Kolumne Die Kriegsreporterin: Eine Tüte voll Mut für Gruner + Jahr
Was macht Jakob Augstein mit 1.000 Krautreporter-Abos? Kommen die in eine „Freitag“-Wundertüte? Oder gibt es so was nur für Eltern?
H allo taz-Medienredaktion! Ich muss sagen, ich habe mich letzte Woche etwas gegruselt. Keine zwei Stunden nachdem die Meldung rausging, Frank Schirrmacher sei gestorben, stand sein Wikipedia-Eintrag bereits in der Vergangenheitsform im Netz. Und auch im Eintrag seiner Frau hieß es, sie „war“ mit Frank Schirrmacher verheiratet.
Da war – Entschuldigung für diese Geschmacklosigkeit, die aber keine ist, weil sie einen Umstand benennt, dessen Pietätlosigkeit nicht bei mir liegt – die Leiche noch nicht einmal kalt. Da frag ich mich doch: Sitzt da einer im Wiki-Kosmos und wartet nur auf die Todesmeldungen, damit er das Leben von Menschen, von denen noch nicht einmal die nächsten Freunde wissen, dass sie tot sind, ins Präteritum setzen kann?
Für die angeschlagene FAZ dürfte der Tod Schirrmachers eine mittlere Katastrophe sein, wird der kluge Kopf doch etliche Leser ans Blatt gebunden haben. Aber so wichtig wie der Vorausdenker für das Blatt war, so froh scheint man in Frankfurt, ihn loszusein. Bereits am Wochenende war sein Name aus der Liste der Herausgeber getilgt.
Beim Spiegel etwa zeugt noch zwölf Jahre nach dem Ableben Augsteins sein Name an der Stelle der Herausgeberschaft von der Verbundenheit, der Anerkennung und dem Willen, das Blatt im Geiste des Klugdenkers weiterzuführen.
Mit Futter und Getränken versorgt
Das Beispiel Rudolf Augsteins hier einzufügen, ist eine gekonnte, wenn nicht sogar grandiose Überleitung zum nächsten Thema, das da lautet: Reporter-Forum und Obst. Am Wochenende nämlich hat der Reporter-Workshop stattgefunden, Obdach fand man wieder im Verlagshaus des Spiegel. Und der stellt nicht nur die Räume zur Verfügung, sondern versorgt die rund 300 TeilnehmerInnen sehr großartig mit Futter und Getränken. Bei der Sparmentalität, die mittlerweile aus etlichen Häusern Ryan-Air-Verlage gemacht hat, keine Selbstverständlichkeit. Und etwas, das mit viel „toll!“ bedacht werden sollte. Also, Spiegel: „toll!“, „toll!“, „toll!“.
Bleiben wir beim Namen Augstein und dem Thema Zukunft. Rudolf Augsteins Sohn Jakob hat, um Krautreporter ihren Start zu ermöglichen, 1.000 Abos gekauft. Eine ehrenwerte und auch entscheidende Handlung, kamen doch, nachdem dies bekannt wurde, die letzten fehlenden Abos zusammen. Gut 3.000. Nun frage ich mich: Was macht man mit so vielen Bestellungen? Ich stelle mir Jakob Augstein vor, wie er auf seinem Berg von Kraut-Abonnements sitzt und versucht, nicht runterzurutschen. Gibt er jedem, der vorbeikommt, eines ab? Legt er sie, um sie loszuwerden, seiner Zeitung Freitag bei? Oder kommen die in eine „Freitag-Wundertüte“?
Eine Wundertüte ist nämlich das, worin das selbsternannte Inhaltehaus Gruner & Jahr seine Inhalte transportiert. Die der Zeitschrift Eltern zum Beispiel. „Die Wundertüte von ELTERN ist eine Geschenkbox für Schwangere und frischgebackene Mütter, die durch Ärzte, Hebammen und Krankenhäuser kostenlos überreicht wird“, heißt es in der Pressemitteilung. „Werbekunden können Belegungsplätze in der Box buchen und diese mit Proben ihrer Produkte, Gutscheinen, Zeitschriften und anderen Beilagen bestücken.“
Der Text schildert außerdem die Möglichkeit, über die tolle Tüte Frauen zu registrieren, um sie online mit „nützlichen Informationen“ zu versorgen. Mir würde ja folgende Information reichen: Gruner & Jahr, wo wünschelst Du hin? Brauchst auch Du was Schönes in der Tüte? Die Wundertüte von uns JOURNALISTEN, unsere Geschenkbox für strauchelnde Verlage? Darin: Mut, Ideen, Prinzipien. Sag Bescheid, wenn Du eine haben möchtest. Bastelnd zurück nach Berlin!
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