Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg: Grün-schwarzes Gemauschel
Vertrauliches zum Koalitionsvertrag bereitet in Baden-Württemberg Grün-Schwarz zunehmend Probleme. Jetzt werden neue Geheimabsprachen bekannt.
Die beiden Parteien hatten zwar auch im öffentlich zugänglichen Koalitionsvertrag festgeschrieben, den Haushalt konsolidieren zu wollen, welche konkreten Maßnahmen dafür infrage kommen, war bislang aber nicht bekannt. Laut den Nebenabsprachen erwägen die Koalitionsspitzen im Einzelnen, die Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte auf sechs Prozent zu erhöhen, bis 2020 insgesamt 5.000 öffentliche Stellen abzubauen und jährlich bis zu 300 Millionen Euro von den Städten und Gemeinden abzuzwacken.
Durch die Veröffentlichung gerät die Landesregierung nur drei Monate nach ihrem Antritt schon zum zweiten Mal unter Druck. Bereits im Juli musste sich Kretschmann im Landtag verteidigen, nachdem die Existenz einer anderen Nebenabsprache bekannt geworden war. Darin hatten er und Strobl bestimmte Bereiche von Einsparungen ausgenommen, darunter Wohnungsbau, Digitalisierung und Kinderbetreuung. Über diese Vereinbarung informierten sie nicht mal die Abgeordneten der Regierungsfraktionen.
Nachdem nun weitere Nebenabsprachen bekannt wurden, reagierten Kretschmann und Strobl mit einem gemeinsamen Brief an die Fraktionen. „Demokratie braucht Transparenz. Aber Demokratie braucht auch Vertraulichkeit und geschützte Räume, sonst ist sie nicht funktionsfähig“, heißt es darin. Demnach hat die Koalition die geplanten Maßnahmen verheimlicht, um die „Verhandlungsposition der Landesregierung mit den entsprechenden Verbänden“ nicht zu erschweren. Zudem seien die Nebenabsprachen nicht mehr als „Willensbekundungen“, die weder für die Regierung noch für das Parlament verbindlich seien.
Kretschmann und Strobl
Kretschmanns ehemalige Koalitionspartner von der SPD geben sich dagegen empört. „Dass so etwas unter einem Ministerpräsidenten Kretschmann geschieht, hätte ich mir vor einem halben Jahr noch nicht vorstellen können“, sagte die Landesvorsitzende Leni Breymaier.
Erschreckend sei, dass Grün-Schwarz einen „unsauberen Politikstil“ als normal darstelle. „Was hier vor sich geht, das ist nicht normal, und das ist auch nicht üblich. Wer so intransparent agiert, der zerstört das wichtigste Gut, das man haben kann: Vertrauen.“
Noch weiter geht die Kritik von Hans-Ulrich Rülke. Der FDP-Fraktionschef sagte: „Zunächst wollen wir Aufklärung auf parlamentarischem Wege. Sollte dies nicht ausreichen und sollten immer neue Geheimabsprachen enthüllt werden, so schließe ich einen Untersuchungsausschuss nicht aus.“
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