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Kliniken und Heime in CoronakriseNoch weniger Pflegekräfte

Die Zahl der Pfle­ge­r:in­nen in Deutschland hat während der Coronakrise deutlich abgenommen. Dabei waren viele Kliniken und Heime schon zuvor unterbesetzt.

Besonders von dem jüngsten Rückgang betroffen sei die Krankenpflege in den Kliniken Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Berlin epd/afp | Seit Beginn der Coronapandemie hat Deutschland tausende Pflegekräfte verloren. Der Rückgang betreffe Krankenhäuser ebenso wie die Altenpflege, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf bislang unveröffentlichte Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA), die die Linken-Bundestagsfraktion anfragte.

Demnach ging die Zahl der Beschäftigten in der Pflege zwischen Anfang April und Ende Juli 2020 um mehr als 9.000 zurück – dies entspreche einem Rückgang um 0,5 Prozent. Insgesamt waren demnach in Deutschland zuletzt rund 1,8 Millionen Menschen in der Pflege tätig. Vor der Pandemie seien die Beschäftigtenzahlen in der Pflegebranche dagegen leicht gestiegen.

Besonders von dem jüngsten Rückgang betroffen sei die Krankenpflege in den Kliniken. Das Minus bei den Beschäftigtenzahlen habe hier – nach einem leichten Anstieg im April – in der ersten Hochphase der Coronakrise von Ende März bis Ende Juli 2020 bei 5.124 gelegen. Für den viermonatigen Zeitraum sei dies ein Rückgang um 0,44 Prozent. In der Altenpflege sei die Zahl der Beschäftigten im selben Zeitraum um 3.885 Beschäftigte beziehungsweise um 0,6 Prozent zurückgegangen.

Nach Angaben der Bundesagentur seien alle 16 Bundesländer betroffen, erklärte die Fraktion der Linken. In der Krankenpflege war der geringste Rückgang um 0,15 Prozent in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen. Den stärksten Rückgang um 1,66 Prozent musste Bremen verkraften.

In der Altenpflege gab es den Angaben nach in Sachsen-Anhalt (plus 3,7 Prozent) sowie in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg leichte Beschäftigungszuwächse. Im Bereich der Altenpflege werde der Rückgang vor allem in den alten Bundesländern ausgemacht. Schlusslicht mit einem Rückgang um 1,6 Prozent ist demnach Hessen.

Die pflegepolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Pia Zimmermann, betonte, dass bereits in den vergangenen Jahren hohe Arbeitsbelastungen bestanden. In der Pandemie seien die Belastungen noch einmal gestiegen. Die Zeit sei von zahlreichen bundesweiten Aufrufen begleitet worden, ausgebildete Fachkräfte für ihren alten Beruf zurückzugewinnen. Die nun verzeichneten Rückgänge verschärften die Situation in Krankenhäusern und Pflegeheimen.

Die Linken-Politikerin forderte „zusätzliche und deutlich besser entlohnte Pflegekräfte“. Dies sei finanzierbar, erklärte sie. Hierzu müssten bislang privat versicherte Spitzenverdiener „auf alle ihre Einkünfte einheitlich und solidarisch Beiträge entrichten, auch auf Kapital-, Zins- und Mieteinnahmen“, forderte sie. Sie appellierte an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), sich auch für eine Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze stark zu machen.

Zimmermann kritisierte es als „scheinheilig“, einen Tarifvertrag abzulehnen und dabei auf die unzureichende Finanzierung der Personalkosten zu verweisen, durch die dann Menschen mit Pflegebedarf stärker belastet würden. Das lasse sich leicht ändern.

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6 Kommentare

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  • Eine große Belastung für Pflegekräfte hat aktuell nichts mit Geld zu tun.

    Acht Stunden täglich mit FFP2 Maske körperlich zu arbeiten ist kein Spaß. Und wenn dann Pflegekräfte abgemahnt werden wenn sie die Maske mal kurz ablegen, bringt das bei manchen das Fass zum überlaufen. Verständlicherweise.

    Der Beruf kann auch unter "normalen" Umständen schon belastend sein. Wenn dann Mitarbeiter zusätzlich das Gefühl haben mit der Maskenpflicht und den ständigen Schnelltests gegängelt zu werden, dann gibt es halt welche die aus dem Beruf aussteigen.

    So siehts aus.

  • Warum sind so viele Menschen in Kliniken und in Heimen?



    Das ist die wichtigere Frage.



    Wir müssen uns mit dem Tod und dem Leiden auseinandersetzen, sie auch als Teil des Lebens akzeptieren.



    Angst vor dem Tod lässt uns alles versuchen, um ihn aufzuhalten, aufzuschieben.



    Das können wir nicht. Auch nicht mit viel Geld.



    Meine Mutter, mein Vater werden sterben. Das ist das natürliche Ende des Lebens.



    Da hilft es auch nicht, wenn wir unsere Eltern in Heime stecken um nicht zu sehen wie sie leiden und sterben.

    • @Hartmut Wolff:

      Aus genau dieser Argumentation heraus hat sich der schlechte Ruf und die unterirdische Bezahlung der Pflegekräfte entwickelt.



      Pflege bedeutet eben nicht, die Oma zu "füttern" und ab und zu mal mit dem Rollstuhl an die frische Luft zu fahren.



      Einen beispielsweise bettlägerigen oder schwer dementen Familienangehörigen ohne die nötige Fachkenntnis auf Dauer zuhause zu pflegen, erfordert mehr als die dafür nötige 24h-Einsatzbereitschaft, sondern eben auch eine professionelle Versorgung und einen ebensolchen Umgang.



      Oft geht ein solches, gutgemeintes Verantwortungsgefühl letztendlich zu Lasten des Pflegebedürftigen wie auch des irgendwann ausgebrannten und überforderten Angehörigen.

      • @schuhwerfer:

        Die Pflegeausbildung ist zu Recht theorielastig und komplex, daher stimme ich Ihnen völlig zu, dass die Reduktion auf "füttern und an die frische Luft fahren" viel zu kurz greift. Damit meine zum einen den Umgang mit kognitiven Einbußen, wie Sie schreiben, aber auch die Beherrschung von hochkomplexen medizinischen Themen. Beides ist weit weg von Laienpflege, was in der aktuellen Situation überdeutlich wird. Pflegende Angehörige sind an ihrer Belastungsgrenze, weil die professionellen Entlastungsmöglichkeiten fehlen und warum die Intensivversorgung nicht so läuft wie gewünscht, liegt oft schlicht am fehlenden (Pflege-)Personal, das über die letzten zwei Jahrzehnte kaputtgespart wurde. In D kommen immer mehr Patienten auf immer weniger Pflegepersonal: www.zdf.de/nachric...enotstand-100.html

    • @Hartmut Wolff:

      Das ist absolut NICHT "die wichtigere Frage", sondern die Frage zu einem ganz anderen Thema.



      Ihren Beitrag könnte man also vermutlich unter whataboutism verbuchen.

      Seien Sie einfach glücklich, wenn Sie Ihre Eltern bis zum Schluß begleiten können. ich habe viele Angehörige (in der überwiegenden Mehrheit Töchter bzw. Schwiegertöchter) unter der Belastung zusammenbrechen sehen.

      Die Menschen werden nunmal immer älter, da findet sich ein buntes Sträuschen Gebrechen, für jeden Geschmack was dabei. Dem entsprechend wird auch die Pflege immer aufwändiger. Einfach die Angehörigen zu beschimpfen hilft da nicht weiter, es braucht zunehmend professionelles Personal.

      Sehr denkwürdiges aus der Praxis: Wenn die Schwieger-/Töchter wg. Überlastung selbst krank werden, gehen die Alten dann halt in Kurzzeitpflege.

      Nicht jeder ist in der Lage, seiner eigenen Mutter den Hintern zu waschen.



      Und nicht jede/r SeniorIn will vom eigenen Kind im Intimbereich gewaschen werden.

      Also ist es gut und wichtig, daß wir professionelle Pflegekräfte haben.



      Würden wir sie jetzt noch anständig bezahlen, hätten wir vermutlich auch keinen Pflegenotstand.

    • @Hartmut Wolff:

      Nun ja, im Krankenhaus ist man ja wohl nur temporär und möchte gut behandelt werden.



      In Bezug auf Heime verstehe ich ihre Ausführungen, denke aber wir können die Entwicklung kaum zurückdrehen. Was soll ein Alleinstehender machen, dessen Mutter/Vater pflegebedürftig ist, er aber für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss?