Kolumne Die Liebeserklärung: Gas, schmerzt es dich?

Töten wollte das Gas nicht, nur wach machen. Aber nun ist es knapp geworden und braucht Hilfe von Istanbul bis Rio. Der Aufstand ist noch nicht zu Ende.

Gas auf dem Taksim-Platz in Istanbul. Bild: ap

Was haben sie nur mit dir getan? Sie haben dich benutzt, und nun bist du am Ende. Sie müssen Ersatz für dich finden, vermutlich billigen aus Brasilien. Ich kann mir vorstellen, dass dich das schmerzt. Sie haben das Maß verloren, dich wie ein Folterinstrument benutzt, sagen Ärzte. Das bist du nicht.

Diesen Text lesen Sie in der taz.am wochenende vom 22./23. Juni 2013. Darin außerdem: „Das ist die Lösung!" Es gibt viele Ideen für eine bessere Welt. Man muss sie nur suchen – und aufschreiben. Ein Spezial der taz und 21 weiterer Zeitungen. Die Transsexuelle Jane Thomas und ihre älteste Tochter über die CSU und Familie. Und: Der Gezi-Park ist geräumt, aber der Protest geht schweigend weiter. Aus alten Feinden sind neue Freunde geworden. Unterwegs mit den Fußballfans von Besiktas Istanbul. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Du bist wichtig. Du hast diesem Aufstand die Bilder geschenkt. Bilder von Menschen mit Gasmasken (wie gehst du eigentlich damit um, dass alle Angst vor dir haben?), Bilder von dir in den Straßen und die Bilder von denen, die dich verpulvern. Jede Revolution braucht solche Bilder. Dank dir hat die Welt wahrgenommen, was in Istanbul, Ankara und Izmir passiert.

Bitte denke über ein paar Dinge nach. Du bist nicht als tödliche Waffe geschaffen worden, und doch kannst du schlimme Folgen haben. Manche sagen sogar, du könntest sehr wohl tödlich sein und zwei Menschen seien deinetwegen in der Türkei gestorben. Ist das wahr? Das wäre schlimm. Brennende Augen, Kratzen im Hals – das lässt sich alles ertragen, geht schnell vorbei und macht wach für das, was passiert. Aber töten solltest du nicht.

Bitte such dir professionelle chemische Hilfe, um das zu ändern. Auch die Form, in der du auftrittst, ist nicht gut: Diese Kartuschen sind zwar hübsch, so silbern, aber die können echt verletzen. Wie wäre es, wenn du dich in Luftballons füllen lässt, die platzen – ein paar Sekunden, nachdem sie losgelassen werden? Das wäre für die revolutionäre Bildsprache toll! Bitte pass auf dich auf, vor allem, mit wem du dich abgibst. Du wirst gebraucht, der Aufstand ist noch nicht zu Ende.

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Jahrgang 1982, seit 2009 bei der taz. 2011/2012 Redakteurin für die „berlinfolgen“, die mit dem Grimme Online Award 2012 ausgezeichnet wurden. Von Anfang 2013 bis Juli 2014 leitete sie zusammen mit Julia Niemann das Online-Ressort der taz. Anschließend wechselte sie zu Spiegel Online.

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