Klimabilanz der Kreuzfahrtindustrie: Schöner Kreuzfahren
Die Branche könnte ihre Klimabilanz mit relativ einfachen Mitteln verbessern. Die Industrie setzt sie nur nicht um – und der Staat lässt sie gewähren.
Die Kreuzfahrtindustrie verschmutzt Meere und Luft und bläst Million Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Dabei gäbe es eigentlich relativ einfache Mittel und Wege, um ökologischer zu werden. Die Reedereien nutzen sie nur nicht und halten sich mit kleinteiligen Symbolmaßnamen auf. „Dann hat man Bio-Essen an Bord und meint, man hat die Welt gerettet, aber fährt trotzdem mit Schweröl“, sagt Sönke Diesener. Er ist Referent für Verkehrspolitik beim Nabu Hamburg und beschäftigt sich intensiv mit dem Thema „Kreuzfahrt“. Er warnt davor, zu viel Zeit mit Greenwashing zu verschwenden.
Vor allem zwei Maßnahmen könnten massiv dazu beitragen, die Klimabilanz der Branche aufzubessern. Einmal die Nutzung synthetischer, CO2 freier Treibstoffe auf Wasserstoffbasis und zweitens die Nutzung von Landstrom im Hafen. Denn die Kreuzfahrtschiffe liegen zu etwa 40 Prozent der Zeit im Hafen. Um Strom für die Gäste zu produzieren, verbrennen sie auch dann weiterhin Treibstoff. Vor allem das Schweröl, mit dem viele Schiffe ihre Motoren antreiben, ist problematisch. Denn es hat eine verheerende CO2-Bilanz und bei der Verbrennung entsteht zusätzlich Feinstaub.
Feierlich wurde deshalb 2016 eine Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal Altona eingeweiht. Das Problem: Nur ein einziges Schiff nutze den Landstrom regelmäßig, sagt Diesener. Die Hamburger Reederei Hapag Lloyd gibt an, sie habe die Landstromnutzung mit ihrem Schiff „Europa 2“ zumindest getestet. Die anderen Schiffe sollen folgen. Bei der Hapag-Flotte handelt es sich allerdings überwiegend um kleine Expeditionsschiffe. Gerade die riesigen Kreuzfahrtschiffe anderer Reedereien sind es aber, die meist keinen Landstrom verwenden.
Laut Hapag Lloyd sei die Nutzung auch deshalb noch nicht immer möglich, weil alle Landstromanlagen, die bisher existieren – es sind nicht gerade viele –, unterschiedlich kompatibel sind. Auch die Schiffe benötigen nicht alle die gleiche Spannung. Dadurch muss bisher jede Anlage einzeln für jedes Schiff kalibriert werden. Diese Mühe sparen sich einige Reedereien einfach.
Schleppende Umstellung
Und auch bei der Umstellung auf sogenannte Biofuels geht es nur schleppend voran. Für Schiffe sind sie die einzige Möglichkeit, irgendwann klimaneutral zu werden. Denn Platz für riesige Batterien, die einen besseren Wirkungsgrad als synthetische Kraftstoffe hätten, gibt es nicht. Für die Herstellung dieser Biofuels braucht man aber enorme Mengen Wasserstoff. Woher die kommen sollen, weiß keiner so genau.
Auch weil die Schifffahrt keine Steuern auf Treibstoff zahlt und damit auch nicht von einer CO2-Bepreisung betroffen ist, gibt es nur wenige Anreize, sich allzu schnell um effektiven Klimaschutz in der Branche zu bemühen. Auch eine Pflicht für die Nutzung von Landstrom ist nicht in Sicht. In der Zwischenzeit werden die teuren Anlagen meist ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies