Reaktionen auf COP27: Allianz der Unwilligen

Was hat die COP27 gebracht? Nicht viel, kritisieren Ak­teu­r:in­nen und fordern, das Konzept der Klimakonferenzen zu überdenken.

Hände und ein Stethoskop auf einem Globus.

Sieht schlecht aus für das 1,5 Grad Ziel: Protest von Ak­ti­vis­t:in­nen in Scharm al-Scheich Foto: Henrik Montgomery/TT/imago

BERLIN taz | Zwei Wochen lang trafen sich die rund 40.000 Teil­neh­me­r:in­nen in Scharm al-Scheich. Unzählige Staats- und Regierungschefs und Ver­tre­te­r:in­nen aus der Zivilgesellschaft aus fast 200 Staaten hielten Reden über das entscheidendste Problem, das die Erde bei allen bereits vorhandenen Krisen zu lösen hat. Wie das gelingen kann, darin waren sich die Teilnehmenden traditionell uneinig. Was hat das alljährliche Zusammentreffen nun also gebracht? Die Antworten nach dem zweiwöchigen Plenar- und Verhandlungsmarathon im Wüstenort fallen unterschiedlich aus.

Es sei mühsam gewesen, äußerte sich der Präsident des Gastgeberlands, Samih Schukri, über die vergangene UN-Klimakonferenz. „Am Ende haben wir geliefert“, sagte Schukri. Es sei ein großer Fortschritt in Sachen Solidarität, heißt es aus dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ). Jochen Flasbarth (SPD), Staatssekretär im BMZ, sprach sogar vom „größten entwicklungspolitischen Erfolg in der Geschichte der Klimaverhandlungen“.

Mehr als 130 Länder hatten einen neuen Fonds gefordert, der ihnen bei der Bewältigung der Schäden durch Überschwemmungen, Dürren und andere klimabedingte Auswirkungen helfen soll. Ein solcher Fonds steckt jetzt im Abschlusstext der COP27 – und das nach jahrzehntelanger Auseinandersetzung, ob und wie die Staatengemeinschaft für Schäden und Verluste aufkommen soll. Dass es überhaupt zu einem Fonds kommen wird, daran gab es im Vorfeld Zweifel. „Ich bin so froh, dass sie sich geirrt haben“, sagte die Klimabeauftragte der Marshallinseln, Kathy Jetnil-Kijiner. Wie der Topf finanziert werden soll, steht jedoch noch nicht fest.

Die EU hatte vorgeschlagen, dass auch wichtige Schwellen- und Industrieländer in den Finanztopf einzahlen sollen. Schwellenländer mit hohen Emissionen wie etwa China müssten dann ebenfalls einen Beitrag leisten.

Auch die USA treten auf die Bremse

Aber China sieht sich nach Worten seines Klimaunterhändlers Xie Zhenhua nicht in der Verantwortung, in einen Geldtopf für Klimaschäden einzuzahlen. Entwicklungsländer, zu dem sich China weiterhin zählt, sollten auf „freiwilliger Basis“ einzahlen.

Klimaforscher Mojib Latif

„Die 1,5-Grad-Marke werden wir auf jeden Fall reißen“

Auch die USA treten bereits auf die Bremse: Eine juristische Haftung oder Entschädigung für hauptsächlich von den Industriestaaten verursachte Klimawandelschäden sei ausgeschlossen. Der Fonds werde sich allein darum drehen, was akut gegen Klimaschäden getan werden kann, teilte das US-Außenministerium mit.

„Wir verschwenden zu viel Zeit damit, über den Mechanismus zu diskutieren“, kritisierte währenddessen Farah Kabir, Leiterin von ActionAid in Bangladesch. Ähnliche Kritik äußerte auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres: Der Fonds sei wichtig. „Aber er ist keine Antwort darauf, wenn die Klimakrise einen kleinen Inselstaat von der Landkarte spült – oder ein ganzes afrikanisches Land in eine Wüste verwandelt.“ Die Welt müsse ihre Klimaambitionen deutlich verstärken – und genau das passiert nicht, kritisieren einige.

„Wir haben bei der Minderung (von Emissionen) versagt“, stellte die Umweltministerin der Malediven, Aminath Shauna, fest. Das Ergebnis der COP27 ist auch: Kein fossiler Ausstiegspfad. Kein klares Bekenntnis zu den im Jahr 2015 in Paris beschlossenen Klimazielen. Die einvernehmliche Kritik vieler Ak­teu­r:in­nen lautet deshalb: In Scharm al-Scheich wurde die unzureichende Klimapolitik vieler Länder einfach bestätigt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nannte das Ergebnis „dramatisch“.

Keine Pflicht zur Überarbeitung von Klimaschutzplänen

Die nächste Weltklimakonferenz findet Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Bis dahin sind die Staaten dazu aufgefordert, ihre Klimaschutzpläne nachzubessern. Eine Verpflichtung dazu gibt es nicht.

Auch deshalb hinterfragen Wis­sen­schaft­ler:in­nen, ob eine jährlich stattfindende Konferenz in diesem Format überhaupt funktionieren kann. Eine Allianz der größten Verursacher von Treibhausgasen sei möglicherweise effizienter, als mit so vielen Ländern wie möglich um Einigung zu ringen, glaubt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan Rockström. Er wünscht sich zudem mehr Wis­sen­schaft­le­r:in­nen an den Verhandlungstischen.

Eine „Allianz der Willigen“ forderte der Kieler Klimaforscher Mojib Latif im Deutschlandfunk, um gegen die Erderwärmung vorzugehen. Auf die Frage, was am Ende von der 27. Weltklimakonferenz in Scharm al-Scheich bleibt, sagte er: „Stillstand“, und kritisiert: „Die 1,5-Grad-Marke werden wir auf jeden Fall reißen.“ (mit dpa und reuters)

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