Klimaneutraler Seeverkehr: Akku-Schiffe lohnen sich
Für Entfernungen bis 1.000 Kilometer sind batteriebetriebene Containerschiffe konkurrenzfähig. Und es gibt noch mehr Potenzial.
Die Schifffahrt ist für 2,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich und gilt als Sektor, der nur schwer Netto-null-Emissionen erreichen kann. Das liegt auch daran, dass Batterien zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde: „Die direkte Elektrifizierung von Seeschiffen wurde als emissionsarme Option bisher nur unzureichend erforscht, obwohl sie einen erheblichen Effizienzvorteil gegenüber synthetischen Kraftstoffen bietet“, schreibt eine neue Studie von Jessica Kersey von der University of California und anderen. Daher haben die Autoren die Folgen einer batteriebasierten Energieversorgung von acht Containerschiffsgrößen angeschaut – von Schiffen für 1.000 Container bis zu Schiffen für 18.000 Container.
Bei Schiffen ist das Volumen der Batterien der wichtigste Faktor, denn dadurch geht Platz für Container verloren. Für eine Strecke von 20.000 Kilometern müsste rund ein Drittel der Frachtkapazität geopfert werden. Der zweite Faktor ist das Gewicht. Mit sehr großen und schweren Batterien liegen Schiffe tiefer im Wasser und verbrauchen mehr Energie. Für eine 5.000 Kilometer lange Reise, bräuchte ein Schiff der Neo-Panamax-Klasse für 7.650 Container eine 20.000 Tonnen schwere Batterie und würde daher einen Meter tiefer im Wasser liegen. Mit 5 Gigawattstunden Strom wäre dies dann aktuell die weltgrößte Batterie.
Bei kürzeren Strecken und damit kleineren Batterien sieht die Situation aber anders aus: Wenn man wieder ein Schiff der Neo-Panamax Klasse betrachtet, zeigt sich, dass diese auf Strecken bis gut 1.000 Kilometer schon heute billiger mit Batteriestrom als mit Schiffsdiesel betrieben werden können, selbst wenn die Vorteile für die Umwelt unberücksichtigt bleiben.
Auch Ladezeit ist kein Hindernis
In der EU dürfte dieser Wert zudem demnächst deutlich steigen, denn die Emissionen der Schifffahrt sollen in das EU-Emissionshandelssystem aufgenommen werden. Dort kostet ein CO2-Zertifikat aktuell 82 Euro pro Tonne. Damit werden Elektroschiffe auf Strecken bis zu rund 3.000 Kilometer billiger sein. So ließe sich ein großer Teil des aktuellen Schiffsverkehrs abdecken: 40 Prozent aller Container werden interregional, also innerhalb Europas, oder Ostasiens verschifft. Das liegt nicht zuletzt am Gigantismus in der Schifffahrt: Erst werden Container mit riesigen Schiffen über den Atlantik oder Pazifik transportiert und dann auf kleinere Schiffe umgeladen.
Auch die Ladezeit ist kein Hindernis: Kleinere Schiffe liegen im Schnitt 31 Stunden vor oder in einem Hafen, um entladen und wiederbeladen zu werden. Wenn man diese mit einem Ladegerät von 220 Megawatt während dieser Zeit lädt, verlieren sie dadurch keine Zeit. (Zum Vergleich: Eine neue Haushaltssteckdose hat eine Kapazität von 2,3 Kilowatt, also rund 100.000-mal weniger.)
Immer mehr Reedereien experimentieren mit Elektroschiffen
Auch bei größeren Schiffen ist die Ladezeit kein Thema, denn diese brauchen länger, um ent- und beladen zu werden. Ein Containerriese mit 18.000 Containern liegt fast vier Tage im Hafen. Denkbar wäre zudem der Bau von Offshore-Ladegeräten etwa vor dem Suez- und Panamakanal. Dort warten Schiffe oft mehrere Tage, bis ihnen die Durchfahrt erlaubt wird. Zudem ließen sich die Offshore-Ladestationen mit Offshore-Windparks kombinieren.
Mittlerweile experimentieren immer mehr Reedereien mit Elektroschiffen: In Dänemark gibt es eine batteriebetriebene Autofähre, in Norwegen ein Frachtschiff für 120 Container und in Schweden die beiden größten Batterieschiffe der Welt: Dort wurden zwei Autofähren von 238 Meter Länge nachträglich mit einem Elektromotor ausgestattet.
Und auch in der Binnenschifffahrt könnten Elektroschiffe zum Zug kommen: In den Niederlanden baut ein Konsortium entlang der Flüsse ein Netz von Stationen mit Wechselbatterien auf. Mit zwei davon kann man Strecken von 60 bis 120 Kilometer zurücklegen. Und wenn das Schiff dann wieder in einem Hafen liegt, werden die Batterien ausgetauscht – eigentlich ganz einfach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour