Klimaverhandlungen auf der COP27: Ein schwieriges Klima
Die Klimaverhandlungen in Scharm al-Scheich gehen in die heiße Phase. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reiste am Mittwoch nach Ägypten.
Früher war das Umweltministerium für Klimakonferenzen zuständig. Das ist jetzt anders. Als Zeichen einer „Klimaaußenpolitik“ ist in der Ampelregierung Baerbock bei internationaler Klimapolitik federführend, auch wenn Umweltministerin Steffi Lemke und Entwicklungsministerin Svenja Schulze ebenfalls vor Ort sind. „Nie zuvor stand eine Weltklimakonferenz unter so schwierigen geopolitischen Vorzeichen“, sagte sie am Mittwochmorgen kurz vor Abflug.
Und tatsächlich läuft es schleppend bei den zweiwöchigen Verhandlungen, die offiziell am Freitag enden sollen. Hier und da ist auf dem Konferenzgelände zu hören: Die Verhandler:innen sitzen noch an Formsachen, deren Klärung eigentlich in die erste Woche gehört hätte. Am Dienstagabend hatte die ägyptische Gipfelpräsidentschaft nun einen ersten Entwurf für die Abschlusserklärung präsentiert.
Die Verhandlungsgruppe „G77+China“ intervenierte mit einer Vorlage. Der Block besteht aus vielen Entwicklungsländern, zu denen China trotz hoher Wirtschaftskraft und Emissionen oft noch gezählt wird. Unzufriedenheit herrscht hier vor allem mit einem der Knackpunkte auf diesem Weltklimagipfel: Stellen reiche Länder Geld zur Verfügung, damit arme Länder für klimawandelbedingte Schäden und Verluste aufkommen können?
Neuer Schwung in die Klimaverhandlungen
Viele zivilgesellschaftliche Beobachter:innen teilen den Unmut. „Was bisher auf dem Tisch liegt, ist nicht, was die ärmsten und verletztlichsten Staaten brauchen und gefordert haben“, kritisierte Sabine Minninger vom evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt, die die Klimaverhandlungen schon viele Jahre beobachtet. „Ihre Forderungen sind ja schon ein Kompromiss: Dass hier erst mal nur beschlossen wird, dass es einen Fonds gibt und man in den nächsten zwei Jahren noch über die Auffüllung verhandeln kann.“
Die Industrieländer würden es hingegen lieber andersherum machen: Erst zwei Jahre reden – dann entscheiden, ob überhaupt ein Fonds kommt. „Das ist nicht akzeptabel“, so Minninger. Auch Außenministerin Baerbock räumte ein: „Zu einer substanziellen Vereinbarung liegt noch ein schwieriger Weg vor uns, die Vorstellungen liegen teils noch weit auseinander.“
Manche Beobachter:innen erhoffen sich, dass der G20-Gipfel in Bali neuen Schwung in die Klimaverhandlungen bringen könnte. Zu ihnen gehört Christoph Bals, Chef der Organisation Germanwatch. Besonders geht es ihm um das, was am Rande der offiziellen Gespräche stattfand, die bis Mittwoch liefen: Die USA und China reden in Bezug auf das Klima wieder miteinander.
Außerdem haben verschiedene Industrieländer, darunter Deutschland, eine „Partnerschaft für eine gerechte Energiewende“ mit Gastgeber Indonesien abgeschlossen. Mit 20 Milliarden US-Dollar wollen die reichen Länder das südostasiatische Land beim Kohleausstieg unterstützen – teils aus Staatsmitteln, teils durch die Akquise privater Investoren. Bals meint: Das Signal aus Bali könne „einige Blockaden bei den Klimaverhandlungen lösen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Boris Pistorius wählt Olaf Scholz