Kolumne Die Liebeserklärung: Gabriele Pauli
Sehnsucht lass nach: Gabi will sich am heimischen Schreibtisch verstecken – und ein Buch verfassen. Wann sehen wir dich bloß wieder?
G abriele, ach Gabriele, welche Farbe haben deine Augen? Wir haben es vergessen. Dabei konnten wir uns gar nicht sattsehen, seinerzeit, als du dich angeschickt hast mit deinem feurigen Blick, ein ganzes Land zu verändern.
Landrätin für die CSU warst du in Fürth – und Edmund Stoiber Ministerpräsident im Freistaat Bayern. Dass er das heute nicht mehr ist, das haben wir auch dir zu verdanken. Danke, Gabi! Dir hat die Staatspartei nicht mehr gepasst. Du wurdest zur Dissidentin.
Die fiese Partei, die du auch einmal sexy gefunden haben musst, sonst wärst du ihr ja nicht beigetreten, sie wollte dich zermürben, zermalmen. Man hat dir etwas anhängen wollen, sodass die Partei in deinem Privatleben herumgeschnüffelt hat. Du bist mit deinen glühenden Augen vor die Presse getreten und hast genau das angeprangert. Toll haben viele das gefunden, denn es war der Anfang von Ende vom Edmund.
Viele Bajuwaren haben in dir ein anderes Bayern gesehen, eines, von dem sie lange Zeit nicht einmal zu träumen gewagt haben: Dirndl statt Lederhose, Lipgloss statt Laptop und eine Ehe auf Probe statt der verlogenen katholischen Einweiberei. War da noch mehr Programm? Egal – es war ein Traum.
Vielleicht hast du ja geglaubt, dass bayerische Mannsbilder auch von dir als Frau träumen, als du dich als Sankt Pauli in Latex und Leder hast ablichten lassen. Mit diesen Bildern war der Traum vorbei. Plötzlich warst du Miststück und Luder. Nach deinem Abschied von der CSU haben dich die Freien Wähler – der andere große konservative Wahlverein in Bayern – in den Landtag geschickt. Sie wollten sich mit dir als Weib schmücken und konnten doch schon bald mit deiner wilden Weiberart nichts anfangen.
Am Mittwoch hast du als nun fraktionslose Abgeordnete deine letzte Rede im Parlament gehalten. Als Parteilose kannst du im Freistaat nicht kandidieren.
Gabi, geliebte Gabi, wir werden dich so schnell nicht mehr wiedersehen. Du willst ein Buch schreiben, hast du gesagt. Wir freuen uns schon jetzt auf die Präsentation. Dann dürfen wir dir endlich wieder ganz tief in die Augen schauen. Ob dann ein neuer Traum beginnt?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen