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Kolumne Die Woche„Die Party ist vorbei“

Viel politischer Starruhm für überforderte Helfer der Tafeln, den Supermärkten wird Arbeit abgenommen und bald werden wir wieder regiert.

Nächste Runde GroKo – mit Kanzlerin Angela Merkel Foto: dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die Party ist vorbei, wir werden bald wieder regiert.

Und was wird besser in dieser?

Gegen die Verkündung der SPD-Minister ist die RTL-Dschungel-Liste müde.

66 Prozent der SPD-Mitglieder stimmen für die Große Koalition. Kann sich die SPD mit so einem eindeutigen Ergebnis endlich erneuern oder ist es das endgültige Ende für die Sozialdemokraten?

Bestürzend, dass die Kanzlerin nur noch 66 Prozent Rückhalt in ihrer eigenen Partei hat. So wie man den Verrat mag, nicht jedoch den Verräter – mag das Publikum Bewegung, nicht aber die Beweger. Merkels innigstes Markenzeichen ist Beständigkeit, das der SPD derzeit Chaos. Gelingt es Nahles, als die Stetige zu reüssieren und den Baum des Haders in die CDU zu pflanzen, ist das Rennen wieder offen.

Die Essener Tafel nimmt nur noch Kunden mit deutschem Pass auf. Alexander Dobrindt zeigt Verständnis. Ist nicht seine Partei mit verantwortlich dafür, dass es Tafeln braucht?

Das erste und einzige Recht, sich zu äußern, haben die Spender. Was sagt der tiefchristliche Schuhhändler Deichmann, wie deutschgesinnt entsorgen Aldi, Lidl, Rewe, Edeka und Metro ihre abgelaufenen Waren? Am großen Ablasshandel erfreuen sich auch Stadtwerke und Sparkasse Essen. Allesamt Institutionen, die bei Niedriglohn und Dumpfarbeit keine Neigung zeigen, nach einem deutschen Pass zu fragen. Ist eine Tafel gemeinnützig, die Teile dieser Allgemeinheit ausschließt – interessanter Punkt fürs Finanzamt. Man wirft der Kirche keine Münzen in den Klingelbeutel, damit sie davon Panzer kauft. Die Essener Tafel zeigt, dass humanistisch gesinnte Spender ihr Zeug gern woanders hingeben können. Bitter: Kein Flüchtlingshelfer hat in den letzten drei Jahren so viel politischen Starruhm bekommen wie die ebenfalls schlicht heillos überforderten Helfer bei den Tafeln.

Die CDU-Ministerien-Kandidaten sind nun öffentlich. Worüber sind Sie überrascht, was macht Sie wütend?

Helmut Kohl hatte eher ein letztes Aufgebot in seinem Abschiedskabinett; Konrad Adenauer mobbte Ludwig Erhardt, der ihm zögerlich folgte – bis heute unklar, ob er überhaupt CDU-Mitglied war. Merkel dagegen bestellt ihr Haus, auch wenn weder Spahn noch Klöckner noch Kramp-Karrenbauer noch von der Leyen bald kanzlern dürften. Mit Braun und Karliczek zieht sie Kaninchen aus dem Hut, wo sie mit Gröhe und de Maizière langweilige Sicherheit hätte verstrahlen können. War das vorige Kabinett grau vor Krisenmanagement – die Austauschminister Müller und Schmidt taugten allenfalls zu einer verwirrenden Günther-Jauch-Frage – wird das neue ein kantiges: Mit Seehofer und Spahn rechts offensiv; mit frischen Frauen modern, mit marodierenden Sozis streitbereit auch nach links. Vermutlich wird mich die Migrations-, Umwelt und Wirtschaftspolitik wütend machen, überrascht hingegen hat mich der inoffizielle Slogan „Altparteien wollen es noch mal wissen“.

Das Bundesverfassungsgericht urteilt, Fahrverbote für Diesel sind zulässig. Was sagt Ihr innerer Verbrennungsmotor dazu?

Es hat schon länger gedauert, bis ein verpeilter Koalitionsvertrag von Gerichten gemaßregelt wurde.

Das Peng-Kollektiv ruft seit Mittwochabend zu zivilem Ungehorsam auf. Deutschland soll zurückklauen, was Lidl, Aldi, Edeka und Rewe den Gewerkschaften im globalen Süden wegnehmen. Eine gute Methode, um Druck auszuüben?

Cool! Der ganze Einzelhandel ist eine Tafel! Da nimmt man den Supermärkten viel Arbeit ab, wenn der Kaufpreis künftig ein unverbindlicher Spendenvorschlag wird. Nee, das ist eine Beschäftigungsoffensive für Ladendetektive und besetzt das Thema drastisch.

US-Präsident Trump will den Import von Stahl und Aluminium in die USA mit hohen Strafzöllen belegen. Die EU droht mit Strafzöllen. Befinden wir uns auf dem Weg zu einem trotzigen „Strafzoll-Krieg“?

Die skurrile Liste bekommt etwas Tiefe, wenn man die Hersteller von Mopeds und Schnaps in ihren Wahlkreisen verortet: Da regieren Trump-Buddies. Nehmen sie es also gern persönlich. Ansonsten: Wenn die eigenen Blagen schlechte Noten bekommen, ist es auch eine Idee, die besseren Schüler aus der Klasse zu schmeißen. Trumps Zölle helfen US-Herstellern, noch eine Zeit lang, schlechter zu bleiben als der Wettbewerb.

Die „Hitler-Glocke“ des Kirchturms in Herxheim darf weiterläuten – als „Mahnmal gegen Gewalt und Unrecht“. Ist das nicht besser, als sie museal als „Selfie-Hintergrund“ auszustellen?

Bisschen verdreht, dass die Nazis solche Glocken im Zuge der „Spende des deutschen Volkes zum Geburtstag des Führers“ zu Zehntausenden einschmelzen ließen, um Kriegsrohstoffe zusammenzukratzen. Göring griff damit das Motto „Gold gab ich für Eisen“ aus dem Ersten Weltkrieg wieder auf. Also Einschmelzen hätte man hier auch Freunden vaterländischer Brauchtumspflege als würdige Tat verkaufen können.

Und was machen die Borussen?

Unklar! Laut amtlicher Stadiondurchsage boykottierten 25.000 Fans das ungeliebte Montagsspiel. In der Zusammenfassung bei Bezahldienst dazn und Bild Fußball waren es plötzlich nur noch „bis zu 15.000“. Und das Themenbild dazu eine Frau, die ein Pappschild hochhielt: „Boykott Nein – Die Jungs brauchen uns“. Könnte sein, dass dazn und Bild auch künftig bei der Rechtevergabe der DFL positiv gesehen werden.

Fragen: acs, korn

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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1 Kommentar

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  • "Gold gab ich für Eisen" war der Aufruf von Prinzessin Marianne von Preußen am 31. März 1813, als Spendenaufruf für den Kampf gegen Napoleon. Dieser Spendenaufruf wurde zwar im 1. Weltkrieg wiederholt, ist aber eigentlich über hundert Jahre älter.