Klimabewegung und Gewerkschaft: Lob der betrieblichen Mitbestimmung
In Berlin tagte die IG Metall. Dabei war auch Aktivistin Luisa Neubauer. Die will einen Schulterschluss von Klimabewegung und Gewerkschaft.
Glaubt man Christiane Benner, Vizevorsitzende der IG Metall, nutzen Betriebsratswahlen nicht bloß ArbeitnehmerInnen. Sondern der Demokratie. Die Leipziger Autoritarismus-Studie habe gezeigt, dass, wer glaubt, am Arbeitsplatz Einfluss nehmen zu können, weniger anfällig für autoritäre und rechtspopulistische Muster sei. Das sagte Benner bei einer Tagung der IG Metall unter dem Motto „Mehr Mitbestimmung wagen“ in Berlin. Die Betriebsratswahlen beginnen am 1. März. 10.700 Betriebe sind beteiligt, 73.000 ehrenamtliche MandatsträgerInnen werden gewählt.
Benner erinnerte an die letzte Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 1972. Mittlerweile würden sich ebenso viele migrantische ArbeitnehmerInnen in Betriebsräten engagieren wie Menschen mit deutschen Wurzeln. Das sei ein Beispiel für gelungene Integration, so Benner. Das Motto der Ampel „Mehr Fortschritt wagen“ müsse durch den Slogan „Mehr Mitbestimmung wagen“ ergänzt werden.
„Willkommen im Land der Mitbestimmung“
Der Hintergrund: Die Ampelregierung will die Digitalisierung und den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft forcieren – in manchen Branchen, wie bei den Autozulieferern, wird das zu massiven Jobverlusten führen. Betriebsräte fürchten, dass Firmen den Umbau nutzen, um zusätzlich Jobs ins Ausland zu verlagern. Der offene Kampf zwischen Gesamtbetriebsrat und Firmenleitung, der kürzlich bei VW ausbrach, zeigt, wie hart dies werden kann. „Wir erleben knallharte Auseinandersetzungen“, so Benner, die auf Auseinandersetzungen bei Continental verwies.
In der Dienstleistungsökonomie ist der Einfluss von Betriebsräten rückläufig. Nur noch 40 Prozent aller Arbeitnehmer werden von Betriebsräten vertreten. Benner sieht gleichwohl Positives, wie die Gründung eines Betriebsrats bei Tesla „Wir sagen Elon Musk selbstbewusst: Willkommen im Land der Mitbestimmung.“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte, Fortschritt dürfe „sich nicht nur für eine Minderheit auszahlen, während die Verwundbaren auf der Strecke bleiben“. Bemerkenswert war der Auftritt der „Fridays for Future“ (FFF)-Aktivistin Luisa Neubauer. Bis 2030 müssten die globalen Emissionen halbiert werden, dabei seien sie in den letzten beiden Jahren noch gestiegen, so Neubauer. Die Transformation müsse schnell kommen, warte man länger, werde sie bestimmt „ohne Mitbestimmung“ durchgesetzt. Michael Brecht, Gesamtbetriebsratschef von Daimler Truck, berichtete von Zweifeln an der Basis.
Die IG Metall müsse auch jene mitnehmen, die „täglich schlechte Erfahrungen mit der Transformation machen“ und dafür die Klimabewegung fälschlich verantwortlich machen. Bei Betriebsratswahlen müsse die IG Metall gegen Listen von Rechtspopulisten antreten. „Wenn FFF sagt: ‚Löst das Problem!‘, ist das zu wenig“, so Brecht. Neubauer forderte die IG Metall auf, sich am Klimastreik am 25. März zu beteiligen. Sie strebe einen „Schulterschluss von Gewerkschaften und Klimabewegung“ an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands