Kolumne Die Kriegsreporterin: Kleiner Kai auf rennenden Kamelen
Das Höckertier „Süddeutsche Zeitung“ kann einem leidtun, Magazine haben eine innere Verortung und das wirklich Tolle an Gruner + Jahr.
H allo, taz-Medienredaktion! Wie lässt sich Erfolg ausdrücken? In der Saftpresse? Zwischen den Fingern? Oder in Form eines Kamels? ProQuote, der Kämpferverein derer, die sich nicht damit abfinden wollen, dass Männer vorgeben, worüber die Medien berichten und Frauen die Vorgaben in Fleißarbeit umsetzen, hat sich fürs Kamel entschieden.
Und den Anteil von Führungsfrauen in Redaktionen in Form eines Kamelrennens auf seiner Homepage dargestellt. Das ist sehr hübsch anzusehen. Zumal die Zeit zunächst allen davoneilt, zuletzt aber den Atem der Bild im Nacken zu spüren beginnt.
Wer selbst schon mal „Kamelrennen“ auf dem Jahrmarkt gespielt hat, weiß, wie schlimm es sich anfühlt, wenn das eigene Vieh nicht von der Stelle kommt. Entsprechend tut einem fast schon das Höckertier Süddeutsche Zeitung leid, das sich so lahm bewegt, dass man den Viehdoktor losschicken möchte, damit er schaut, ob das Tier besser direkt erschossen werden sollte. So traurig ist nicht mal die Lage beim Spiegel. Wobei die natürlich sehr traurig ist.
Allerdings könnte kein Kamel laufen, gäbe es nicht „Kleine Kais“, den Machtquotienten, den ProQuote der Berechnung von Macht und Geschlecht zugrunde legt. Dieser Kai sieht nicht aus wie einer, der aus der Kiste kommt, sondern wie der von der Bild. Was Kai Diekmann ein weiteres Denkmal setzt.
Namensgeber einer mathematischen Formel
Er dürfte deutschland- , ach, was sag ich! europaweit der einzige Chefredakteur sein, der zusammen mit seinem Penis als Wandrelief eine der Hauptattraktionen einer Hauptstadt ist und Namensgeber einer mathematischen Formel. Das hat nicht einmal Adam Riese geschafft, der zwar zum Nummernboy avancierte, dem aber ebenjene weltweite Fassadenaufmerksamkeit verwehrt blieb. Obwohl er den Spitzname „Riese“ trug. Hat aber nicht gelangt. Vielleicht gab es auch damals noch nicht so hohe Wände. Egal.
Medien sind sehr schön und wichtig, und viele Menschen sind froh, dass es sie gibt. Ich zum Beispiel. Dank ihnen weiß ich, dass es eine Stadt gibt, die „München“ heißt. Dort werden im Gruner + Jahr-Verlag die Zeitschriften Neon und Nido gemacht, und die sind sehr prima. In Hamburg hingegen sitzen die sogenannten Verleger, und die verlegen alles kreuz und quer und wollen, dass die Münchner ihre Zeitschriften in Hamburg produzieren. Ist ja egal, ob MÜ, HH oder Bitterfeld, denken die.
Dass Magazine eine innere Verortung haben, kommt ihnen nicht in den Sinn. Alles ist austauschbar. Genau wie die Angestellten, die nicht mit Sack und Pack ans andere Ende der Republik ziehen wollen. Wobei es das Verleger-Extra ist, auf diesem Weg ein paar Leute loszuwerden. Zumal, wenn man als „House of Content“ gerade seine Beteiligung bei einem Online-Lebensmittelhändler erhöht und so tolle Sachen sagen kann, wie „darüber hinaus ergänzt DELINERO ideal die Positionierung der Medienmarken von Gruner + Jahr in der Community of Interest Food“.
Wobei ich mich als Englisch-Primatin frage, ob das nun die Gemeinschaft der interessierten Lebensmittel ist oder die des … Ehrlich gesagt, ich habe lange nachgedacht, aber nicht eine kleine weitere Idee ist mir gekommen, was das heißen könnte. Obwohl ich mich wirklich sehr, sehr angestrengt habe.
Aber das ist ja das Tolle an Gruner + Jahr, dem House of Interest-Allerlei, die denken sich einfach immer was Neues aus! Die stehen nicht still! Die wollen weiter! Die wollen die Welt bewegen. Verändern. Neu machen. Formen. Da ist keine Idee zu blöd, um nicht Einzug zu halten in das Selbstverständnis des Inhaltehauses, das mal ein Verlag war. Neidisch zurück nach Berlin!
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