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Kohle- und Atomkraftwerke gedrosseltZu heiß zum Kühlen

Die Leistung mehrerer Kraftwerke in Deutschland musste reduziert werden. Ein Grund ist vermutlich die Hitzewelle der vergangenen Tage.

Hier läuft das AKW Grohnde noch Foto: dpa

Vermutlich wegen der Hitzewelle mussten Ende Juli zwölf Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke ihre Leistung um insgesamt 1,6 Gigawatt reduzieren; das entspricht der Leistung von zwei großen Kohleblöcken. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der taz vorliegt.

Ob tatsächlich in allen Fällen die Hitze der Grund war, die Leistung zu reduzieren, ist unklar, denn die genauen Gründe werden nicht erfasst. Die vom Ministerium veröffentlichte Liste umfasst darum alle ungeplanten Kraftwerks-Abschaltungen, die zwischen Ende Juli und Anfang August aufgrund „externer Faktoren“ erfolgten. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Wärme dafür verantwortlich ist.

Grund für die hitzebedingten Abschaltungen von Kraftwerken ist der große Bedarf an Kühlwasser, der aus Flüssen gedeckt wird. Wenn deren Temperatur über 28 Grad steigt, muss die Kühlwasserentnahme normalerweise reduziert werden. Allerdings haben die Behörden in vielen Fällen Ausnahmegenehmigungen erteilt, damit die Kraftwerke weiterlaufen können – was wegen der damit verbundenen Gefahren für das Leben in den Flüssen bei Umweltverbänden auf Kritik stößt. Anderenfalls hätte die Leistung noch stärker gesenkt werden müssen.

Aber auch im erfolgten Umfang zeigt die Reduzierung aus Sicht der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock die Anfälligkeit der fossilen Kraftwerke. „Während die erneuerbaren Energien in den vergangenen Tagen verlässlich Strom ins Netz speisten, gab es bei den Kohle- und Gaskraftwerken, vor allem durch die Hitzewelle, Leistungseinschränkungen von mindestens 1,6 Gigawatt“, sagte sie der taz. „Damit ist die Mär von der angeblich sicheren Stromversorgung durch fossile Kraftwerke einmal mehr widerlegt.“ Als Konsequenz forderte Baerbock einen schnellen Kohleausstieg sowie mehr Investitionen in Erneuerbare und Effizienz.

Im Wirtschaftsministerium sieht man die Situation hingegen gelassen. Die Leistungseinschränkungen der Kraftwerke bewegten sich „auf niedrigem Niveau“, schreibt Staatssekretär Ulrich Nußbaum. Die Versorgungssicherheit sei daher nicht gefährdet.

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16 Kommentare

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  • Die Leistung des Gehirns scheint bei anhaltender Hitze ebenfalls abzunehmen.

    • @Wuff:

      Sooo issess.

  • Wenn ich mir die Maisfelder hier in der Nähe anschaue, dann gehe ich auch mal davon aus, dass Biosprit teurer wird. Ob für die Biogasgewinnung das ganze vertrocknete Zeug ausreicht, was jetzt entstanden ist, bezweifle ich auch. Mein Misthaufen ist wesentlich kleiner wie die letzten Jahre, weil ich schon seit Wochen kein Gras mehr mähen muss.

    • @Age Krüger:

      *als

      • @Jarwren:

        Stimmt. Ich habe vorher noch überlegt, weil man das als (hier muss "als" richtig sein) geborener Ruhrgebietler nie hinbekommt, dann aber wieder vergessen, das nochmal durchzulesen.

  • In der Diskussion in anderen Foren anderer Zeitungen kam das Argument vor,dass bei derart hohen Temperaturen wie in den letzten Wochen die Solarmodule auch nur eine geringere Leistung brächten,weil sie auch Hitzeanfällig seien.



    Was ist das dran? Fällt diese Abnahme der Leistung ins Gewicht oder ist die zu vernachlässigen?

    • 9G
      96702 (Profil gelöscht)
      @Markus Müller:

      Der Wirkungsgrad sinkt bei kristallinen Siliziumzellen 0,4-0,5% pro Grad Temperaturerhöhung. Hierbei ist aber nicht die Außentemperatur, sondern die Temperatur der Zellen gemeint. Bei einer extremen Außentemperatur von 40° können sich diese auf bis zu 65° aufheizen. Also wäre der Unterschied zwischen einer Zelle die bei einer Temperatur von 30° arbeitet und einer die bei 65° arbeitet ca. 14%. Man muss jedoch bedenken, dass höhere Temperaturen oftmals auch eine größere Sonneneinstrahlung bedeuten. Von daher ist dieser Effekt nicht zu schlimm.

    • @Markus Müller:

      Der Effekt ist messbar, hält sich aber in Grenzen.



      Viel problematischer ist, dass wir etliche Wochen lang deutschlandweit ziemliche Flaute hatten, und somit kaum Windstrom eingespeist wurde.

      Wenn Baerbock also behauptet, die Erneuerbaren hätten in den vergangenen Tagen "verlässlich Strom ins Netz gespeist", ist das eine dreiste Lüge.



      (Google nach "Agorameter" - da kann man sich den Energiemix in Deutschland im Detail ansehen)

  • Warum "vermutlich"? Gilt hier auch die Unschuldsvermutung, die z.B. bei Winterkorn ins Feld geführt wird. Selbstverständlich sind Hitze und Trockenheit dafür verantwortlich, weil der Strom eben nicht einfach aus der Steckdose kommt. Im Übrigen gilt: Was Merkel nicht passt, wird nicht veröffentlicht. Die vierte Macht im Staate versagt schon seit vielen Jahren. Hat die Frau Merkel irgend eine Antwort parat für den Pflegenotstand, für hoffnungslos unterbezahlten Erzieherinnen, für den eklatanten Lehrermangel und die marode Infrastruktur? Nein, das gehört täglich angeprangert einschließlich des provozierenden Fehlens bei der Leichtathletik-EM vor der Haustüre der Regierung

    • @Sarg Kuss Möder:

      „Provozierendes Fehlen bei der Leichtathletik vor der Haustür“

      So, jetzt lehnen wir uns zurück, überlegen, wie wir vom Thema des Artikels hierhin gekommen sind. Anschliessend nehmen wir unsere Tabletten und gehen mal ne Runde um den Block. Die Bewegung wird uns guttun.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Och Leute (und liebe social bots) ...



      Mir geht die Leier auf den Keks.

  • Tja, da geht es dahin, das Vertrauen in die Kernkraft. Kaum bleibt mal der Regen eine Weile aus, muss man die tolle Hightech abschalten. So eine simple Ursache und schon kommen wir zurück zur omnipräsenten, ubiquitären Energie Nr.1...leider ist sie dezentral, d.h. Grosskonzerne können nur schwer dran verdienen...

  • Guten Tag,

    Die aus unausgewogene Aufarbeitung der Beiträge zu diesem oder ähnlichen Themen, sind mir ein großes Ärgernis. Den Strom bei der EWS zu beziehen, ist nur ein kleiner Teil der Bemühungen unserer Familie, es in unserem Sinne ein Stück anders (ja besser) zu machen. Hier schreibt bei nichten ein Befürworter von Kernenergie oder Kohlestrom.



    Ich glaube aber nicht das bei den hier den aufgeführten Argumenten, eine Gegenüberstellung aussagekräftiger Zahlen („Damit ist die Mär von der angeblich sicheren Stromversorgung durch fossile Kraftwerke einmal mehr widerlegt.“) im Sinne des Autors bzw. von Frau Baerbock (liegen würde(n). Da ich selber nicht weiter recherchiert habe, kann ich diese auch nicht liefern.



    Was ist eine Aussage wie „…vor allem durch die Hitzewelle, Leistungseinschränkungen von mindestens 1,6 Gigawatt.“ Wert wenn man sie nicht in Relation setzt?



    Was ist mit den Tagebau nahen Kraftwerken, welche mit Grundwasser kühlen und im Zweifel genug haben um es den Flüssen zur Kühlung bei zu mischen?



    Die Situation als Argument für den Kohleausstieg anzuführen finde ich ohne konkrete Zahlen welcher Kraftwerkstyp welche Leistung fahren konnte, mindestens diskussionswürdig.



    Es gibt einfach zu viele Argumente um einen raschen Kohleausstieg, ein Umdenken im Umgang mit Ressourcen im Allgemeinen und vielen ähnlichen Sachverhalten zu fordern, das ich mir einen sachlicheren und fundierteren Umgang wünschen würde.

    • 9G
      96702 (Profil gelöscht)
      @Felix-J-Börde:

      Mir geht es genauso wie ihnen, ich bin voller Hoffnung in 20 Jahren unabhängig von fossilen Energieträgern zu sein, aber denke dass hier auf populistischste Art und Weise versucht wird die massive Geldverschwendung namens "Energiewende" zu verteidigen.

      Hier ein paar Zahlen und Fakten zum Jahr 2017, da hier belastbare Daten vorliegen (alles gerundet):

      Installierte Leistung Windenergie (On+Offshore): 56GW



      Einspeisung Windenergie: 103 TWh (/Jahr)

      Installierte Leistung AKW+Braun-,+Steinkohle: 9,5GW+21GW+25GW



      Einspeisung dieser: 287 TWh (/Jahr)

      Installierte Leistung Photovoltaik: 43 GW



      Einspeisung PV: 38,4 TWh (/Jahr)

      Es wird hier sehr deutlich, dass 1,6GW Leistungsverringerung nicht wirklich viel ausmachen. Außerdem muss gesagt werden dass eine Leistungsverringerung im Sommer vollkommen normal und im Rahmen ist. Dieses Jahr eventuell ein bisschen stärker, aber immernoch irrelevant für die Gesamtdeutsche Energieversorgung und oftmals nur für ein paar Tage/Wochen vorkommend. Was mich hier sehr stört ist die Aussage mit der "Mär der angeblich sicheren Stromerzeugung durch fossile Kraftwerke" ohne auf das Problem der erneuerbaren Energien einzugehen dass man eben nunmal Wind bzw. Sonne benötigt um überhaupt was erzeugen zu können. Schönes Bsp. dafür ist der Unterschied der minimalen und maximalen Einspeisung durch Windenergie im Jahr 2017 in der Regelzone von 50Hertz Transmission:

      Maximale Einspeisung: 14GW



      Minimale Einspeisung: 5MW (Also ein Witz)

      Und hier sprechen wir nicht von geplantem herunterfahren einer Anlage sondern wetterabhängigem Verhalten. Allerdings will jede Wohnung, jedes Gewerbe und jede Verarbeitende Produktionsstätte nicht nur bei Wind arbeiten.



      Wenn fossile Energieversorgung eine Mär ist, was ist das Windenergie...Die größte Verschwörungstheorie in Deutschland?

      Quellen:

      -Fraunhofer "Energiecharts Stromproduktion"



      -50hertz "Kennzahlen Windenergie"



      -BDEW "Foliensatz Erneuerbare Energien"



      -Fraunhofer "Stromerzeugung in D 2017"