Klimakrise in Westafrika: Desinteresse der Jungen
In Westafrika ist die Klimakrise bei der jungen Generation kein Thema. Dabei zeigen sich die Folgen überall. Eine NGO bemüht sich um Aufklärung.
Anstatt auf die Straße zu gehen, gibt es einen Workshop. Jede Art der Aktivität ist für Kakpo jedoch wichtig: „Wir haben vor fünf Jahren die NGO gegründet, weil wir festgestellt haben, dass sich die junge Generation kaum mit Klimawandel und Biodiversität befasst.“
Dabei ist vor allem der Klimawandel in ganz Westafrika spür- und sichtbarer als in vielen anderen Regionen der Welt. Entlang der Atlantikküste werden die Strände schmaler. Im Stadtteil Akpakpa im Osten Cotonous hat das Meer ganze Häuser weggefressen und nur noch Ruinen zurückgelassen. Ähnlich sieht es am Alpha Beach in der Hafenmetropole Lagos im Nachbarland Nigeria aus, wo ganze Straßenzüge verschwunden sind. Als anfällig für Überschwemmungen gilt auch die nordsenegalesische Stadt Saint Louis, die zum Welterbe der UNESCO gehört.
„Besonders die junge Generation leidet“, sagt Kakpo. Denn der Klimawandel kostet Einkommensmöglichkeiten. In Benin liegt das Durchschnittsalter bei 17 Jahren. Jedes Jahr wächst der Druck auf den Arbeitsmarkt, der ohnehin kaum feste Stellen bietet. In ganz Afrika südlich der Sahara sind 84 Prozent der Erwerbstätigen informell und unregelmäßig beschäftigt. „Wer beispielsweise einen kleinen Verkaufsstand in Strandnähe hat, läuft Gefahr, diesen bei steigendem Meeresspiegel zu verlieren.“
Extremwetter unberechenbar
Problematisch seien aber auch die unberechenbaren und mitunter heftigen Regenfälle. Auch Viertel, die nicht direkt am Meer liegen, seien von Überschwemmungen betroffen, weil das Wasser nicht ablaufen kann. Geschäfte müssen schließen. Auf dem Land kann der Starkregen indes ganze Ernten zerstören.
Ein Bewusstsein für den Zusammenhang von Klimawandel und schlechteren Lebensbedingungen gebe es bisher aber kaum, sagt Kakpo: „Immer heißt es: Das ist die Natur, das ist Gott.“ Bildungsarbeit seit deshalb wichtig: „Wir müssen mit Kindern darüber sprechen, aber auch der Landbevölkerung erklären, wie wichtig beispielsweise Wälder sind und wie nachhaltige Landwirtschaft aussieht.“
Gut 2.200 Kilometer nordwestlich von Cotonou entfernt in der senegalesischen Hauptstadt Dakar sieht Yero Sarr die Verantwortung bei der Politik. „Gibt es irgendeinen afrikanischen Präsidenten, der den Klimawandel in sein Wahlprogramm aufgenommen hat?“, fragt er und meint es rhetorisch. „Dabei bräuchten wir dringend jemanden.“ Sarr ist der Kopf der senegalesischen Fridays for Future-Bewegung und will deshalb Druck machen. Auch in Dakar geht das aufgrund der Corona-Maßnahmen nicht mit einer Demonstration. Es sei aber wichtig, wenn junge Menschen sich regelmäßig zu Wort melden würden.
„Andere Probleme“
Veranstaltungen hat der Student in den vergangenen Jahren regelmäßig organisiert. „Man darf sich das aber nicht wie in Europa vorstellen, wo Tausende auf die Straße gehen und viele Erwachsene den Protest unterstützen.“ Auch er erlebt: „Viele verstehen das Problem nicht.“ Oder die Menschen sind mit anderen Dingen beschäftigt. Laut Weltbank lebte 2018 jede*r Dritte im Senegal unterhalb der Armutsgrenze und hatte weniger als 1,9 US-Dollar täglich zur Verfügung. „Man ist damit beschäftigt, etwas zu essen zu finden und sich um die Familie zu kümmern.“
Dennoch gilt der Senegal in Westafrika als Vorreiter, wenn es um erneuerbare Energien und Umweltbewusstsein geht. Solarparks sind bereits entstanden. Eine gut 50 Kilometer lange Bahnstrecke verbindet Dakar mit dem neuen Flughafen. „Schnellbuslinien könnten künftig dazu führen, dass zumindest in Dakar immer mehr Menschen ihre Autos stehen lassen“, hofft Yero Sarr, der die Maßnahmen aber längst nicht ausreichend findet. „Es gibt noch so viel zu tun.“
Der Senegal ist allerdings nicht nur vom steigenden Meeresspiegel betroffen, sondern wie andere Sahelstaaten auch von der Wüstenbildung. Verringern sich Anbauflächen, lässt das die Binnenmigration steigen. Druck entsteht auch durch das Bevölkerungswachstum, das bei knapp 2,3 Prozent pro Jahr liegt. In den Sahelstaaten wie im Nordosten Nigerias wird zudem seit Jahren diskutiert, ob der Klimawandel den Terrorismus begünstigt. Wenn Wirtschaftsgrundlagen und Perspektiven fehlen, kann die Wahrscheinlichkeit steigen, sich Terrorbewegungen anzuschließen. Sie bieten zumindest eine Versorgung.
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