Klimaabkommen von Paris: Gibt es Vertrauen in der Politik?
Am 22. April wird das Klimaabkommen von Paris unterzeichnet. Beinahe wäre es gescheitert. Gerettet hat es eine Strategie des Miteinanders.
Am 12. Dezember 2015 schlug Laurent Fabius mit seinem Hammer auf dem Tisch. „L'accord de Paris est accepté“, sagte er auf der Klimakonferenz in Paris als Gastgeber und Außenminister Frankreichs. „Das Abkommen von Paris ist angenommen“. Der Saal, die Welt, alle jubelten. Denn die Ergebnisse der Konferenz waren weit ambitionierter als die meisten erwartet hatten: Die Klimaerwärmung soll auf unter 2 Grad begrenzt werden, möglichst auf 1,5 Grad. Die Staaten verpflichten sich, in nachhaltige Energien zu investieren, in Naturschutz und Gerechtigkeit.
Am 22. April wird das Klimaabkommen in New York unterzeichnet. Dann muss es nur noch Realität werden.
Doch kurz bevor Fabius zum Hammer griff und unbemerkt von der Öffentlichkeit wäre die Konferenz beinahe gescheitert. So wie viele vor ihr. Während sich Beobachter und Journalisten zunehmend begeistert über den Textentwurf beugten, witterten im Hintergrund manche eine Verschwörung.
Jemand hatte den Entwurf geändert. Da stand etwas, das in keinem der vorigen Entwürfe stand. Kurz vor der finalen Abstimmung kamen Zweifel auf. War das Sabotage, um den Vertrag im Plenum scheitern zu lassen? „Vielleicht ist der Text von außen gehackt und verändert worden“, vermutete eine Insiderin.
Bis dahin lief alles gut. Fabius und sein Team hatten die Konferenz bis ins kleinste Detail geplant. Sie lächelten, hielten die Stimmung hoch, sie verhandelten klug und banden auch die weniger mächtigen Staaten ein.
Warum vertrauen sich Politiker?
Vor allem aber gelang ihnen etwas, das sehr selten ist auf solchen Veranstaltungen: Sie schufen Vertrauen. Das hat die Konferenz gerettet. Denn Verschwörungstheorien wie die über den gehackten Entwurf zeigen, wie wacklig das Vertrauen unter Delegierten sein kann – und wie wichtig es ist.
In der taz. am wochenende vom 16./17. April erzählt unser Reporter Bernhard Pötter, der schon seit vielen Jahren auf Klimakonferenzen fährt, warum diese Konferenz besonders war. Wie die Strategie des Vertrauens Früchte trug. Und er erzählt die Geschichte des Wortes, das die Konferenz beinahe gesprengt hätte. Warum siegte in Paris nicht die Skepsis? Warum ließen sich die Diplomaten aufeinander ein?
Europas Botanische Gärten werden nach und nach geschlossen. Ob sie noch zu retten sind, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 28./29. Mai. Außerdem: Elf kongolesische Blauhelmsoldaten stehen vor einem Militärgericht – wegen mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs im Rahmen der UN-Friedensmission in der Zentralafrikanischen Republik. Kann nun Recht gesprochen werden? Und: Am 5. Juni stimmen die Schweizer über das bedingungslose Grundeinkommen ab. Wie lebt es sich damit? Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.
Eigentlich ist Politik doch mit martialischen Begriffen verbunden: Machtkampf, Wahlkampf, Grabenkampf, Duell.
„Beim Aufbau von Vertrauen geht es viel um Kommunikation“, sagt die Historikerin Reinhild Kreis. Sie stellt der Geschichte des Ausfechtens die des Vertrauens gegenüber und untersucht unter anderem das Ringen der Machtblöcke im Kalten Krieg. Kreis forscht zu Fragen wie: Warum vertrauen sich Politiker, wenn sie einander auch zwingen könnten oder erpressen?
Eine der Antworten, die die Historikerin auf diese Frage gefunden hat, ist, dass Vertrauen vieles einfacher macht. „Wenn ich vertraue muss ich weniger kontrollieren. So können Dinge schneller entschieden werden, die Zusammenarbeit wird effektiver.“ Und dann ist da noch der „Image-Gewinn“, den Verhandlungspartner für sich verbuchen können, wenn sie als vertrauenswürdig gelten.
Vertrauen werde vor allem über gelungene Kommunikation aufgebaut, sagt Kreis. Und genau davon hing auch in Paris alles ab, als manche schon ein Komplott befürchteten.
Was meinen Sie? Wie wichtig ist das Vertrauen unter Politikern? Nur Show oder ginge es nicht ohne? Und wie sieht es mit Ihrem Vertrauen in die Politiker aus?
Diskutieren Sie mit!
Die Titelgeschichte „Das Spiel mit dem Vertrauen“ von Bernhard Pötter lesen Sie in der taz.am wochenende vom vom 16./17. April 2016.
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