piwik no script img

Koalitionsverhandlungen zu MietenUnion und SPD für mehr Wohnraum

In Großstädten ist die Jagd nach bezahlbaren Wohnungen Glückssache – große Investoren schnappen sich begehrte Grundstücke. Die mögliche große Koalition will handeln.

Die bisher weitgehend wirkungslose Mietpreisbremse in Großstädten soll verschärft werden Foto: dpa

Berlin taz | In ihren Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD auf ein umfangreiches Paket zur Begrenzung der in Städten stark steigenden Mieten und zur Schaffung von mehr Wohnraum verständigt. „Junge Familien werden unterstützt mit einem Baukindergeld von 1.200 Euro pro Kind und Jahr“, teilte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) am Sonntag in Berlin mit. Damit sollen Familien, denen bisher der finanzielle Spielraum fehlt, beim Bau eines Eigenheims unterstützt werden.

Das „Baukindergeld“ soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro plus 15.000 Euro Freibetrag je Kind gewährt werden und über eine Dauer von zehn Jahren gezahlt werden. Es wird nach Angaben der Unterhändler 440 Millionen Euro im Jahr kosten.

Zudem soll die bisher weitgehend wirkungslose Mietpreisbremse in Großstädten verschärft werden. Diese sieht bisher vor, dass bei der Wiedervermietung die Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete plus 10 Prozent angehoben werden darf. Nun ist geplant, dass die vorherige Miete offengelegt werden muss, was bisher nicht der Fall war, wie die stellvertretende SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen sagte. Zudem sollen Vermieter bei Modernisierungen künftig nicht mehr elf, sondern nur noch acht Prozent der Kosten auf Mieten pro Jahr umlegen können.

„Dass man sich sein Dach über dem Kopf leisten kann, wird die soziale Frage des 21. Jahrhunderts sein“, sagte Kohnen. Ziel sei es, dass bis 2021 bis zu 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden, damit der Mietenanstieg gebremst wird. Für den sozialen Wohnungsbau sollen zwei Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, wenn Union und SPD eine erneute große Koalition eingehen sollten.

Eine Reform der Grundsteuer

Geplant ist nach Angaben aus Verhandlungskreisen auch, dass es Kommunen erleichtert werden soll, günstiger Grundstücke des Bundes zu kaufen – damit dort dann billige Wohnungen entstehen. Solche Grundstücke gehören oft der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Sie soll ihre Grundstücke den Kommunen künftig zu vergünstigten Konditionen zur Verfügung stellen.

Weiteres Bauland wollen Union und SPD über eine Reform der Grundsteuer gewinnen. Man habe sich darauf verständigt, dass die von den Kommunen erhobene Steuer modernisiert werden solle, sagte der Landeschef der SPD in Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek. „Künftig soll es mit einer Grundsteuer möglich sein, zusätzlich Bauland zu mobilisieren, weil nicht genutzte Grundstücke anders besteuert werden können.“

Zuletzt hatte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) gefordert, über eine Reform der Steuer Grundstücksspekulationen entgegenzutreten, indem Kommunen baureife, aber unbebaute Grundstücke höher besteuern dürfen als bebaute. Die Grundsteuer trifft die Eigentümer und wird an Mieter weitergegeben. Insgesamt fließen fast 14 Milliarden Euro im Jahr in die Kassen von Städten und Gemeinden. Sie beschäftigt derzeit auch das Bundesverfassungsgericht.

Bereits im Sondierungspapier angekündigt war die Einrichtung einer Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, die Vorschläge für den Kampf gegen Strukturschwäche etwa im ländlichen Raum machen soll. Diese Kommission solle sich auch mit dem „Überschuldungsproblem notleidender Städte“ beschäftigen, sagte Groschek. Dafür blieben zwar grundsätzlich die Länder verantwortlich. „Aber der Bund wird sich über diese Kommission in die Problemlösung einschalten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • "Ziel sei es, dass bis 2021 bis zu 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden, damit der Mietenanstieg gebremst wird. Für den sozialen Wohnungsbau sollen zwei Mrd Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, wenn Union und SPD eine erneute große Koalition eingehen sollten."

     

    €4 Mrd für 80 Mio. Menschen, wobei die Wohnungsnot besonders für bestimmte Ballungsräume gilt: Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Hannover, Stuttgart, teilweise noch Ruhrgebiet und bestimmte Städte sogar im Osten.

     

    Aber es gibt auch genug Kommunen und Landkreise, wo die Immobilienpreise niedrig sind und möglicherweise weiter sinken werden.

     

    Tatsache ist aber, dass mit den €4 Mrd. nicht genug Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden soll. Der Rest ist sowieso Subventionierung der oberen Mittelschicht und nicht politisch von Bedeutung. Wer kaufen kann und letztlich nur überlegt, wie viele Zimmer und Quadratmeter es werden sollen, der hat kein Problem, was politisch gelöst werden muss. Der braucht nichts.

     

    Wenn aber so viele syrische und andere Flüchtlingsfamilien schnell und passend untergebracht werden müssen und parallel der Polizeioberwachtsmeister, der KFZ-Mechatronikmeister mit seiner Frau Krankenschwester nicht mehr in Hamburg oder Frankfurt wohnen kann, dann ist das ein Problem. Selbst mit Schwäbisch Hall und einem Zuschlag von Omi und den Eltern geht da nix: Kleine Häuser für €500.000 sind in diesen Ballungsräumen durchaus normal. Wohnungen oft klein und eigentlich vollkommen überbewertet helfen nicht.

     

    Fazit: Gut, sie haben das Problem benannt und sie geben immerhin €4 Mrd. - aber eine Stadt wie Hamburg oder Frankfurt bräuchte aus sich heraus schon €3 bis 5 Mrd. - je nachdem wie die Stadt auf Dauer aussehen soll: Zirkel für Reiche mit Hochhaussiedlungen am Rand oder eben eine Stadt für mehr oder weniger alle?

     

    SPD und Union machen da weiter, wo sie stehen geblieben sind: Es ist schön in Deutschland zu leben, wenn man reich ist, der Rest schaut in die Röhre.

  • Die Digitalisierung der ländlichen Gegenden, könnte schon helfen bei der Mietmisere.

     

    Mieten günstig und online schnell unterwegs - da kann dann München, Berlin, Hamburg... nicht mithalten

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Durch die völlige Überbetonung der sog. Digitalisierung ist bei den Koalitionsverhandlungen leider passiert, daß duch einen Computer alle wichtigen Themen auf den Wert '0' gesetzt wurden.

    Lediglich die Vereinbarung mit den Supermärkten, daß jeder Bundesbürger 4mal pro Monat Spaghetti mit Tomatensauce (für 2 Personen) für 1€ (ja, immerhin) beziehen kann und daß der Diesel an der Tankstelle 10 Cent billiger werden soll, haben den Wert '1' behalten. Das jetzige vorläufige Koalitionsergebnis am Montag vormittag lautet also: '000000000000011'

    Aber immerhin sind diese beiden Maßnahmen sehr sozial, weil ein Herr Winterkorn auch nicht mehr bekommt, als die arme 1000 €-Familie, für die diese Summe eine große Entlastung ist, für Herrn Winterkorn aber nur 1/100 Promille seines Einkommens beträgt.

    Jetzt sagt die SPD-Basis: 'Ja, eigentlich haben unsere Leute doch ganz gut verhandelt'.

  • Und weiter geht es mit Flächenversiegelung im Umland und zunehmendem Verkehr. Verdammte Scheiße, wir brauchen nicht mehr Wohnungsbau, wir brauchen:

    1.) Verbot der Zweckentfremdung

    2.) Verbot von ständig unbewohnten Zweitwohnungen irgendwelcher Immobilienbesitzer

    3.) Reduktion der Wohnfläche pro Person

    4.) Reduktion des Verkehrs, damit man auch neben Straßen wohnen kann (da stehen nämlich schon viele unbeliebte Häuser!!)

    5.) Reparatur bestehender Häuser (ja, im Ruhrgebiet siehts teilweise gruselig aus)

    6.) Schulen auf dem Land, damit die Familien nicht in die Städte ziehen müssen

  • Die 100 EUR im Monat werden keine Bank veranlassen, ihre Ablehnung wegen zu geeingen Einkommens zu überdenken und zum notwendigen Eigenkapital tragen sie nichts bei. Das sollte die Bausparprämie tun. Aber die Einkommensgrenzen sind so niedrig gewählt und kaum angepasst worden, so dass nur Menschen profitieren, die sich gerade eine Eigentumswohnung für 30.000 EUR leisten können. Wo gibt's denn sowas noch? Wieder hat der Gesetzgeber völlig am Markt vorbei geplant und offensichtlich mit keinem Betroffenen je geredet.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Familien sollen " beim Bau eines Eigenheims unterstützt werden."

    Nichts verstanden, nichts kapiert.