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Klingbeil will mehr Schulden machenWehretat soll bis 2029 auf 153 Milliarden Euro anwachsen

Am Dienstag will das Kabinett die Finanzplanung des Bundes beschließen. Laut Regierungskreisen soll der Verteidigungshaushalt enorm wachsen.

Soll bis 2029 auf 3,5 Prozent ansteigen: der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) Foto: Henning Kaiser/dpa

Berlin afp | Der deutsche Verteidigungshaushalt soll bis zum Jahr 2029 schrittweise auf 152,8 Milliarden Euro anwachsen. Das geht nach Angaben aus Regierungskreisen aus der Finanzplanung des Bundes hervor, die am Dienstag vom Kabinett beschlossen werden soll. Bereits 2025 ist ein Anstieg von im Vorjahr 51,95 Milliarden Euro auf 62,4 Milliarden Euro geplant, 2026 dann bereits auf 82,7 Milliarden Euro.

Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll damit von 2,4 Prozent im Jahr 2025 bis 2029 auf 3,5 Prozent des BIP ansteigen. Dies entspricht den erwarteten Beschlüssen auf Nato-Ebene. Bislang liegt die sogenannte Nato-Quote für Verteidigungsausgaben bei zwei Prozent des BIP.

Möglich ist dies durch die im März beschlossene Ausnahme für Ausgaben der äußeren und inneren Sicherheit von der Schuldenbremse im Grundgesetz. Diese umfasst weitere Ausgaben etwa für Hilfen für die Ukraine, Zivil- und Bevölkerungsschutz oder Nachrichtendienste. Zum Verteidigungshaushalt hinzu kommen für die Jahre bis 2027 noch die Mittel aus dem 2022 eingerichteten Bundeswehr-Sondervermögen. Danach ist dieses aufgebraucht.

Daher steigen die Verteidigungsausgaben im Haushalt laut Finanzplan sprunghaft von 93,3 Milliarden Euro im Jahr 2027 auf 136,5 Milliarden Euro im Jahr 2028 an. Für die Ukraine-Hilfen ist zudem im Finanzplanungszeitraum bis 2029 durchgehend ein jährlicher Betrag von 8,5 Milliarden Euro angesetzt.

Signal an Russland

Die Ausnahme von der Schuldenbremse sieht vor, dass für die einbezogenen Sicherheitsausgaben jeweils Mittel in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des Vorjahres unter Einhaltung der Schuldenbremse finanziert werden müssen. Die darüber hinausgehende Kreditaufnahme für den Sicherheitsbereich soll 2025 insgesamt 32,1 Milliarden Euro betragen und bis 2029 auf 121,2 Milliarden Euro anwachsen. Die Gesamtausgaben für diesen Bereich betragen dann laut Finanzplan 167,8 Milliarden Euro.

„Unsere Sicherheit und Freiheit sind in einem Maße bedroht, wie es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr der Fall war“, hieß es aus Regierungskreisen zu dem drastischen Ausgabenanstieg für Verteidigung. Die unbefristete Fortschreibung der Mittel für die Ukraine-Hilfe solle Russland zudem das Signal senden, dass es für die deutschen Anstrengungen hier kein Limit gebe.

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17 Kommentare

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  • Die Prozentdiskussion ist, auch aus militärisch-technischer Sicht, so interessant wie absurd.



    Vor Trump ist niemand auf die Idee gekommen, Verteidigungs- oder im US-Sinne, Kriegsfähigkeit als Prozentsatz des BSP zu messen.

    Man hätte von der Personalstärke, dem Bestand an Ausrüstung, der Güte der Ausbildung und den vermittelten Fertigkeiten gesprochen, mehr nicht, denn anderes ist nicht relevant.

    Ein Land das zwei Prozent ausgibt, ist nicht weniger sicher als eins das fünf ausgibt, die Frage ist wofür?

    Hier geht es eher um Erpressung, Einkauf von Rüstungsgütern aus den USA, denn sind die einzigen Exportartikel der Industrie. Und natürlich um die Zuwendungen dieser Industrie für die Politik und hier direkt die Taschen von Trump.

    Das gleicht einer Folge der Sopranos.



    Westliche Werte.

  • Solange das zur Sicherung Europas ist und nicht zur Beteiligung an US Kriegen oder irgendwelchem NATO Unsinn ...

    • @Resistor:

      Ersteres ginge mit wesentlich weniger Geld...

  • Warum der Untertitel "Klingbeil will mehr Schulden machen"?



    Das hat wenig von einem Bericht.



    Im Übrigen ist dem Haushalt eine Abstimmung auf breiter politischer Basis, nämlich mit den Grünen vorausgegangen.



    Wer die Realität eines Putins, der die Ukraine überfällt und dem Westen droht, und eines trumps, der die Demokratie demontiert und mit Nichteinhaltung von Verträgen droht, erkennt, muss Konsequenzen ziehen.



    Unabhängigkeit heißt daher auch militärisch unabhängig zu werden.



    Wer trump wirtschaftlich Paroli bieten will, kann das nur bedingt, wenn der eigene Schutz finanziell, personell und ausrüstungstechnisch durch die USA besteht.



    Der Schritt zur Unabhängigkeit ist derzeit nicht von einer Stärkung unseres Militärs zu trennen.



    Vielleicht wird so auch einmal eine europäische Armee möglich, und beschützt weiter unsere Demokratien, während die USA sich weiter von der Demokratie entfernt.

  • Gähn. Ohne eine Reform der Bundeswehr um diese effizienter zu gestalten ist der größere Teil dieser Summe rausgeschmissenes Geld. Pistorius mag zwar der beliebteste Politiker sein, aber das ist wohl mehr dem Rest der Kandidaten geschuldet. Geschafft hat er bei der Bundeswehr nämlich kaum etwas. ok. er hat nicht so viel Schaden angerichtet wie Ursula, aber das kann doch kein Kriterium seni. Was solls, das Geld ist ja nicht weg wie Robert Habeck sagen würe, es hat nur jemand anders. In diesem Fall eben Boeing, Lockheed, Rheinmetall und Helsinger usw. Die Kampfkraft der Bw wird sich aber kaum verdoppeln, die kann froh sein wenn sie sich nicht verschlechtert. Und ein Teil des Geldes wird irgendwie in die UA gehen, nehme ich an. Irgendwer muss die ja finanzieren nachdem die USA aussteigen werden. Was für eine Farce ist das alles doch.

  • Ich finde es schade, dass die Leistungsfähigkeit der europäischen Verteidigung nur in ausgegebenen Euro gemessen wird: Erst, wenn jedes Land einzeln (eine europäische Verteidigungsarmee ist scheinbar verboten) mehr ausgibt als Russland sind wir unter Umständen sicherer. Bis Trump 10% der gesamten Wirtschaftsleistung verlangt. Das wäre der komplette Bundeshaushalt.



    Die NATO, einst erdacht als kostensparendes Verteidigungsbündnis, wurde offenbar zu einem Förderverein für die US-Wirtschaft. Und wir machen freudestrahlend mit.

    Da mehr Steuern für Reiche natürlich Tabu sind, muss das Geld von den restlichen 90% der Bevölkerung eingebracht werden die über das Streichkonzert samt Steuererhöhungen nicht glücklich sein dürfte. Die Völkischen samt Trump wird's freuen.

    Wäre schön wenn, für den Kampf gegen den Klimakollaps auch entsprechend viel Geld locker gemacht wird. Das wäre zumindest nachhaltig investiert statt hirnlos verjuxt.

    • @Limonadengrundstoff:

      Die Idee einer europäischen Armee klingt zwar gut, aber sie ist einfach nicht schnell genug umsetzbar. Viele Experten gehen davon aus, dass wir möglichst innerhalb von 2 Jahren kriegstüchtig sein sollten und es gibt wesentlich einfachere Themen bei denen die EU daran scheitert, alle Mitgliedsstaaten untern einen Hut zu bringen.

      Davon abgesehen: selbst wenn ein Konsens bezüglich einer EU-Armee bereits bestehen sollte, würde es dennoch wesentlich länger als 2 Jahre dauern um diese aufzubauen.

  • Bevor sich hier wieder fehlgeleitete (oder selbst ernannte) Friedensaktivisten auf Willy Brandt berufen wollen: unter Willy Brandt schwankten die Militärausgaben zwischen 3,2 und 3,6% vom BIP.

    • @Marcus Frank:

      Die NATO will heute 5% beschließen...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Unfassbar viel Geld - im Verhältnis zu unserem gesamten Bundeshaushalt.



        Unser Bundeshaushalt beträgt etwa 500 Milliarden Euro ( 2024 ) davon, bei 5 % vom BIP ( in 2024 4,305 Miliarden Euro ) also schlappe 200 Milliarden Euro, für Verteidigung.

    • @Marcus Frank:

      Richtig, da stand West gegen Ost. Und der Osten reichte an die deutsch-deutsche Grenze und dort war der Warschauer Pakt. Das war ein Bündnis mit Sowjetunion, Polen, der CSSR, Ungarn, Rumänien und Bulgarien.



      Heute sind diese Länder Teil der NATO.

      Und auf der anderen Seite ist nur Russland.



      Man beachte den Unterschied.

  • Putin muss uns nicht angreifen. Er muss nur warten, bis wir uns selbst ruiniert haben. Die 5% sind ja schon geplant...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      👍👍

  • Unsere Sicherheit wird hier in Deutschland bedroht, durch fehlende Sozialwohnungen, durch das kaputte Bildungssystem, das kaputte Gesundheitssystem, dafür ist aber kein Geld da.



    Unser Geld, Steuern wie Schuldenlast, auch die europäische Schuldenlast, für die wir geradestehen müssen, wird verprasst.

    Begreift es doch endlich, diese Politik hilft nur der AfD. Wollt ihr das wirklich?

  • „Unsere Sicherheit und Freiheit sind in einem Maße bedroht, wie es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr der Fall war“. Ähm, interessante Logik. Ich dachte, wir wurden damals vom Nationalsozialismus befreit. Ein Vergleich mit den Krisen des Kalten Krieges wäre wohl besser gewesen.

    Ansonsten schon traurig. Auch wenn es gute Gründe gibt. Die Militarisierung einer Gesellschaft gefällt mir trotzdem nicht.

  • Angesichts der Krisenherde der Welt und mittlerweile auch wieder in Europa ist der absehbare Anstieg der Verteidigungsausgaben zwar unschön aber wohl auch unvermeidbar. Die Bundeswehr war selbst in den 1960er Jahren nur "bedingt abwehrbereit" und dieser Befund hat sich bis heute nur verschlimmert.

    Leider lässt sich mit dem Mister Orange im Weißen Haus auch nicht mehr darauf bauen, dass es transatlantische Unterstützung gibt. Daher muss Europa seine Sicherheit in die eigene Hand nehmen. Hier kann sich die wirtschaftlich stärkste Nation Mitteleuropas nicht einfach wegducken und anderen Partnern (Frankreich, UK) überbordende Lasten aufbürden. Wir müssen - wohl oder wehe - unseren Anteil an der Sicherheitsarchitektur Europas tragen, sowohl in finanzieller Hinsicht aber (leider auch) menschlich. Das wird wohl ohne (deutsche) Truppen an der europäischen Außengrenze und (wahrscheinlich) Gefallene nicht gehen.

    Die Zeiten der "Friedensdividende" sind wohl leider vorbei. Schade dass unsere Regierungen diese Friedensdividende verschleudert haben.

    • @Kriebs:

      "Angesichts der Krisenherde der Welt und mittlerweile auch wieder in Europa ist der absehbare Anstieg der Verteidigungsausgaben zwar unschön aber wohl auch unvermeidbar."

      Das stimmt schon. Aber der Überbietungswettbewerb, der zur Zeit läuft, ist absurd. Es geht ja schon längst nicht mehr um Erhöhung, sondern um Vervielfachung. Wobei unklar ist, was man mit dem Geld eigentlich machen will. Irgendwas mit Militär...