzeugt, dass ein solches Mitregieren für die FDP und ihn schlechter gewesen wäre, als nun als Vaterlandsverräter beschimpft zu werden. Bisschen bizarr ist die Kritik ja auch von Leuten wie den neostaatstragenden Grünen, die sich ein Jahrzehnt lang der drängenden Weltrettung verweigert haben, weil ihnen die anderen zu anders waren.

taz am wochenende

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Man kann Lindner aus anderer normativer Sicht als gefährlichen Machtstrategen kritisieren und die Entscheidung, in der EU- und Flüchtlingspolitik eine nationalere Position zu besetzen (für die es demokratischen Bedarf gibt), als Konsequenz seines antisolidarischen Wirtschaftsnationalismus deuten „mit fatalen Folgen für Europa“, so wie das Daniel Cohn-Bendit und Claus Leggewie tun.

Die meinen es damit wirklich ernst

Um zu verstehen, muss man aber auch aus Sicht der Freien Demokraten auf die Welt blicken. Dann geht es vor allem um das Fehlen von liberaler Wirtschaftspolitik in einer Allparteiensozialdemokratie. „Die FDP will mehr Marktwirtschaft, Entbürokratisierung, Steuersenkung und in der Energiewende weg von einem dirigistischem Ansatz – darüber gab es keine ernsthafte Auseinandersetzung“, sagt Ralf Fücks, Chef des Berliner Thinktanks Liberale Moderne. Man habe unterschätzt, „dass es denen damit ernst sein könnte“.

Die FDP habe die Rhetorik der Grünen übernommen, dass sie für „Politikwechsel“ gewählt würden und nicht für „Fortsetzung des Status quo“ – und jetzt seien alle empört. In der Europa- und Flüchtlingspolitik habe die FDP in der Union – vor allem in der CSU – Verbündete, in ihrem Wirtschaftsliberalismus nicht, schon gar nicht bei den Grünen.

FDP-Wirtschaftsliberalisierung gegen grünschwarze Regulierung, das ist wohl der „weltanschauliche Unterschied“, den Lindner in der FAZ konstatiert hat. Das ist der Kern, warum er „keine gemeinsame Idee für die Modernisierung des Landes“ sieht.

So einen Typ findet man nicht jeden Abend

Was folgt daraus? Sinn würde entstehen, wenn die Gesellschaft die Lage so ernst nähme, wie es jetzt empört behauptet wird. Das hieße – angesichts der temporären Auszeit der SPD und der permanenten der Linkspartei – Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grün, mehr liberale deutsche Wirtschaft oder mehr liberale europäische Gesellschaft als Alternativen zu diskutieren. Jenseits der Parteien, die das auf keinen Fall wollen.

Zukunft haben weder die Beschwörung der Lindner-Gefahr noch eine Merkel-oder-Lindner-Verkürzung. Denken wir neu. Es braucht einen solidarisch-liberalökologischen Politikentwurf, der um die Mehrheit konkurrieren kann, ohne Mauern hochzuziehen. Dafür hülfe es, den Erfolg von Kretschmann und Macron zu verstehen.

Es braucht einen Typ Politiker, der sich nicht an illusionäre Lager und Ideale wendet, sondern Menschen verschiedener Milieus bewegen kann, ihre grandiosen individuellen Freiheiten mit einer ordentlichen gemeinsamen Zukunft zu versöhnen.

So einen Typ findet man leider nicht jeden Abend im „heute-journal“.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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12 Kommentare

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  • Jetzt ist es Zeit für eine Minderheitsregierung in Deutschland.

    Drum denk ich jetzt mal neu !

    Ganz was neues.

    Minderheitsregierung bedeutet:

    Die Damen und Herren in Berlin müssen sich sehr oft zusammensetzen in Berlin,

    Sie lernen mal richtig arbeiten.

    Was tun für's Geld.

    Dann noch mehr Wahrheit, Klarheit, Transparenz. Günter Anders ganz neu.

    Auf geht's Schlafmützen in Berlin !

  • Solange ich nichts von Ludwig Erhard lesen muss, bin ich geerdet.

     

    Insgesamt: Lindner wurde - leider - nie überschätzt.

    • @Pink:

      Sie mögen wohl auch keine Pinscher - wa!

      Sehr vernünftig.

      • @Lowandorder:

        Bin einfach nur traurig.

        Insgesamt meine ich aber, man sollte auch nicht so auf den Verfasser des Artikels schimpfen.

        Die derzeitige Politik von HH bis MUC hat nicht er zu verantworten, sondern ganz andere. Und die kriegen vor lauter Überhangmandaten den Hals nicht voll.

  • "Um zu verstehen" kann man sich post hoc immer etwas zurechtdrehen was Sinn Macht. Fakt ist, dass beim abendlichen Statement zum Ende der Sondierungsgespräche außer "mangelndem Vertrauen" keine nachvollziehbaren Gründe genannt wurden.

     

    Auch die vorbereiteten Marketing-Gags deuten wohl darauf hin, dass Lindner nie ernsthaft an einem Erfolg der Sondierung interessiert war.

     

    Wie soll man das Spektakel also nennen? Ich finde Verarsche triffts ganz gut? Oder von mir aus Vorspiegelung falscher Tatsachen, wem das besser gefällt.

     

    Warum kann man das nicht so stehen lassen? Warum soll man sich jetzt irgendwas "neu denken"? Warum? Wozu? Kapier ich nicht.

     

    Und wenn überhaupt "neu denken" wieso dann der Frage nachgehen ob wir Herrn Linder unterschätzt hätten? Genausogut könnte man sich ja fragen ob wir Herrn Linder überschätzt haben? wäre das nicht angebrachter?

    • @Grisch:

      Also bitte! Totensonntag! Jaa!!

       

      Nun verwirren Sie den armen

      Peterchen van de Mondfahrt zum Schluß doch nicht noch endgültiger!

      Dem paßt doch eh schon - naßornot -

      Kein Hut mehr - darf nirgends mehr

      Auf Klo Wasser trinken kommen usw ff Also einfach ist das alles nicht - wa!

      &

      Der Haussegen - Newahr!

      "Ich dachte: Booaah, was für ein gnadenlos brillanter Performer.

      Der macht mich hier alle. Scheiße."

      &

      "„Was für ein Blödmann“, sagte die super Frau auf dem Sofa neben mir, als sie Christian Lindner in einer Talkshow sah."

       

      Ha no. Da gehste am besten doch mal -

      &

      Stikum - Zigaretten holen - gell!

      kurz - Auf diesem Steinchen -

      Will wirklich niemand nixmehr bauen!

      Echt nicht! Back to sender!

  • Ich mach das mal verständlich:" Der Linder will doch garnicht". Er erinnert mich ein bisschen an Seehofer, außer Sprüche klopfen ist da nichts.

  • "Denken wir neu"

     

    Schonn. Aber wie wär's erstmal mit -

    Die eine eine Frage sei doch grad nach

    Ihrem Performerranwanzabsturz der

    Sonderklasse denn doch erlaubt - gell!

    Genau. Mit - Denken - mit Verlaub -

    Anfangen! Get it?! Schön!

    &

    In aller Bescheidenheit - kerr!

    &

    Mal die passenden Stiebel rauskramen!

    &

    Nicht zum xten wie el chefle too -

    Was stört mich mein Schnacken von gestern & 7Meilen parforce - a gähn!

    &

    Ha no. Zurücktasten - & vllt -finden zur Intellektuellen Redlichkeit! Remember?

    Fein. Dann - keine Frage - könnemer im

    around auch wieder ins Gespräch substanziellem Streit etc kommen. Newahr.

    Versprochen. I'm still waiting!

  • Ist es immer positiv seine Ziele ernst zu nehmen? Auch wenn sie asozial sind? Betrachten wir es doch von einer ganz extremen Seite: Wieviele Diktatoren nehmen ihre Ziel ernst? Wie hielten es die Nazis? Klar, LIndner und seine für die Reichen kämpfenden Spießgesellen haben sonst nichts mit den Faschisten zu tun! Aber ihre Ziel, die für mehr als 80% der Bevölkerung negative oder sehr negative Folgen haben würden, sind doch recht asozial!

  • Es kann keinen nichtdirigistischen Ansatz in der Energiewende geben. Die Industrie hatte 40 Jahre Zeit dafür. Das hat sich objektiv erledigt. Es gibt entweder eine dirigistische Energiewende oder gar keine, weil die das nicht von alleine machen.

     

    Nationalere Position in der Flüchtlingspolitik - Sie klingen, als ob es da ein Spektrum gäbe. Diejenigen, an die sich Herr Lindner richtet, wollen aber am liebsten gar keine Ausländer. Das ist eine binäre Frage. Lindners FDP ist eine AFD für Reiche, die ausländerfeindlich sind aber die echte AFD zu "unterschicht" finden.

  • Macht Herr Unfried jetzt den Jan Fleischahuer von spiegel-online?

    "Um zu verstehen, muss man aber auch aus Sicht der Freien Demokraten auf die Welt blicken." Was ist denn das für eine Logik?

    • @Jüren Heinbokel:

      Jau. Peter Unfried ~>

       

      Ha no. "Fleisch a huer" - dess trifft's - akk'rat