Kohlekraftwerk in Hamburg: Unmut nach dem Fall
Die Ankündigung von Vattenfall zur Stilllegung des Kohlekraftwerks Moorburg ist umstritten. Auch der Zeitplan ist unklar.
Am Freitag gab Vattenfall bekannt, dass es an der Auktion zur Stilllegung von Kohlekraftwerken der Bundesnetzagentur teilnehmen wolle. Mit dieser Auktion will die Bundesregierung die Stilllegung von Kraftwerkskapazitäten gegen Entschädigung voranbringen. Dabei ist jedoch unklar, ob Vattenfall gegen andere Bewerber den Zuschlag erhält.
Die Entscheidung der Bundesnetzagentur wird erst für Dezember erwartet. Grundlage der Entscheidung ist einerseits die Höhe der Entschädigung – wer weniger Geld fordert, hat bessere Chancen. Die zweite Richtschnur für die Entscheidung ist die Summe des eingesparten CO2-Ausstoßes im Fall einer Stilllegung.
Weil Moorburg zu den modernsten Kraftwerken gehört, ist die Effizienz höher – je erzeugter Stromeinheit wird andernorts deutlich mehr CO2 ausgestoßen. Sollten sich mehr stilllegungswillige Betreiber von Kraftwerken bewerben, könnte es für Vattenfall eng werden.
Ist Moorburg systemrelevant?
Wenn Moorburg bei der Aktion einen Zuschlag erhält, prüft die Bundesnetzagentur noch, ob sie es als systemrelevant für die Energieversorgung einstuft. „Sollte dies der Fall sein, müssen die Anlagen weiterhin betriebsbereit sein, falls sie zur Versorgungssicherheit benötigt werden“, sagt Fiete Wulff von der Netzagentur in Bonn. Dann würde Moorburg nicht sofort stillgelegt werden, aber nur noch in diesen seltenen Fällen Strom produzieren.
„Die angedachte Umrüstung auf Gas hätte sich damit erledigt“, sagt Jens Kerstan (Grüne) – ursprünglich wollte vor allem Wirtschaftssenator Michael Westhagemann innerhalb von fünf Jahren das Kohlekraftwerk auf eine weniger schadstoffbelastende Produktion umstellen.
Ein Hochtemperaturspeicher, wie vom Bund gewünscht, könnte aus Moorburg dagegen immer noch werden. Riesige Stahlplatten würden nachhaltig erzeugte Energie speichern und bei Bedarf abgeben.
Die Hamburger CDU schnauft schon vor Wut. „Das effizienteste Kohlekraftwerk Europas abzuschalten, während das älteste und schmutzigste Kohlekraftwerk in Wedel auf unbestimmte Zeit weiterläuft, ist an Absurdität nicht zu überbieten“, echauffiert sich Stephan Gamm, energie- und klimaschutzpolitischer Sprecher der Fraktion.
Einhergehen damit Sorgen des Wirtschaftsverbands. „Die größte deutsche Industriestadt Hamburg, unter anderem mit Metallerzeugung, Petro- und chemischer Industrie, ist auf eine zuverlässige Energieversorgung dringend angewiesen“, sagt Matthias Boxberger, Vorstandsvorsitzender des Industrieverbands Hamburg (IVH). Der IVH fürchtet nämlich um eine ständige Verfügbarkeit von Strom für die energieintensiven Unternehmen in Hamburg.
Manfred Braasch vom BUND, der über Jahre hinweg gegen das Kraftwerk juristisch vorgegangen war, hält das hingegen für schwache Argumente, die kaum haltbar seien. „Der Mechanismus der Auktion sorgt dafür, dass auf möglichst effiziente Weise der höchstmögliche CO2-Ausstoß beendet wird“, sagt Braasch.
Senat mit widersprüchlichen Reaktionen
Zudem würden zugunsten Moorburgs keine älteren Kraftwerke weiterbetrieben. „Durch steigende CO2-Zertifikatspreise und die immer günstiger werdenden Alternativen kommt es automatisch zu einer Marktbereinigung, die zur Abschaltung der ineffizienten Kraftwerke führt“, sagt Braasch.
Er glaubt aber nicht, dass Vattenfall in Moorbug weiter Strom produziert, wenn es keinen Zuschlag bei der Auktion erhält. „Der laufende Betrieb lohnt sich für Vattenfall nicht.“
Im Hamburger Senat sind seit der Stilllegungsankündigung widersprüchliche Reaktionen zu vernehmen. Während Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) jubelte, scheinen in der von Michael Westhagemann (parteilos) geführten Wirtschaftsbehörde die Sorgen zu überwiegen. „Es stellen sich jetzt, auch hinsichtlich der Versorgung, viele Fragen“, sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke.
Gleichwohl will die Behörde an einer Machbarkeitsstudie über eine alternative Nutzung des Standorts festhalten. „Wir wollen weiterhin ein Zukunftskonzept für ein fähiges Kraftwerksgelände“, sagt Meinecke.
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