Kolumne Die Kriegsreporterin: Oben Furtwängler, unten Diekmann
Beim Philologenverband können sie nicht schreiben, die „Bild“ lässt Frauen nur ran, wenn eh schon alles egal ist, und Diekmann bleibt Obermufti.
H allo taz-Medienredaktion! Ich bin noch ganz platt! Meine Güte, was war das für ein Wochenende! So viele attraktive muslimische Männer, die alle auf ein oberflächliches sexuelles Abenteuer aus waren! Ganz so, wie der Vorsitzende des Philologenverbandes Sachsen-Anhalts in seiner Verbandszeitschrift vorausgesagt hat. Es „gibt viele Frauen, die als Mütter heranwachsender Töchter die nahezu ungehemmten Einwanderungsströme mit sehr vielen Sorgen betrachten“. Schreibt er und hört „schon jetzt“ „aus vielen Orten in Gesprächen mit Bekannten, das es zu sexuellen Belästigungen im täglichen Leben, vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln und Supermärkten, kommt“.
Und während Frauen seit Jahren Artikel über übergriffige Lehrer vermissen oder über die ekelhafte Belästigung durch Männer, die getrost als „deutsch“ bezeichnet werden könnten, im Supermarkt und auch in öffentlichen Verkehrsmitteln, treibt mich etwas ganz anderes um: Wie kann ein Mann zum Vorsitzenden ausgerechnet des Lehrerverbandes werden, der „das“ schreibt, wo es „dass“ heißen müsste? Ist das wieder so ein Aufgemucke der selbst ernannten Zukurzgekommenen im Osten? So ein „Bei uns gehen die Uhren anders, wir schreiben noch in der Fürst-Pückler-Zeit?“
Da lob ich mir doch die moderne Zeit, als deren beinah einziger Vertreter der – und jetzt knoten sich mir gleich die Finger zusammen, tritt meine Zunge in den Streik – der Springer-Verlag, urggghs, gelten muss. Der nämlich schafft es als einziger, eine Frau zum Chef zu machen. Außer der Frankfurter Rundschau, die die ehemalige taz-Oberbefehlshaberin Bascha Mika in die Führung hob, aktuell aber wegen mangelnder Relevanz noch nicht wieder richtig im Rennen ist.
Der Umstand, dass die auflagenstärkste und leider auch in Sachen Meinungsbildung bedeutendste Zeitung bald von einer Frau geleitet wird, bestätigt wie die Wahl von Tanit Koch die These, dass Frauen dann randürfen, wenn eh schon alles egal ist. War davon auszugehen, dass Julian Reichelt, ein 35-Jähriger mit Diekmann-schlimm-Faktor hoch 10, die Diekmann’sche Nachfolge antritt, ist der nicht so blöd, auf ein sterbendes Pferd aufzuspringen, sondern bleibt schön da, wo er ist und wo in absehbarer Zeit die journalistische Landschaft blühen wird, auf dem Posten Chefredakteur von Bild.de. Das ist der Springer’sche Dreck mit Strom.
Hirn halb und halb
Sehr hübsch war in der Süddeutschen am Wochenende der Text von Evelyn Roll über die Fähigkeit, bevor es peinlich wird, mit dem beruflichen Tun aufzuhören. Man vermutet, dass diese mit der Kapazität des Frontalhirns zu tun hat. „Vom Star zum Sterbebegleiter von Sendeformaten“ ist die hübsche Formulierung, die Roll für Menschen wie Jauch und Gottschalk findet.
Bei Kai Diekmann scheint das Hirn so halb und halb. Er hat zwar erkannt, dass er bei der Bild jetzt gehen sollte, weil es da für ihn nichts mehr zu reißen gibt, zieht sich aber eine Position als Obermufti heran, die ihm noch mehr Möglichkeiten gibt, sein Tausendsassa-Ich ins ewig funkelnde Licht zu rücken. So auch bald als Leiche. Im „Tatort“ mit Maria Furtwängler als Kommissarin. Was etwas schade ist. Lebendig wäre viel lustiger gewesen. Dann hätten die beiden eine Affäre haben können. Mit tollen Sexszenen. So richtig echt. So mit Namenschreien und Kaugummi danach.
Wobei die Furtwänglerin sicherlich darauf bestanden hätte, oben zu liegen. Am Ende wäre der Diekmann dann ins Silicon-Valley abgedampft. Den Kriminalisten wird ja nie eine Liebe gegönnt. Schade eigentlich. Wäre ja viel schöner, die Dinge wären mal so wie im richtigen Leben.
Und damit zurück nach Berlin!
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