Klimaresilienter Volkspark Hasenheide: Nicht alles, was ginge, geht
Die Hasenheide soll klimaresilient werden. Geld ist da, die Pläne sind gefasst. Aber bestimmte Ideen lassen sich nicht ohne Weiteres verwirklichen.
Aber dazu später mehr. Das Setting, in dem diese und viele andere Fragen am Donnerstagabend dikutiert werden, ist idyllisch: Die Infoveranstaltung mit dem Titel „Klimaresiliente Hasenheide“, zu der das Bezirksamt Neukölln eingeladen hatte, findet auf der kleinen Bühne im Freiluftkino statt, ein paar Dutzend Interessierte sind gekommen und freuen sich über das spätsommerlich milde Wetter und an den Sonnenstrahlen, die durch das Laub brechen. Was nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Hasenheide – nutzungs- aber eben auch klimawandelbedingt – unter enormem Stress steht.
Rund 400 Bäume, ungefähr 10 Prozent des Bestandes, mussten in den vergangenen drei Jahren wegen Schäden vorzeitig gefällt werden. Im Hochsommer werden die Wiesenflächen zu einer gelben Steppe, und an vielen Stellen ist der Boden durch Übernutzung extrem verdichtet und steinhart. „Der Park ist in einem schlechten Zustand“, sagt Neuköllns grüner Umweltstadtrat Jochen Biedermann zum Auftakt, gleichzeitig sei die Fläche ein „riesiges Biotop, in dem es nichts gibt, was nicht wichtig wäre“ – zur Verdeutlichung zählt er gleich ein paar Vogelarten von Gartenbaumläufer bis Waldkauz auf.
Geld nur bis Ende 2024
Auch Biedermann und seine MitarbeiterInnen vom Straßen- und Grünflächenamt stehen in Sachen Hasenheide unter Stress – aber unzufrieden sind sie trotzdem nicht: Schließlich erhält der Bezirk für sein Modellprojekt „Klimaresiliente Hasenheide“ rund 5 Millionen Euro Bundesmittel aus dem Förderprogramm zur Klimaanpassung und Modernisierung in urbanen Räumen. Das einzige Problem, das den Verantwortlichen nach eigener Auskunft schlaflose Nächte bereitet hat: Gemäß den Anforderungen des Bundesprogramms müssen die Mittel schon bis Ende 2024 investiert worden sein.
Zwei Jahre sind wahrlich wenig Zeit, vor allem, wenn man das Lebensalter von Bäumen oder die Geschwindigkeit deutscher Bürokratie zum Vergleichsmaßstab heranzieht. Aber die Hausaufgaben sind gemacht, wie Dorothea Hokema vom Straßen- und Grünflächenamt (SGA) erläutert: Der sogenannte Pflege- und Entwicklungsplan ist schon fertig, jetzt prüft ihn das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung bis Dezember, und wenn alles gut geht, könnten vor dem Jahreswechsel schon die ersten neuen Bäume gepflanzt werden: 650 sollen es bis Ende 2024 sein.
Wobei es hier nicht einfach um eine Art Wiederaufforstung geht – weit gefehlt. Oder in den Worten des vom Bezirk mit der Umsetzung beauftragten Landschaftsachitekten Johann Senner, der Büros in Überlingen, Stuttgart, München und Berlin betreibt: „Es reicht nicht, in die Baumschule zu gehen und 650 Bäume zu kaufen.“ Man müsse gleichzeitig das Problem des Wasserhaushalts angehen, denn die sandigen Böden in dem auf einer eiszeitlichen Kuppe gelegenen Parks ließen das Nass viel zu schnell ablaufen, und der Grundwasserspiegel befinde sich an dieser Stelle in 15 bis 20 Meter Tiefe. Von der steigenden Verdunstung der Pflanzen in trockenheißen Sommern ganz zu schweigen.
Schattenoasen und Schluff
Senner erläutert die Pläne seines Berliner Büros, bei denen es um die Anlage von „Schattenoasen“ und die Einführung hitzeresistenterer Baumarten ebenso geht wie um Mulden zur Speicherung von Niederschlag und das gezielte Einbringen von wasserundurchlässigeren Bodenbestandteilen wie Schluff. Ihm schwebt ein Naturmanagement vor, bei dem einzelne Flächen immer wieder aus der Nutzung herausgenommen, sprich: abgesperrt werden, um sich regenerieren zu können. Das schließt auch die Chance zur natürlichen Verjüngung des Baumbestands mit ein: Beim anschließenden Rundgang weist Senner darauf hin, dass der Boden an vielen Stellen dick mit Eicheln übersät ist, junge Eichen aber kaum zu finden sind.
Was unweigerlich zu Fragen der Anwesenden führt, wie künftig mit bestimmten NutzerInnen-Gruppen umzugehen sei: den allgegenwärtigen Dealern etwa, die im ohnehin spärlichen Unterholz ihre Ware bunkern, den RaverInnen, die hier in langen Sommernächten Party machen, oder denen, die auf den Wiesen Fußball spielen oder sich mit der Gymnastikgruppe ausbreiten. Dazu hat Senner natürlich auch keine fertigen Antworten parat. Immerhin was den Sport angeht, wollen er und seine PlanerInnen den großen gepflasterten Platz am Fuß des Jahn-Denkmals baulich aufwerten und so eine Ausweichfläche anbieten.
Und das Schwimmbadwasser? Ist auch Teil von Senners Strategie: Zusammen mit dem Regen, der sowohl auf den Columbiadamm als auch auf benachbarte Dachflächen wie das „Bauhaus“ fällt, will er es in den Park leiten und reinigen. Genutzt würde es teils zur direkten Anschubbewässerung im Frühling, teils als Vorrat in einer noch zu bauenden Zisterne oder im Rixdorfer Teich in der südwestlichen Parkecke.
Aber, wie Andreas Luczynski vom SGA gleich einhakt, so einfach laufen die Dinge eben nicht: „Die Lösung ist auf jeden Fall die richtige, aber in den nächsten zwei Jahren wird das Wasser aus dem Columbiabad definitiv nicht verfügbar sein.“ Das sei nicht so sehr ein technisches als ein verwaltungsrechtliches Problem. Senner stimmt ihm zu: „Das Wasser wechselt den Besitzer, das ist kompliziert. Aber es muss jetzt schon diskutiert werden – sonst passiert am Ende gar nichts.“
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