Kleiderkammern in Hamburg: Volle Lager, keine Weitergabe
Hamburgs Kleiderkammern quellen über, zugleich steigt die Zahl der Bedürftigen. Aber die Kleiderkammern können pandemiebedingt nicht öffnen.
Nur leider kommen die Spenden gar nicht bei den Bedürftigen an, denn die Kleiderkammern sind coronabedingt geschlossen. In den Containern stauen sich die Klamotten. Dabei wäre der Bedarf an Altkleidern derzeit hoch, weil die Coronapandemie Ungleichheit und Armut verstärkt.
Es gab bereits Lösungsideen: Im vergangenen Jahr habe die Caritas eine mobile Kleiderkammer eingerichtet, die von außen zugänglich war, berichtet Hniopek. Die Nachfrage sei jedoch so immens gewesen, dass das Team der Caritas sie nicht habe bewältigen können. Die Nachbar:innen hätten sich schließlich wegen des Trubels beschwert. Die Caritas musste die Ausgabe stoppen und auch die Annahme einstellen. Lediglich in akuter Not, also wenn jemand ohne Schuhe vor der Tür stehe, kümmere sich ein:e Sozialarbeiter:in darum, den Betroffenen einzudecken, so Hniopek.
Was aber genau macht den Weg des aussortierten Wollpullovers vom Kleiderschrank zur bedürftigen Person so kompliziert und corona-unfreundlich?
Die meisten Kleiderspenden werden in Kellern gelagert und nicht in Hauptgebäuden. Konzepte zu entwickeln, bei denen die Leute coronakonform warten, sich zur Kontaktverfolgung eintragen und dann genug Zeit bekommen, um sich etwas auszusuchen, hält Hniopek für unrealistisch. Nicht zuletzt, weil ein Großteil der Obdachlosen und Bedürftigen aus dem EU-Ausland komme, sodass die Sprachbarriere die Kommunikation erschwere. Außerdem sei Kleidung eben nicht nur Kleidung. „Es geht da viel um Selbstbestimmung, Wahlmöglichkeiten und Ausdruck“, sagt Hniopek. „Ich habe mir wirklich den Kopf zerbrochen, aber ich sehe keine Möglichkeit, wie wir unter den derzeitigen Bedingungen wieder öffnen könnten.“
Andrea Hniopek, Caritas
Diese Schwierigkeiten kennt auch Manuela Szepan von der Hamburger Hilfsorganisation Hanseatic Help. Diese war 2015 aus einer Bürgerinitiative entstanden, die quasi über Nacht Kleiderausgaben für Geflüchtete in den Messehallen organisiert hatten. Derzeit sei der Verein die einzige Anlaufstelle in Hamburg, die noch limitiert Kleiderspenden entgegennehme, sagt Szepan. Die Vorgabe: Pro Haushalt zwei Säcke und bitte keine Damenkleidung mehr. „Problematisch war anfangs vor allem, dass viele nicht nur Klamotten, sondern auch Müll in die Säcke stopften“, sagt Szepan.
Seit die Altkleidercontainer geschlossen sind, legen manche die Säcke einfach bei Institutionen wie Hanseatic Help vor die Tür. Anfangs mussten die Ehrenamtler diese mit crononabedingter Minimalbesetzung sortieren und im Zweifel über den Restmüll kostenpflichtig entsorgen. Mittlerweile versuchen sie, die Säcke zumindest während der Öffnungzeiten schon bei der Abgabe zu kontrollieren.
„Viele unserer ehrenamtlichen Helfer sind Rentner“, sagt Szepan. „Gerade bei ihnen war die Angst, sich anzustecken, zu Beginn der Pandemie groß.“ Unternehmen hatten Schutzausrüstung wie Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel gespendet. Auch finanzielle Unterstützung durch die Stadt hätte da helfen können, sagt Szepan. Um den betroffenen Menschen in der aktuellen Notlage zu helfen, wären ihrer Meinung nach vor allem die Erhöhung des Hartz IV-Satzes und eine ordentliche Grundsicherung für Rentner:innen wichtige politische Maßnahmen.
Gesonderte Angebote für Menschen, die auf Kleider- und Sachspenden angewiesen sind, gibt es seitens der Stadt nämlich nicht. Die Sozialbehörde verweist dazu lediglich auf eine Online-Übersicht mit externen Anlaufstellen. Ein Großteil davon hat die Ausgabe und Aufnahme von Kleiderspenden jedoch längst gestoppt. Was die Ausmistenden betrifft, rät auch Szepan zum Online-Besuch: „Auf den Internetseiten der Initiativen steht eigentlich immer, was gebraucht wird und was nicht. Sich daran zu halten, entlastet uns schon total.“
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