piwik no script img

Klimaschutz im WohnungsbauLieber effizient als perfekt

SPD und Grüne in Hamburg wollen beim Klimaschutz umsteuern: Statt maximaler Gebäudeisolierung soll klimaneutral erzeugte Wärme Priorität haben.

Soll helfen, das Heizen klimaneutral zu machen: Fernwärmeleitung im Bau Foto: Monika Skolimowska/dpa

Hamburg taz | Im Zuge ihrer Koalitionsverhandlungen haben SPD und Grüne in Hamburg angekündigt, beim Klimaschutz im Wohnungsbau andere Prioritäten zu setzen. So wollen sie in Zukunft nicht mehr auf Wärmedämmung um jeden Preis setzen, sondern darauf, im Zusammenspiel verschiedener Handlungsfelder den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren.

Am Montag waren Vertreter der Verhandlungsteams im Rathaus vor die Presse getreten, um einen Zwischenstand zu geben. Die Verhandlungen schritten planungsgemäß voran, sagte der Erste Bürgermeister Peter Tschen­tscher (SPD). Sie würden dadurch erleichtert, dass die Partner in spe ja schon seit einigen Jahren zusammenarbeiteten und bestimmte Politiklinien einfach fortgeführt werden könnten.

Tschentscher betonte wie die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), wie wichtig es sei, Wohnraum zu schaffen. Deshalb will Rot-Grün am Ziel festhalten, 10.000 Wohnungen im Jahr zu genehmigen, wovon 30 Prozent Sozialwohnungen sein sollen. Dabei sei vereinbart worden, mehr für Familien und gegen Leerstand und Zweckentfremdung zu tun.

Damit das Wohnen bezahlbar bleibt, wollen die möglichen Partner bei Neubauten den Standard Effizienzhaus (EH) 55 fördern und auf den Standard EH 40 verzichten. Bei EH 40 darf ein Haus noch weniger Energie verbrauchen, allerdings zu exponentiell steigenden Baukosten.

Kosten der Dekarbonisierung sollen gedämpft werden

Bei der Gebäudesanierung soll der Klimaschutz stärker mit ohnehin anstehenden Sanierungsschritten verknüpft werden. Mit diesen Vereinbarungen käme der künftige Senat Forderungen aus der Wohnungswirtschaft entgegen, die vor explodierenden Kosten bei der Dekarbonisierung des Wohnungsneubaus und der Sanierung gewarnt hatte.

Um trotzdem so viel CO2 einzusparen, wie nötig ist, um Hamburg 2045 quasi klima­neutral zu machen, sollen Bewohner klima­neutrale Wärmequellen nutzen wie die Fernwärme oder Wärmepumpen. Für die Fernwärme hatte die in städtischer Hand befindliche Hamburg Energie vergangene Woche eine Preiserhöhung von 30 Prozent bekanntgegeben.

Angesichts der hohen Investitionen in das Fernwärmenetz sei Hamburg Energie allein schon aus regulatorischen Gründen verpflichtet, die Gebühren zu erhöhen, sagte Tschentscher. Damit liege Hamburg aber immer noch auf dem Niveau vergleichbarer Großstädte.

Berufseinstieg für Migranten soll leichter werden

Die Wirtschaftssenatorin und Co-Landesvorsitzende der SPD, Melanie Leonhard, kündigte an, sich stärker um die Gruppen kümmern zu wollen, die am weitesten weg seien vom Arbeitsmarkt, etwa alleinerziehende Mütter oder Migranten. Für sie solle es „konkrete Angebote“ geben wie vom Land finanzierte Sprachkurse, insbesondere berufsbezogene Sprachförderung. Migranten soll es außerdem erleichtert werden, eine Beschäftigung zu finden, indem sie in einem ersten Schritt nicht gleich die in Deutschland geforderte Qualifikation vorweisen müssen.

Migranten sollten sich in Hamburg nicht nur sicher fühlen, sondern sich aktiv beteiligen können, sagte die Co-Vorsitzende der Grünen, Maryam Blumenthal.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • "...klima­neutrale Wärmequellen nutzen wie die Fernwärme oder Wärmepumpen."



    Ich habe lange gerätselt, wie das "klimaneutral" bei Wärmepumpen zu verstehen ist. Jetzt habe ich es: Es ist dem Klima vollkommen egal, ob die CO2-Emissionen im Gebäude- oder im Stromsektor entstehen. So gesehen sind Wärmepumpen tatsächlich klimaneutral :-)



    Ja, ich weiß, das ist etwas überspitzt formuliert, auch wenn man die Sache mit dem Grenzstrom begriffen hat, kommt noch ein (allerdings nur geringfügiger) CO2-Vorteil für die Wärmepumpen raus. Mein Haupteinwand gegen die Dinger bezieht sich auf die enormen externen Kosten, die zur Abdeckung des von ihnen verursachten Winter-Lastpeaks im Strombereich entstehen. Gebäudedämmung dürfte unterm Strich wirtschaftlicher sein.

  • Im Prinzip alles richtig, ob der Zeitpunkt der Kommunikation gut gewählt wurde, steht aber auf einem anderen Blatt. Wie kann man gleichzeitig den Preis um ein Drittel erhöhen, wenn man für die Energieart „Fernwärme“ mehr Akzeptanz wünscht?

  • aha, und wo und wie wird die Fernwärme kilmaneutral erzeugt? Und der Strom für die Wärmepumpen? Das ist doch genau so wie mit den Wasserstoffnetzen die gebaut werden sollen bevor man weiss wo das H2 herkommen soll oder genauer in der Hoffnung dass wennn die Netze existieren, das H2 sich schon irgendwie finden wird. Erinnert an den "Cargo-Cult" den es auf einigen pazifischen Inseln gab und gibt. Und anscheinend in Hamburg und anderen Teilen der deutschen Politik.