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Klimapolitik unter Schwarz-RotMerz kann die Energiewende nicht ignorieren

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Die Bedrohung durch den Klimawandel steht der durch Russland oder China in nichts nach. Auch ein Kanzler Merz muss Klimaschutz betreiben, ob er will oder nicht.

Marsberg, Sauerland, August 2024: Friedrich Merz steigt auf das Maschinenhaus einer Windkraftanlage Foto: Friso Gentsch/dpa

M anchmal trägt die Hoffnung lange Namen: Nationale Interdisziplinäre Klimarisiko-Einschätzung zum Beispiel. Ein kompaktes orangefarbenes Büchlein, geschrieben vom Auswärtigen Amt, Klimainstituten – und Bundeswehr-Uni und Bundesnachrichtendienst. In sehr vielen Worten steht darin: Der Klimawandel ist gefährlich, so gefährlich wie Russland und der Terrorismus. Und wir, Militär und Geheimdienst, wissen das. Wir sind uns sicher.

Wenn Friedrich Merz Kanzler wird, wird der Präsident des Bundesnachrichtendienstes ihm sagen: Ja, Russland ist gefährlich, China auch, finden wir. Und worüber Sie sich genauso Sorgen machen sollten, ist die Erderhitzung.

Die letzte schwarz-rote Koalition, die bis 2021 amtierte, hatte die deutsche Energiewende abgewürgt. Natürlich kommen da schlechte Erinnerungen hoch, Sorgen um den Klimaschutz ohne die Grünen in der Regierung. Im Wahlkampf meinte Merz noch, Wirtschaft und Klimaschutz gegeneinander ausspielen zu müssen.

Es kann gut sein, dass die nächste Koalition katastrophal fürs Klima wird. Aber 2025 ist nicht 2018. Es ist sehr viel schwerer geworden, keinen Klimaschutz zu machen.

Die letzte schwarz-rote Koalition hatte die Energiewende abgewürgt

Der europäische CO2-Handel gilt unvermindert, und 2027 werden noch der Gebäude- und der Verkehrssektor dazukommen. Dann werden fossiles Heizen und Verbrennerfahren sehr teuer, grüne Fernwärme und Bus und Bahn vergleichsweise günstig. Das stößt zwar auf Widerstand. Aber die EU-Kommission steht dazu; Kompromisse werden sehr wahrscheinlich die Substanz des CO2-Handels nicht anfassen.

Mächtige, behäbige Sicherheitsinteressen in Deutschland und die für Kursänderungen schwer erreichbare EU verfolgen also weiter Klimaneutralität. Darüber hinaus hat Friedrich Merz selbst etwas recht Radikales gefordert: Unabhängigkeit von den USA. Vielleicht weiß er es nicht, aber das bedeutet, mittelfristig aus dem Erdgas auszusteigen.

Denn Trumps Amerika ist der größte Flüssiggas-Exporteur der Welt. Wenn Europa nicht den fossilen US-Interessen ausgeliefert sein will, kann es kein Gas mehr importieren. Ganz abgesehen von den rund 400 Milliarden US-Dollar jährlich, die Europa bezahlt, um fossile Brennstoffe einzuführen.

Es braucht mehr als ein Weiterso

Selbst ein „Weiterso“ in der Klimapolitik ist zu langsam, um das Klimaziel zu erreichen. Wirklich gerecht wird Merz seiner Verantwortung als Bundeskanzler nur, wenn er die Energiewende noch weiter beschleunigt und im Verkehrs- und Gebäudesektor echte Fortschritte erzielt.

Das kann man berechtigterweise für unwahrscheinlich halten. Die CDU ist eng verbandelt mit fossilen Interessen. Aber auch bei Merz’ Be­ra­te­r*in­nen wird ein orangefarbenes Büchlein im Regal stehen, in dem steht: „Der BND sieht die Folgen des Klimawandels als eine der fünf großen externen Bedrohungen für unser Land.“ Um dann anders übers Klima nachzudenken, muss man noch nie einen Baum umarmt haben.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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6 Kommentare

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  • Das impliziert, Merz oder seine Wähler hätten irgendein Interesse am Gemeinwohl oder der Zukunft.



    Ein frommer Wunsch. Diese Menschen wollen, dass sich nichts ändert, bis sie sterben - der Rest ist das Problem der Anderen.

  • "...wenn er die Energiewende noch weiter beschleunigt..."



    Das ließe sich machen, wenn auf Kosteneffizienz geachtet würde: Wie spare ich mit dem stets nur spärlich vorhandenen Geld am meisten Klimagase ein?



    "...und im Verkehrs- und Gebäudesektor echte Fortschritte erzielt."



    ...und Emissionen aus dem Verkehrs- und Gebäudesektor nicht mit beträchtlichem finanziellem Aufwand - einfach nur in den Stromsektor verschoben würden. Da gibt es wirksamere Möglichkeiten.



    Es bleibt die Hoffnung, dass Merz die Sache realistischer angeht als Habeck. Immerhin dürfte ihm klar sein, dass Schuldenaufnahme nicht unbegrenzt möglich ist.

    • @sollndas:

      Genau, am Realismus ist Klimaschutz gescheitert, weil Habeck an unendliche Schulden geglaubt hat.

  • Wer lieber die Luft mit dem Privatflieger durcheinanderwirbelt, als zuzuschauen, wie bewegte Luft die Flügel von Windrädern herumwirbelt, der verdient ein geschenktes Rutscherflugzeug* zur Überquerung des Sauerlands. Er darf damit auch gerne über den Atlantik rutschen, um die alte Wertegemeinschaft neu einzukitten. Dann versteht er vielleicht physikalische Grundlagen der Unterscheidung zwischen Energiegewinnung und Energieverbrauch und dass Geldwerte wertlos sind, wenn man untergeht.

    * Ein Bobby Car mit Flügeln.

  • 2027 wird spannend.



    Trump wird versuchen Energie in den USA so billig wie möglich zu haben (zT Benzin unter 1 Euro /L). Gleichzeitig die EU erpressen um so viel Gas wie möglich zu verkaufen. Die Industrie in der EU muss Energiepreise staatlich gefördert bekommen, damit sie überhaupt noch eine Chance hat.



    Gleichzeitig wird mit dem steigenden CO2 Preis der Liter Benzin nochmal um 20ct steigen- wäre also so bei 2+ Euro/L. Und das Heizen wird für alle mit Gas oder Öl, noch die Mehrheit in D, nochmal 500+ Euro teurer.



    Dh wir werden ein großes globales Ungleichgewicht sehen und erhebliche Proteste gegen die Teuerung. In dem Feld wird Merz, und jede andere, agieren müssen.

    • @fly:

      So spannend wird das nicht.



      Dann wird kräftig von Fusionsenergie gefaselt und Kohle verfeuert. Also wie bisher.