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Klimaschutz im StraßenverkehrE-Autos sind nicht die Lösung

Elektro-Autos allein würden für die Umwelt wenig bringen, sagen alternative Rohstoffexperten. Wichtiger sei es, die Zahl aller Autos zu reduzieren.

Hoffnungsträger für VW: Im Werk Zwickau beginnt am Montag die Fertigung des E-Autos ID.3 Foto: dpa

Berlin taz | Konventionelle Fahrzeuge gegen E-Autos auszutauschen – das ist Aktivisten zufolge nicht die Lösung der Klima- und Mobilitätsprobleme. „Ein 1:1-Austausch ist nachhaltig nicht machbar“, sagt Michael Reckordt, Rohstoffexperte der Nichtregierungsorganisation PowerShift, der taz.

Ein Problem bei E-Autos ist der Strom für den Betrieb: Stammt er nicht aus erneuerbaren Quellen, ist die Ökobilanz schlecht. Noch problematischer sind die Rohstoffe, die für die Produktion von E-Autos gebraucht werden. Zum Beispiel Lithium, Nickel oder Kobalt werden oft unter desaströsen Umständen für ArbeiterInnen und Natur abgebaut.

Bei der Lithiumgewinnung etwa wird extrem viel Wasser verbraucht, was in Abbaugebieten wie Bolivien oder Chile der Landwirtschaft fehlt. Beim Nickelbau etwa in Indonesien und auf den Philippinen wird saures Grubenwasser freigesetzt, das in Böden, Flüsse und Grundwasser gelangt. Außerdem leiden ArbeiterInnen wegen der frei gesetzten Schadstoffe an Lungen- und Herzkrankheiten.

Der Abbau von Kobalt, vor allem im Kongo, ist mit Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit verbunden. Außerdem: Auch Elektrofahrzeuge blockieren öffentlichen Platz und verstopfen Straßen.

Trotz aller Unzulänglichkeiten: Im Zweifel hält Reckordt ein E-Auto für besser als ein konventionelles. „Auch bei herkömmlichen Autos gibt es Probleme bei der Rohstoffgewinnung“, sagt Reckordt. Der verarbeitete Stahl etwa werde oft unter katastrophalen menschenrechtlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen produziert. Autohersteller sollten deshalb generell für transparente Lieferketten sorgen, damit nachvollziehbar wird, ob die verarbeiteten Rohstoffe unter vertretbaren Umständen gewonnen werden, fordert er. Auch dürfe nicht vergessen werden, welche Umweltschäden die Ölgewinnung und der Transport für herkömmliche Antriebe verursachten.

Insgesamt müsse die Anzahl der Autos sinken, sagt Reckordt. „Dabei können E-Autos ein Teil der nötigen Verkehrswende sein“, betont er. Sie könnten etwa für Handwerker sinnvoll sein. Die Kommunen müssten sich grundsätzlich vom Konzept der autogerechten Stadt abwenden, das Pkw gegenüber FußgängerInnen und RadlerInnen Vorrang gibt. Außerdem müsse der öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) drastisch ausgebaut werden.

Nur wenige E-Busse im Einsatz

Allerdings hat auch im ÖPNV die Zeit der E-Mobilität gerade erst begonnen. Ende 2018 hatten die mehr als 600 im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ganze 97 Elektrobusse in Betrieb – von insgesamt rund 35.000 Bussen. „Der Zulauf der E-Busse erfolgt in den Verkehrsunternehmen kontinuierlich. Allein die Hamburger Hochbahn bekommt ab Anfang November 30 neue E-Busse“, sagt Eike Arnold, Sprecher des VDV.

Etliche Verkehrsbetriebe kaufen aber nach wie vor Diesel-Busse, weil die billiger und E-Fahrzeuge aufgrund der großen globalen Nachfrage schwer zu bekommen sind. „Das Verhältnis der neu beschafften Dieselbusse zu Elektrobusse verändert sich kontinuierlich in Richtung E-Busse“, berichtet Arnold. „Ein Wendepunkt ist noch nicht seriös absehbar.“

Deutsche Nahverkehrsunternehmen kaufen vor allem in China, in den Niederlanden oder Polen E-Busse. „Die europäischen Hersteller sind noch nicht in der Lage, den vollen Bedarf bei den Unternehmen zu decken“, sagt Arnold. Zum Beispiel liefere der Hersteller MAN noch immer keine E-Busse. Das soll sich im kommenden Jahr ändern. Daimler hat mit der Auslieferung von E-Bussen gerade begonnen.

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17 Kommentare

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  • Wer 48 Millionen Autos mit Ver-brennungsmotor durch 48 Millionen Elektro- und Wasserstoff-Autos ersetzen will, der hat nix kapiert.

    Seien wir wir ehrlich, hier wird nur ein Hilfsprogramm für die Autoindustrie aufgelegt. Was sagt Fridays for Future dazu?

  • Autos müssen deutlich kleiner und weniger werden, keine Frage.

    Es wäre auch sinnvoll das Geld nicht palettenweise in die E-Autoförderung zu werfen (hier erstaunlicherweise ohne Bedürftigkeitsprüfung). Es wäre viel besser aufgehoben bei der weiteren Forschung zur Brennstoffzelle. Ansätze, das aktuelle Problem mit der nötigen Komprimierung zu lösen gibt es inzwischen mehrere, marktreife werden sie phne Geld aber kaum erlangen.

    Stattdessen wird der dritten Welt durch den asssozialen Lithiumabbau noch der Rest gegeben ...

    • @Nachtvogel:

      Chile ist für Sie ein Dritte-Welt-Land?! Naja, diese Klassifizierung ist sowieso ziemlich aus den Achtzigern...

      Lithium kommt momentan von dort weil es da am billigsten zu haben ist...selten ist das Zeug aber nicht gerade, das gibt es auch im Erzgebirge und sogar die Gewinnung aus Meerwasser ist denkbar! Regt Euch also nicht über die Lithiumgewinnung auf, bloß weil in der BILD-Zeitung irgendeine aufmerksamkeitserheischende Katastrophenreportage war...die Förderung von Erdöl ist um einiges schmutziger, da kräht bloß kein Hahn mehr danach...

  • Aus anderen Laendern liest man, das E-Busse wirklich in Stueckzahlen eingekauft werden, nicht nur ein paar Vorzeigeexemplare fuer den Phototermin mit der Lokalpresse.

  • Vieles richtig und dennoch unvollständig. Immer wieder werden Wahrheiten vorsätzlich oder fahrlässig unterschlagen. Richtig ist vielleicht, dass ein 1:1 Austausch mit dem gegenwärtigen Strommix nachhaltig nicht machbar ist. Richtig ist auch, wenn der Strom regenerativ erzeugt wird. Falsch ist allerdings, wenn bei der Betrachtung der Energieaufwand für die Erzeugung, Transport, Vertrieb etc. des konventionellen Kraftstoffes (vorsätzlich oder fahrlässig) vergessen wird. Es sei in diesem Zusammenhang auf folgenden Betrag verwiesen:

    www.springerprofes...obilitaet/16673694

    Demnach ist für die Bereitstellung eines Liters Kraftstoff an der Zapfsäule die Energie eines weiteren Liters Kraftstoff erforderlich. Ein 6 Liter Fahrzeug verbraucht demnach 12 Liter/100km.

    Im Übrigen: Regenerative Energieerzeugung ist in Wüsten von Afrika problemlos möglich und war auch schon ein Projekt. Deutsche Konzerne haben sich vor Jahren aber wieder zurückgezogen, weil es nicht „wirtschaftlich“ war. Heute ist es aus anderen Gründen nicht mehr möglich – auch, weil der Westens alles zerschlagen hat.



    Scheinheilig ist es dann auch, wenn bei der Herstellung von Rohstoffen sich plötzlich der Umwelt und der Menschenrechte erinnert wird. Bei der Herstellung und Erzeugung von Bekleidung, Obst/ Gemüse (Stichwort: Avocado), Fleisch, Pestiziden ist das alles unwichtig.

    Die Römer befanden, dass sie alles richtg machen und sind trotzdem untergangen.

  • 9G
    90618 (Profil gelöscht)

    E-Busse sind eine gute Sache, wenn man sie mit Oberleitungen oder Stromschienen statt Batterien betreibt. Höhere Effizienz und reduzierte Emissionen erreicht man, wenn man sie statt mit Gummireifen auf Asphalt mit Stahlrädern auf Schienen fahren läßt. Diese Art der Elektromobilität gibt es übrigens seit über 100 Jahren und nennt sich "die Elektrische", "Tram" oder "Straßenbahn".

  • Die schnelle Loesung liegt allem darin, kleinere Autos zu bauen, die fuer die meisten Fahrtzwecke ausreichend sind. Z. B. drei kleine L7e-Elektroautos mit dem Gewicht eines Teslas.



    Aber dafuer gibt es in Deutschland gleich gar keine Foerderung. Nicht mal ein Drittel ...

  • hier noch mal der link über den stromanteil erneuerbarer ernergien



    www.foederal-erneu...2017/ordnung/2017/

  • weniger autos ist richtig die städte sind zu verstopft(bin taxifahrer).



    tesla baut inzwischen akkus ohne lithium.



    in holland werden akkus von e-autos,handy,computern usw. zu fast 100% recycelt.



    es wird mit hochdruck an feststoffbatterien geforscht die mit wenig energieaufwand und unschädlichen und billigen rohstoffen



    produziert werden und gleichzeitig mehr power haben und schnell ladbar sind.



    in norden ist co2freier strom massenhaft vorhanden dort stehen die windkraftwerke oft still weil zuviel windstrom im netz ist.also von daher ist es richtig dass vw seine batterieproduktion in norddeutschland (salzgitter)aufbaut weil dadurch die produktion co2frei ist.

    der anteil der erneuerbaren energien am bruttostromverbrauch beträgt in mecklenburg-vorpommer 173% in schleswig-holstein 160% und niedersachsen 65% .das dürfte inzwischen einiges mehr sein denn die zahlen sind aus 2017.

    www.foederal-erneu...erbarer_/#goto_772 .

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Liebe Regierung: seht es endlich ein! Ein allgemeines Tempolimit ist das Gebot der Stunde! Sowie eine PS- und Gewichtsreduzierung (über die Steuerkeule). Und vorher jagd ihr die Lobbyisten der Autoindustrie und der Energiewirschaft aus euren Vorzimmern, bzw. von ihren Ministersesseln!

  • Wenn es nur nicht so nervig wäre, hier alle paar Tage den Unsinn von Ignoranten und Augenwäschern zu lesen. Gut muss ja niemand, ich auch nicht, bin also selbst schuld, wenn ich mich aufrege. Aber mittlerweile nur noch zum Spaß, weil mit Logik und Verstand sowieso niemand mehr was anfangen kann!

    Zur Kenntnisnahme: E-Mobile werden ausschließlich benötigt, um den EU CO2 Durchschnittswert für Fahrzeugflotten (hauptsächlich für SUVs) herunter zu rechnen.



    Die Umweltschäden bei der Ressourcengewinnung für E-Mobile ist doppelt so hoch, wie für für herkömmliche PKW.



    Das Recycling von E-Mobile/Battereien ist quasi nicht existent; für z.B. Stahl Routine seit Dekaden!

    Dann ersetzt doch die 800 Millionen fossilen PKW durch E-Mobile! Und exportiert die Gebrauchtfahrzeuge zu den Marsmännchen, damit sie dort die Atmosphäre aufheizen. Und vergesst beim Export nicht, selbst einzusteigen!

    • @Drabiniok Dieter:

      Mir sind Leute grundsätzlich sympatisch, die "ignorant" mit "alle anderen ausser mir" definieren.

      Ironie? Aber nicht doch.

      Und nun zu den Kartoffeln:

      E-Mobile werden wir brauchen. Nur... so viele und so grosse wie's jetzt Verbrenner gibt wäre eine Katastrophe. Insofern sehe ich die Prämie, wie sie jetzt ist, als Katastrophenförderung. Ab einer gewissen Fahrzeuggrösse (ich denke so in der Gegend eines Smart) sollte es einfach keine Prämie mehr geben.

      "Die Umweltschäden... ist doppelt so gross"

      Na ja. [Citation needed]

      "Das Recycling von E-Mobile..."

      Was Kobalt (oder Nickel) betrifft, sind die schon ganz gut: das Zeug ist nämlich teuer.

      Lithium macht derzeit (leider) nur rd. 3% der Kosten einer Batterie [1] -- die Industrie schmeisst sowas weg, solange sie nicht gezwungen wird. Also müssen wir sie zwingen. Pilotprojekte gibt es allerdings schon für das Lithium-Recycling.

      In einem sind wir uns einig: Individualfahrzeuge müssen viel weniger und auch kleiner werden. Solange Schlangenzu... [2] äh die Autolobbyisten im Fahrzeugbundesamt Schreibtische haben... sieht es schlecht für den Rest der Menschheit aus.

      [1] waste-management-w...ecycling-challenge

      [2] en.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%ADma

      • @tomás zerolo:

        "E-Mobile werden wir brauchen." Laut EU für den genannten Zweck.



        Schön auf Linie bleiben, für dieses dauerhaft zusätzliche Typensegment, mit dessen "Null-Emissionen" oder "klimaneutral" Marketing, auch dem ÖPNV argumentativ zusätzliche Konkurrenz entsteht.

        Doppelte Umweltschäden: wdr "Kann das Elektroauto die Umwelt retten?" Ca. Minute 29.20



        www.youtube.com/watch?v=aS_xTJmzdgA

        Man ist schon ganz gut mit...Recycling? Sorry!!! Wir sind wieder einmal mit dem sprichwörtlichen Flugzeug gestartet, und hoffen, dass die Landebahn am Zielort rechtzeitig fertig wird. Was in Laboren, in Pilotanlagen oder Forschungseinrichtungen unter Laborbedingungen funktioniert, ... bedeutet außer Augenwischerei gar nichts. Siehe das Müllrecycling in der Zusatzindustrie "Duale System". Vom derzeitig (exportierten) Elektroschrott und erst von den Atommüllendlagern, noch gar nicht geredet.

        Den Energiebedarf, den gegenwärtigen Energiemix bei uns und in den E-Auto Importländern verdrängen wir auch lieber, bei der "Umwelt- und Klimabilanz". Ebenso die Rohstoffkonkurrenz, um zwangsläufig knapper werdende Ressourcen für unsere übrige Alltags-Hochtechnologie (Kommunikation).

        Es ist nur eine zusätzlich Antriebsart und zusätzlich Konkurrenz für den ÖPNV. Keine Lösung! Nicht einmal im Ansatz. Weder bei uns, und schon gar nicht im globalen Maßstab.

        Das Problem ist nicht das KFZ-Bundesamt! Das Problem steckt im Kopf der Realitätsverweigerer und Ignoranten.

  • 0G
    07954 (Profil gelöscht)

    Da werden immer wieder diese Pseudoexperten zitiert und dann politisch oportune Schlüsse gezogen. Oder doch anders rum? ÖPNV muss ausgebaut werden, bezahlbar! Da spielt Erdgas und el. Oberleitung eine wichtige Rolle. Old technology mit hohem CO2 Einsparpotential, kostengünstig und sofort umsetzbar.

  • Sagt so etwas ganz laut!

    Die Autoindustrie hat sich noch lange nicht von ihrem Fetisch "WACHSTUM!!!" verabschiedet. Doch wird das ein wesentliches Element unseres Überlebens sein.

    • 0G
      06137 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Wachstum in den falschen Branchen mag falsch sein, Wirtschaftswachstum im Allgemeinen jedoch nicht. Auch Investitionen in Umweltschutzmaßnahmen, CO2-Vermeidung, regenerative Energien oder Aufforstung, um nur einige zu nennen, steigern das BIP und führen somit zu Wachstum.

      • @06137 (Profil gelöscht):

        Dieses Wachstum verklärt aber die Gefahr, dass die Erde kollabiert. Denn es suggeriert, das wir alles im Griff haben. Wenn dann noch in den nächsten 30 Jahren drei Milliarden Menschen hinzukommen ist alles zu spät. Weniger ist mehr, muss die Devise lauten.