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Kolumne Die KriegsreporterinHolla, die Blödfee!

Kolumne
von Silke Burmester

Zeitungen tun so, als wären sie an der Meinung ihrer Leser interessiert. Und Journalisten beweisen, dass sie nicht denken können.

Hätte man vorher wissen können: Stefan Raab schlägt sich wacker. Bild: dpa

H allo taz-Medienredaktion!

Wo ist Ede Zimmermann, wenn man ihn mal braucht?! Nepper, Schlepper, Leserfänger. Allein drei an einem Vormittag. Und alle in meinem Briefkasten. Ich würde es mal so beschreiben: Ahnungslos schloss die junge Journalistin am Morgen des 3. Septembers ihren Briefkasten auf. Ein leichter Luftzug im Treppenhaus, ausgelöst durch die halb geöffnete Haustür, spielte mit dem Haar der jungen Frau und ließ sie an diesem Regenmorgen noch lieblicher erscheinen.

Zwei Zeitschriften, ein Brief von der Bank und drei weiße Umschläge mit großen Verlagshäusern als Absender fielen der Frau, die für ihre zurückhaltende Art geschätzt wird, in die Hände. Zeit, Handelsblatt sowie die Frankfurter Allgemeine hatten sich an die Autorin gewandt und vorgetäuscht, an ihrer Meinung interessiert zu sein. Zumindest die Holtzbrinck-Medien Zeit und Handelsblatt taten auf dem Umschlag so, die FAZ offeriert auf dem Kuvert: „Die F.A.Z. stellt sich zur Wahl: Sichern Sie sich Abo und wertvolle Prämien!“

Und während das Blatt, das immer mehr an Auflage verliert, so tut, als müsse die potenzielle Leserin sich sputen, um das Gute – ein Abo! – nicht zu versäumen, soll die Adressatin als „mündiger Leser“ ein „Kreuzchen“ machen. Sagen, welche Inhalte sie sich für ihr „Lieblingsblatt“ wünscht. Ein 12-Wochen-Abonnement gibt es dann 30 Prozent günstiger. Leider ist man bei dem Blatt zu blöd, den Namen derer, die man zu gewinnen hofft, richtig zu schreiben und nennt sie „Silka“.

Auch Giovanni di Lorenzo bittet um ein Meinungsbild bezüglich der präferierten Themen und verspricht mir mal wieder eine Uhr als „persönliches Dankeschön“ zuzuschicken. Seit rund zwei Jahren wartet Silka auf ihre letzte Umfrageuhr. So ist sie zwar ständig zu spät, aber naiv ist sie nicht mehr.

Dämliche Fragen, sinnlose Geschenke

Beim Handelsblatt schickt man den neuen Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs vor, sich für die dämlichste aller Aktionen hinzugeben, einer Onlinebefragung. Angeblich zur Wahl. Sechs willkürliche Fragen, deren Beantwortung nicht nur – wie auch bei FAZ und Zeit – mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel belohnt wird, sondern obendrein – Obacht!, Spannung!, Trommelwirbel! – mit der Möglichkeit, etwas runterzuladen. Der Download eines E-Books, des Handelsblatt-Dossiers „Wie sich Häuslebauer niedrige Zinsen sichern“ oder des Onlinespiels „Politiker-Memory“ stehen als „Dankeschön“ bereit.

Auch an dieser Stelle sagt die Briefempfängerin ein herzliches Dankeschön und fragt sich, für wie blöd die Marketingleute Menschen wie Silka Burmester halten?

Und während in den Wochen vor der Bundestagswahl allein am Inhalt eines Briefkastens deutlich wird, wie groß der Horizont von Werbeschwachmaten ist, zeigt sich beim TV-Duell, dass Journalisten auch nicht denken können. Nicht denken, nicht sehen, nicht hören, nicht einordnen. Wären sie dazu in der Lage, wären sie nicht so erstaunt gewesen, dass Stefan Raab seine Sache so gut gemacht hat.

Aber wie sie so sind, die von der vierten Macht, sehen sie dem Mann jahrelang zu, wie er zu einer der einflussreichsten und erfolgreichsten Fernsehfiguren wird, wie er für sich und andere Hits schreibt, wie er Lena groß macht und den ESC aus der Zombiezone holt, wissen, dass er nicht davor zurückschreckt, auch noch Duschköpfe zu entwickeln, und wenn sie „Schlag den Raab!“ sehen, dass der Mann, weil er nicht verlieren kann, sich professionell auf alles vorbereitet. Und dann wundern sie sich, dass er in so einer Pinguin-Runde – als einer von vieren – gut ist?!?

Holla, die Blödfee! In diesem Sinne zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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16 Kommentare

 / 
  • B
    bri

    ich versteh nicht warum raab so gefeiert wird, das war nix besonders genauso wie die verliebte will . wir gegen sie? anscheinend mod wichtiger als die politiker, die wir wählen sollen.

  • Madam, ich liebe Ihre Kolumnen.

    Danke schön. Auf Wiedersehen.

  • L
    Lars

    Ich bin beim Lesen verträumt an der Stelle stehengeblieben, als der Wind mit dem Haar spielte und die Protagonistin noch lieblicher erscheinen ließ. Kurzer Blick auf das Foto, joa, könnte stimmen ... Liebe Silke/Silka, bitte nächste Mal solche Stellen lieber erst ans Ende des Berichts verlegen ;)

    • @Lars:

      Banause

  • D
    duke

    Da mein Kommentar nicht erscheint, nochmals:

     

    Ist halt der arrogante Alleinanspruch der Kompetenz-Kompetenz der Öffis, nach dem Motto "Wer beim Privatfernsehen ist, der ist blöd!".

     

    Raab mag viel Unfug und leichte Blödelunterhaltung bei Pro7 machen, aber er kann auch intelligent Politik moderieren und gute Fragen (und vor allem im Gegensatz zu den Marionetten Illner/Kloeppel Nachfragen) stellen.

     

    Der viel befürchtete Untergang des (politischen) Abendlandfernsehens wird sicher nicht durch die Teilnahme von Stefan Raab an so einer Veranstaltung besiegelt, da gibt es ganz andere Baustellen.

  • Silkaaaa, die smarteste Berufung

    seit es diese Zeitung gibt.

  • Und das ist erst der Anfang! Eh man sich versieht, ist man in dem Alter, das einen zum potentiellen Opfer von Haustürgeschäften macht. Sei schlau! Türen zu am Bau!

  • R
    ridicule

    Silka schlag den Raab

     

    tjä, so is dat mit die Burmesters,Hamesters, Stamers un Metzgers;

    allens wat inne Mauken,

    rechts as links; wo süß?

    un innen Kupp - sowieso;

    un ant Muul as de Kateiker an Steert:

     

    wie sollten die nicht sehen und sagen:

    daß die Kaiser - und ihre Hofschranzen nackt sind!

  • I
    ion

    "Seit rund zwei Jahren wartet Silka auf ihre letzte Umfrageuhr. So ist sie zwar ständig zu spät, aber naiv ist sie nicht mehr."

     

    Haben Sie mal d’rauf geachtet, ob seitdem der Postbote Giovanni oder Ihre Nachbarin Silka ständig pünktlich erscheint?

  • Silka ist unschlagbar! Aber wenn die Jungs von den Öffentlich Rechtlichen *echt* Mut gehabt hätten - dann hätten die jemand mit Stahlhelm mit in die Profifragerrunde aufgenommen. So bleibt der Raab einfach nur der Lausbub der auch mal frech fragen darf ...

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @Christophe THOMAS:

      Fragen, womöglich auch noch Forderungen, an die "Treuhänder" der "Demokratie" von gebildeter Suppenkaspermentalität in Kreuzchen auf dem Blankoscheck???

       

      Wer stumpf- wie blödsinnige Fragen / Forderungen stellt, kriegt stumpf- wie blödsinnige Antworten, oder eben keine!!!

  • Erfrischend und gut.

  • Erfrischend gut.

  • CT
    CHRISTIAN T.

    "Hihihihi", kichert der kleine Schuljunge in mir. Silke, vielen Dank für die erste wirklich lesenswerte Pointe auf das Kanzlerduell und die reflektierte Wahrnehmung zu sich-selbst-denunzierenden Marketingmaßnahmen großer Verlage.

  • M
    muh

    on welchem Kanzlerduell ist hier die Rede? Ich habe keines gesehen wo Raab gut, oder auch nur akzeptabel, gewesen wäre. Keiner der anderen Moderatoren war so offen parteiisch wie Raab. Kein anderer war so unverschämt in Wortwahl und Formulierung. Kein anderer war so offensichtlich voreingenommen oder hat gar (als Moderator!) erwähnt was für politische Präferenzen er hat. Das sowas im öffentlich-rechtlichen gesendet wird machts nicht besser. Was Raab sich da geleistet hat ist einer demokratischen WAhl unwürdig. Berufsverbot für Raab jetzt!

    • PP
      Peter Paul
      @muh:

      Der dämliche Kommentar passt zum Namen. Muh macht nämlich nur die Kuh ;-)