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Klimaschutz bei BriefzustellungPost will Inlandsflüge einstellen

Die Deutsche Post könnte auf ihre sechs Flüge pro Nacht verzichten und auf Lkw umstellen. Dafür aber muss eine Vorgabe zur Briefbeförderung geändert werden.

Laut einer Verordnung müssen 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein Foto: Monika Skolimowska/dpa

Berlin dpa | In der Diskussion um Klimaschutz hat die Deutsche Post eine Einstellung ihrer Inlandsflüge zur Briefbeförderung in Aussicht gestellt. Würde eine gesetzliche Vorgabe zur schnellen Beförderung von Briefen geändert, könnte das Unternehmen auf die sechs Flüge pro Nacht verzichten und die Briefe stattdessen per Lkw transportieren, sagte Post-Vorstand Tobias Meyer der Deutschen Presse-Agentur in Bonn. Dadurch würde der CO2-Ausstoß bei der Briefbeförderung verringert. Meyer bezog sich auf eine Post-Forderung von 2019, die von der Koalition aus Union und SPD nicht aufgegriffen wurde.

In das Thema könnte bald Bewegung kommen. Denn im Ampel-Koalitionsvertrag heißt es, bei der Novelle des Postgesetzes sollten „sozial-ökologische Standards“ weiterentwickelt werden. Hierauf verwies eine Sprecherin des inzwischen grün geführten Bundeswirtschaftsministeriums.

Kritik von der FDP

Von montags bis freitags sind drei Flugzeuge nachts für die Briefbeförderung unterwegs, sie fliegen hin und zurück auf den Strecken Hannover-München, Hannover-Stuttgart und Berlin-Stuttgart. Laut einer Verordnung müssen 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein. Würde dieser Prozentwert abgesenkt, hätte die Post weniger Zeitdruck und könnte die Flugzeug-Briefe auf die Straße verlagern, so die Überlegung der Post.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, äußerte sich kritisch. Durch eine Abschwächung der Beförderungsvorgabe würden viele Briefe erst einen Tag später ankommen. Es gebe noch immer viele Menschen, denen eine möglichst schnelle Briefbeförderung wichtig sei, so Houben.

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13 Kommentare

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  • Wenn der ICE auf der Strecke Hamburg-München Post transportieren würde, dann wäre das nur für den Preis zu haben, dass der ICE so lange wie ein Regionalzug braucht, weil der Austausch der Post an den Zwischenstationen nicht in 30 Sekunden zu machen ist. Die Postgesellschaften haben eine gesetzliche Pflicht, 80% der eingelieferten Briefe am nächsten Tag zuzustellen. Es gibt halt Strecken innerhalb Deutschlands, die diese Zielvorgabe nicht ohne Nutzung von Flugzeugen erreichen können.

  • "Würde dieser Prozentwert abgesenkt"

    Diesen Gedanken kann man ja fast endlos fortspinnen.



    Lastenfahrrad, Pferdefuhrwerk, Ochsenkarren, ... Wie ist noch mal der Marathonlauf erfunden worden.

  • In Berlin wurden früher™ sogar Pakete per Straßenbahn innerhalb der Stadt transportiert. Und Briefe zwischen den Postämtern per Rohrpost.

    Und plötzlich soll ausgerechnet der Transport per LKW als zukunftsweisend gelten?

  • Hanover-München sind per Straße knapp 700 km. Ein LKW braucht mindestens 10 Stunden. Also zwei Fahrer, oder 11 Stunden Pause.

    Ein ICE braucht etwa 4 Stunden.

    Nur: Güter-ICEs gibt's leider nicht, und durch unsere marode Infrastruktur braucht ein normaler Güterzug etwa 20 Stunden für diese Strecke - und ist wegen der politischen Bevorzugung der Straße dazu noch teurer als der LKW.

  • Und warum wird auf LKW umgesattelt und nicht auf die Bahn?

    Da zeigt sich das Grundproblem.

  • Die Post will sich kaputt sparen und selbst abschaffen. Die Gebühren steigen trotzdem jedes Jahr.

    Und währenddessen stockt AmazonAir auf 80 Flugzeuge auf.



    Damit sind kleine Versandhändler im Nachteil, die auf DHL angewiesen sind.

  • Ich dachte, wir leben in der Zukunft.



    Kann man das Fernzugnetz nicht auf die drei- oder vierfache Geschwindigkeit ausbauen?

  • Sicher geht es der Post nur um das Klima, nicht um die Kosten.



    Und wenn schon nicht mehr 80% am nächsten Tag, dann auch gleich die Zustellung auf max. 4 Tage die Woche einschränken.

  • Bernhard Schulz , Autor*in ,

    Zur Kaiserzeit gab es in Berlin drei Zustellungen am Tag, hat mir meine Oma selig erzählt. Man konnte sich an ein und demselben Tag hin- und herschreiben.

    Aber nun gut, dafür ham'wa heute Internet.

    • @Bernhard Schulz:

      Früher gab's auch Posttransport mit der Bahn inkl. Sortierung während der Fahrt.



      "Und was haben wir heute? Freitag" (W.Finck)

  • Die Älteren unter uns werden sich erinnern, dass Briefe mit der Bahn transportiert wurden. Was aus zwei offensichtlichen Gründen nicht mehr möglich ist. Die Briefzentren wurden weitbweg von der Bahninfrastruktur verlagert und über den Zustand der Güterbahn in Deutschland braucht man wohl nicht weiter zu reden. Das tun schon unsere darob fassungslosen europäischen Nachbarn.

  • Gute Güte, die FDP wieder.



    Nichts, was per Standardpost verschickt wird, ist so dringend, dass es nicht einen Tag länger dauern kann. Aber die FDP macht deutlich, für was sie steht: den individuellen Egosismus über alles andere stellen.

  • Lasst das mit dem Lastauto longdistance doch vielleicht ?! Flug heißt ja: zusammensammel zum Sammelpunkt dann flieg zum Verteilpiunkt dann verteil: Ginge ebensogut und womöglich fastsoschnell mit nem Güter-ICE/TGV/... . Müsste post halt nur das Bahnpostamt selig wiedererfimden, also ihren Verteilzentren wieder nen Gleisanschluss gönnen. (Es sei denn, post will kurze Flugzeit plus längeren Sammelundverteilaufwand durch zahlreiche einzelne Direktfahrten kompensieren und so an Sammelverteilzeit einsparen ). Der Besitzer beider Systeme (Post, Bahn) hat grad letzte Woche das Management gewechselt und heißt jetzt: Klima.