Koalitionsverhandlungen in Bremen: Auf dem Weg zum Dreierbündnis
In Bremen haben die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linkspartei begonnen. Konflikte wurden schon im Vorfeld bearbeitet.
Diesmal kennt man sich besser. Alle drei Parteien haben in großer Einmütigkeit das Go für die Verhandlungen gegeben. Und anders als nach ihrem Debakel von 2019 sitzt die SPD nach der Rückeroberung des ersten Platz in der Wähler*innengunst wieder sicher im Sattel. Entsprechend straffer wirkt der Fahrplan.
Im Laufe des Juni wollen SPD, Grüne und Linke geklärt haben, was sie bis 2027 landespolitisch auf den Weg bringen. Haut es diesmal hin, mit einem fahrscheinlosen öffentlichen Personennahverkehr? Wie lautet der Formelkompromiss zwischen Hafenwirtschaft und Umweltschutz zur Weservertiefung? Und findet man vielleicht mit einer Enquete-Kommission ein neues, glückliches Ende für die Bremer Bildungstragödie? In keinem Bundesland ist der Schulerfolg so stark von der sozialen Herkunft abhängig wie hier, wo zugleich die Armutsquote am höchsten ist.
Unter der von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ausgegebenen Leitfrage: „Mit wem löst man die Zukunftsherausforderungen am besten“, hatte die SPD zuvor mit Grünen und Linken, aber auch mit der CDU sondiert. Das Ergebnis, es erneut mit einem fortschrittlichen Dreierbündnis zu probieren, war wenig überraschend.
Sowohl die reibungsarme Zusammenarbeit in der abgelaufenen Legislaturperiode als auch die große inhaltliche Nähe der Wahlprogramme hatten die Neuauflage von Rot-Grün-Rot nahegelegt. Zumal erwartbare macht- und personalpolitische Konflikte hier schon vorher abgeräumt wurden.
Die Grünen-SenatorInnen zogen sich alle zurück
Zudem hatten die Grünen schnell zu einem eher pragmatischen Umgang mit ihrer krachenden Niederlage gefunden. Sie bekamen bei der Landtagswahl Anfang Mai rund fünf Prozentpunkte weniger Zustimmung als vor vier Jahren – ein Minus von 30 Prozent.
Das schlägt sich nun auch in der Regierungsbildung nieder. Dadurch, dass nun ohnehin alle drei bisherigen grünen Senatsmitglieder ausscheiden – am Pfingstwochenende hatte als letzte auch Sozialsenatorin Anja Stahmann angekündigt, ihren Posten zu räumen – fällt es der Partei leichter, auf dieses Ressort zu verzichten.
Hier wird die erstarkte SPD zum Zuge kommen. Dass sie die für sie identitätsstiftende Sozialpolitik 2011 an die Grünen abgeben mussten, hatte viele Bremer Sozialdemokraten seither gewurmt. Die SPD hat zudem von den Grünen verlangt, aus ihrem Herzensressort „Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau“ die letzteren drei Bereiche herauszulösen. Wer sie übernimmt, ist noch unklar.
Anm: in einer früheren Version wurden Prozente und Prozentpunkte verwechselt. Wir haben das korrigiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin