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Klassenfragen und MachtWir Kleinbürger

Die Aufhaltsamkeit des Kleinbürgertums oder das Ende eines Versprechens: Wie eine Nicht-Klasse sich auflöst und ihre Mitglieder abgewertet werden.

Mit einem Bein in der Welt der Ausbeuter und mit dem anderen in der Welt der Ausgebeuteten Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Dass Sie, der Sie dies lesen, dies lesen, ist fast schon ein Beweis: ein Beweis dafür, dass Sie dazugehören.“ Das ist ein Super-Einleitungssatz; er stammt von Hans Magnus Enzensberger und steht am Beginn seines Essays „Von der Unaufhaltsamkeit des Kleinbürgertums“, der im Kursbuch Nr. 45 aus dem Jahr 1976 veröffentlicht wurde. Das Kleinbürgertum, so wird es, etwas verkürzt wiedergegeben, im Kursbuch definiert als die Menschen, die auf der einen Seite weder im Besitz von Produktionsmitteln, Ländereien und/oder „arbeitendem“ Kapital sind, noch an den Schlüsselpositionen der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Macht stehen, und die andererseits mehr verdienen, als sie zum bloßen Überleben und zur Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft brauchen und dieses Surplus sozusagen in sich selbst oder in die Familie investieren.

Kleinbürger sind Menschen, die mit einem Bein in der Welt der Ausbeuter und mit dem anderen in der Welt der Ausgebeuteten stehen, die dem Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit persönlich entkommen und ihn strukturell verschärfen. Die Kleinbürger*innen, das sind die Menschen in einer Klasse, die nicht eine ist, sondern auf ewig zwischendrin, auf ewig gespalten zwischen der Gier nach Aufstieg und der Angst vor Abstieg, auf ewig gespalten auch in einen progressistisch-liberalen-demokratischen und einen konservativ-reaktionären und der Faschisierung zuneigenden Teil.

Kolumnen wie diese werden in aller Regel von Klein­bür­ge­r*in­nen des progressistischen Flügels geschrieben und gelesen. Womit wir wieder bei Hans Magnus Enzensbergers Super-Einleitungssatz und auch bei seinem Diktum wären: Kleinbürger wollen alles Mögliche, nur nicht Kleinbürger genannt werden.

Dafür, dass das Kleinbürgertum weder wirklichen Reichtum noch wirkliche Macht erringen kann, wurde es mit etwas belohnt, das im Kursbuch damals die „kulturelle Hegemonie“ genannt wurde. Kleinbürger bestimmten Geschmack und Moden, Diskurse und Debatten, Pop und Philosophie, Design und Desaster. Kleinbürger sollten „die Mitte“ sein, auf die alles Regieren und alles Wirtschaften, alle Kunst und alle Gesellschaft bezogen seien. Damit ist es, wie es scheint, seit geraumer Zeit vorbei.

Georg Seeßlen

ist freier Autor und hat bereits über 20 Bücher zum Thema Film veröffentlicht. Zuletzt erschien von ihm: „Coronakontrolle, oder: Nach der Krise ist vor der Katastrophe“ bei bahoe books. Er lebt in Bayern und Italien.

Verhältnisse auf den Kopf gestellt

In der Zeit der sozialen Marktwirtschaft (die uns nicht geschenkt, die immer auch erkämpft wurde) war das große Versprechen, dass die Mehrheit aller arbeitenden Menschen und ihre Familien ins Kleinbürgertum aufsteigen könnten. Die Kinder sollten es einmal besser haben, und von Wohlstand und Fortschritt sollten alle was haben. Das große Versprechen der Verkleinbürgerlichung bestand nicht nur in einem größeren Stück vom Kuchen, sondern auch in einer eigentümlichen Subjekt-Freiheit in dieser Klasse, die nicht eine ist.

Proletarische Arbeit, das ist Arbeit, die die Maschine, das Fließband, die Vorarbeiter bestimmen; kleinbürgerliche Arbeit dagegen ist Subjekt-Arbeit, noch in der subalternsten Form geht es darum, Entscheidungen zu treffen und soziale Pression zu vermitteln, was nicht selten zum unsympathischen Phänomen des Radfahrer-Syndroms führte (nach oben buckeln, nach unten treten).

Der Neoliberalismus, das Zusammenspiel von Privatisierung, Globalisierung und Digitalisierung auf „deregulierten“ Märkten, hat die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Auf das Versprechen der progressiven Verkleinbürgerlichung ist die Drohung der Abstiege und Ausschlüsse getreten. Dabei findet der Abstieg des Kleinbürgertums auf drei Ebenen statt.

Die Prekarisierung. Das heißt arbeiten in unsicheren und oft rechtlosen Verhältnissen mit vagen individuellen Chancen, es irgendwie doch noch zum „Gewinner“ zu bringen (jenseits der Klasse). Das Absinken ins neue „Dienstleistungsproletariat“ lauert allerorten.

Die Automatisierung. Ein Jahrhundert lang kämpfte die Arbeiterklasse mit den Auswirkungen der Automation, die Maschinen nahmen Arbeit weg und entwerteten sie, und sie degradierten die menschliche Produktivität. Die Maschine sollte die körperliche Arbeit ersetzen, damit die Menschen sich kreativeren Bereichen widmen könnten, so die idealistische Version, die ihre Rechnung ohne das Kapital gemacht hat. Im neuen Jahrhundert erlebt das Kleinbürgertum, was vorher die Arbeiterklasse erlebte und was sie schließlich auflöste: Immer weitere Bereiche ihrer Arbeit werden von Maschinen „rationalisiert“; Computer übernehmen „geistige“ Aufgaben, die vorher Kleinbürger innehatten, von Pädagogik über Verwaltung bis hin zur Forschung. Die Frage: Was ist ein Kleinbürger?, lässt sich derzeit vor allem mit dem Bild eines Menschen an „seinem“ Computer beantworten, entfremdeter noch als die Arbeit des Proletariers an „seiner“ Maschine.

Bizarrer Hass auf Eliten

Der Verlust der kulturellen Hegemonie. Ein Blick in die Fernsehprogramme und in die Konsumblätter am Kiosk offenbart, dass es die gemeinsamen Bezugspunkte von Diskursen und Design als Mainstream nicht mehr gibt. Der bizarre Hass auf die „Eliten“ stammt nicht von unten, sondern von einem in jeder Hinsicht herunterkommenden Kleinbürgertum. Es gibt keinen Mainstream, keine kulturellen Schnittpunkte zwischen dem progressistischen und dem konservativen Teil mehr. Sie können sich, wie ein Blick in die eigene Familie oder die nebenan zeigt, nicht einmal mehr richtig streiten.

Der Verlust der kulturellen Hegemonie wirkt tiefer, als man meinen möchte. Denn der affektive Teil davon ist das scheinbar unerschütterliche Gefühl der moralischen Überlegenheit. Ich bin nicht reich, ich bin nicht mächtig, aber dafür habe ich immer recht. So sprechen Kleinbürger, rechts wie links. Und sie sprechen es immer lauter, je mehr ihnen die Abwertung ihrer Nicht-Klasse bewusst wird. Die viel beschworene Spaltung der Gesellschaft ist vor allem eine Spaltung des Kleinbürgertums. Vielleicht wird es Zeit, dass „Wir Kleinbürger“ (so hieß das Kursbuch von 1976) doch noch so etwas wie Klassenbewusstsein entwickeln.

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13 Kommentare

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  • Der Autor hat zwar irgendwie recht, aber wenn man seine Version vom "Kleinbürger" durch die CDU-seits so beliebte "Mittelschicht" ersetzen würde, hätte er auch irgendwie recht. Meiner Meinung nach sind diese Kategorien zu grob, und vor allem zu unscharf abgegrenzt, um die Wirklichkeit präzise zu erfassen.

  • Das Ende von Allem? Oder kommt alles noch viel schlimmer? Ja.

    In der elektronischen taz am 17.0120 lese ich von Peter Unfried über den zynischen Pöbel, innerlich leeren (Subjektfreiheit) Habenichtsen (ökonomische Lage), die darauf mit nach außen getragener Destruktivität nur noch ALLES kaputt hauen wollen und wenn es so weiter geht auch können werden. Stimmt. Das droht real zu funktionieren, weil sich der Zyniker als Kleinbürger (nach G. Seesslen) mit den „Oberen“ ( P. Unfried) dahingehend verabredet, gemeinsam von der Illusion zu lassen, man hätte z. B. nicht nur hinsichtlich des Arbeitgebens und des Arbeitnehmens etwas miteinander zu tun, sondern würde darüber hinaus zusammen auch an etwas glauben, dem Gemeinwohl, (wofür ein drittes, die Politik zuständig sei): „Die Oberen machten sich nicht mehr die Mühe, wenigstens so zu tun, als gäbe es ein Gemeinwohl. Und die unten tun dann auch nicht mehr so, als glaubten sie daran.“ Unter Bezug auf Peter Sloterdijk nennt P. Unfried dass die Aufkündigung eines „Illusionspakts“. Was Stloterdijk unter einem „Illusionspakt“ versteht weiß ich nicht. Über den Satz und den Begriff bin ich bei P. Unfried aber heftig gestolpert. In P. Unfried Satz funktioniert der Begriff nicht. Denn nur weil die einen aufhören, so zu tun, als würden sie an etwas (Gemeinwohl) glauben, heißt das noch lange nicht, dieses Etwas könne es gar nicht geben. Die haben nur keine Lust mehr, sich damit abzugeben. Vielleicht, weil es ihnen im Weg steht. Und dann muss es weg. Und die anderen können keine Gründe mehr dafür sehen, warum ihnen so etwas wie Gemeinwohl etwas bringen könnte, also lassen sie es sein. Als ambivalente Kleinbürger (wie ich) karriereorientiert und abstiegsverängstigt zugleich meinen sie zu merken, es sitzt nichts mehr drin für sie, im das Ego verführenden Turbokapitalismus, wie Unfried es in meiner Lesart schreibt. Man bekäme sozusagen kein Bein mehr auf die Seite der Ausbeuter (G. Seesslen).

    • @Moon:

      Das Ende von Allem? Oder kommt alles noch viel schlimmer? Ja. 2/4

      Und die oben klatschen Beifall beim sein lassen, weil sie das störende „etwas“ ja weg haben wollen.



      Hier wird aber nach P. Unfried kein „Illusionspakt“ aufgekündigt (wäre ja an sich pädagogisch wertvoll, wenn auch unter großen Schmerzen). Wenn überhaupt wird hier ein Illusionspakt der krudesten Art geschlossen. Da kommen zwei Zynismen unterschiedlicher Motivlage und Interessen nur „kontingent“ zusammen, weil sie im gesellschaftlichen Prozess „wurzeln“ aber deshalb doch nicht gleich dieselben einer Medaille sein müssen. Da kommt real zusammen, was dann aber nicht gleich zusammengedacht werden kann. Der destruktive Zynismus der „Oberen“, sich aus Eigennutz vom Gemeinwohl zu verabschieden, der sich die destruktive „Freiheitsvorstellung“ eines falsch verstandenen „nothing left to lose“ des Kleinbügertums zu Nutze macht, das alles und alle ein- und wegreißen will. Weil es an ein selbst mit geschaffenes Gemeinwohl und einen selbst mit erkämpften Sozialstaat (G. Seesslen) über die erlebten oder drohenden ökonomischen und sozialen Verluste nicht mehr „glauben“ mag und kann. Da ist erst mal Betrug und Macht im Spiel, wenn dann die Illusion geschürt wird, man bräuchte doch kein Gemeinwohl und keinen Sozialstaat, weil der diese Verluste doch herbeigebracht hätte. Weg mit den Trümmern? Man muss ja nicht selber ran. Man hat ja welche, die die Drecksarbeit machen. Wie geht das, insbesondere in der Corona-Krise?

      • @Moon:

        Das Ende von Allem? Oder kommt alles noch viel schlimmer? Ja. 3/4

        Das erklärt ein beinhart neoliberaler. Der mahnt erst mal, „wir“ alle sollten uns über die bequeme Zeit in der Kurzarbeit oder in der sozialen Hängematte der Arbeitslosengelder 1 und 2 bloß nicht das Arbeiten abgewöhnen. Uh nein, das wollen wir nicht, gerade in schweren Zeiten. Und wenn es den Leuten darüber gruselt, sie könnten ihre Arbeit verlieren und aus wäre es mit dem bescheiden-kleinbürgerlichen Glück, dann offeriert er den Rettungsplan: den Markt. Entlassen werden, lässt er im gleichen Atemzug „dialektisch“ verlautbaren, ist doch nicht allein „alles verlieren“. Man wird doch Frei gesetzt. Frei. Frei für neues heißt es den Bewerbungstrainings für schon Frei gesetzte. Man bräuchte die Menschen dringend in anderen Bereichen, sagt er. Man müsse nicht Kurzarbeit ermöglichen sondern den Arbeitsmarkt beobachten, so wie er, sagt er und lädt alle zum Beobachten ein. Was für eine Illusion und wie sie geschürt wird. Denn wo die Leute gebraucht würden sagt er nicht. Und auch nicht, wie lange es dauern würde, bis sie „um-qualifiziert“ da eingesetzt werden könnten, wo sie gebraucht würden. Aber so ein Konjunktiv macht halt Illusion. Und wenn dann alle in den Hängematten nichts mehr werden zu verlieren haben, weil schon geschehen, dann…Dann trifft man vor oder im Reichstag auch Leute in Kuhfellen von der heimattreuen Schwarzbunten, noch authentisch mit den Hörnern am Kopfende und mit viel Eigenhaar auf Brust und Bauch, die die Fahnen unserer unseligen Altvorderen schwenken. Man wird noch gerade sehen können, wie Design und Bewusstsein (frei nach G. Seesslen) zusammenfallen im doppelten Wortsinn. Aber das wird es dann gewesen sein

        • @Moon:

          Das Ende von Allem? Oder kommt alles noch viel schlimmer? Ja. 4/4

          Kommt also der bizarre Hass auf die Eliten, den ich nicht leugne, wirklich so originär aus dem Kleinbürgertum? Vor allem, wenn man sich fragt, welche „Eliten“ eigentlich gemeint sein könnten und welche Eliten sich welche Illusionen worüber und zu welchen Zweck machen? Woher kommt der Zynismus? Er kann z. B. aus berechnendem sozusagen egozentrischem Kalkül (meines Wissens nach Habermas) im gesell. „Diskurs“ kommen und Illusionen machen. Er kann auch aus Leid entstehen. Ich habe auch keine Antworten. Außer vielleicht, dass man nach dem Leid fragen sollte, wenn man die Illusionen der Leut´ analysiert. Ich möchte den gehörnten Schamanen wirklich nicht direkt begegnen müssen. Die klatschen mich weg. Bei denen ist alles zu spät im Zuspätkapitalismus. Was die Leut´ unten angeht, scheint mir, wie kommt man an die Illusionen ran, ohne das Leid abzutun oder zu verleugnen.

          p.s. Wer etwas über die real von statten gehende Pulverisierung der Kleinbürger mit Hilfe von ähnlich unten gehaltener kleiner Bürgerinnen und Bürger am Computer, die auch nur „geschreddert“ werden, beides in den Jobcentern, erfahren möchte: Bettina Grimmer, „Folgsamkeit herstellen – Eine Ethnographie der Arbeitsvermittlung im Jobcenter“.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

    “ Degerloch

    Schwarzes Loch near Degerloch -



    "Marx is claiming it was offside.": www.youtube.com/watch?v=LfduUFF_i1A - Indeed! But! Listen!

    Remarcable (for PU & eaqual rest!!;)):



    Beckenbauer is in - Sloterdijk is out! - 😱

  • An und für sich hat Herr Seelen ja auch wieder recht, aber das ist doch schon in den 70gern klar geworden und so wie damals die "Wiedererweckung " des modernen Proletariats gescheitert ist, so geht auch dieser Vorschlag der Erfindung des Kleinbürgertums als Klasse in die Irre.



    Damals gab es als Globalisierung überragend den US-Imperialismus und Digitalisierung endete auf breiter Basis in der Herstellung digitaler Druckvorlagen. Das alles ist heute anders, das bemerkt Herr Seelen auch, aber mit welcher Konsequenz? Alte Kamellen: Klassen. Damit gehts nicht mehr weit, es geht um Interessengruppen, Debatte und ziviles Engagement, egal welchen Zugriff die Aktivisten auf die Produktionsmittel haben.

    • @odin:

      Sach mal so: Odin - hamer nicht grad die Wäscheleinen wieder aufgehängt? Damit Sleipnir darin sich nicht mit den Hufen verhedderte & der Himmelswagen abstürzte.



      Klassen - olle Kammellen? Ah geh.



      Was tut den ehra Anschlußsatz erhellen?

      kurz - Mein Sidekick wies schon darauf hin!



      Peter Unfried & sojet wie Sie - mit Bedacht lesen - das gäbe vllt Sinn - 🤫 -



      Tja - das - wär‘s gewesen.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - Schlagloch doch! - 😱 -

    “ Donnerwetter: taz.de/Klassenfrag...1909&s=schlagloch/ Georg Seeßlen. Auf den Punkt. Sensationell gut. (Leseempfehlung für Peter Unfried. ) Ich erwarte immerzu, dass Alfred Tetzlaff gleich um die Ecke kommt.







    "..kleinbürgerliche Arbeit dagegen ist Subjekt-Arbeit, noch in der subalternsten Form geht es darum, Entscheidungen zu treffen und soziale Pression zu vermitteln, was nicht selten zum unsympathischen Phänomen des Radfahrer-Syndroms führte (nach oben buckeln, nach unten treten). [....]...Der Verlust der kulturellen Hegemonie wirkt tiefer, als man meinen möchte. Denn der affektive Teil davon ist das scheinbar unerschütterliche Gefühl der moralischen Überlegenheit. Ich bin nicht reich, ich bin nicht mächtig, aber dafür habe ich immer recht. So sprechen Kleinbürger, rechts wie links. Und sie sprechen es immer lauter, je mehr ihnen die Abwertung ihrer Nicht-Klasse bewusst wird. Die viel beschworene Spaltung der Gesellschaft ist vor allem eine Spaltung des Kleinbürgertums. Vielleicht wird es Zeit, dass „Wir Kleinbürger“ (so hieß das Kursbuch von 1976) doch noch so etwas wie Klassenbewusstsein entwickeln."



    Endlich mal ein Text, der über Analyse hinausgeht. "Doch noch so etwas wie ein Klassenbewusstsein entwickeln..." Ich sag`s mal konkreter. Wir brauchen wieder mehr Kneipen. Zum Saufen, zum Kartenkloppen, zum Quatschen, zum Streiten, zum Prügeln, zum sich Zusammenraufen.“

    kurz - Harry Rowohlt - “ Über Politik, und das Pendant in der Kneipe, weiß er zu berichten: "Aber das wirklich Schlimme an der Injurie "Stammtischpolitiker" ist die Anmutung, man solle doch gefälligst die Politik den Politikern überlassen.



    Wenn Politiker wirklich so gut wären, wären sie nicht Politiker geworden.



    Dann wären sie in die freie Wirtschaft gegangen und hätten sich welche gekauft."



    …anschließe mich •

    unterm———



    rezensionen.litera..._harry_pooh_s_corn

    • @Lowandorder:

      Mist - he techné - ich ahnte es - 👹 -

      rezensionen.litera...er_daec_12569.html

      Da - Die kleinbürgerliche Fischeinwickel Gazette - Die Zeit - auch frech einen Harry Rowohlt - Pooh’s Corner - mit einer Zahlschranke heimsucht!



      Können wir seine luziden Texte nur noch über Bande anderwo meist in kastriertem Zustand abkupfern!



      Aber - wenn dieses dahindümpelnde Blättle sich ein le petite chefredaktörchen leistet - das zweimal wählt & in seiner Vollpanne noch öffentlich bekundet - dies zu dürfen!!!



      Möchte frauman fast Mitleid haben.



      Zumal wenn einem mal - dank “Jupp“ J.M.M. - Donnerstag Zeittag war.



      Eh sie unter Theo & die Gräfin fiel! 🤮 •



      ——-



      de.wikipedia.org/w...M%C3%BCller-Marein

  • Die besten Zeitungsartikel sind für mich die, wo ich nach dem Lesen denke:" Habe ich noch nie so gesehen, aber der Autor hat recht."

    Das ist so einer.

  • Ich denke dass dieses Denken in "Klassen" schon lange antiquirt ist.

    Das was der Autor Klassenbewusstsein nennt, gibt es weder bei einfachen Arbeitern, noch bei den etwas besser gestellten.



    Gemeinsam ist allen dass sie gerne Glück und Wohlstand in der nächst höheren Ebene erreichen würden - und zwar im Rahmen einer freiheitlich demokratischen Gesellschaftsordnung mit einer sozialen Marktwirtschaft.



    Noch kann man auch sagen dass es diese Ordnung bei uns gibt, und damit verbunden auch Aufstiegsmöglichkeiten.



    Dass es nicht jeder schafft liegt in der Natur der Sache.



    Entscheidend ist dass es die Chance dafür gibt.



    Gerade bei Zuwanderern ist es oft die zweite Generation die diese Chancen über den Bildungsweg auch real nutzen kann.

    Bei aller auch berechtiger Kritik an unserem Gesellschaftssystem, in dem Chancengleichheit noch lange nicht erreicht ist - sozialistische Träumereien erwecken bei den unterpriviligierten keinerlei Sehnsucht.



    Und das hat auch seine guten Gründe.

  • "Das Kleinbürgertum, so wird es, etwas verkürzt wiedergegeben, im Kursbuch definiert als die Menschen, die auf der einen Seite weder im Besitz von Produktionsmitteln, Ländereien und/oder „arbeitendem“ Kapital sind, noch an den Schlüsselpositionen der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Macht stehen, und die andererseits mehr verdienen, als sie zum bloßen Überleben und zur Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft brauchen und dieses Surplus sozusagen in sich selbst oder in die Familie investieren."

    schon die definition ist falsch.eine kleinbürger*in besitzt produktionsmittel-mit denensie oder er arbeitet.vor der industrialisierung gab es viele kleinbürger*innen .die meisten sind seitdem in der konkurrenz untergegangen



    heute ist die klassen der kleinbürger*innen sehr klein uns spielt auch politisch fast keine rolle mehr.



    der begriff wurde fälschlich auf teile der arbeiter*innen klasse übertragen ,deren arbeit keine totale präkarisierung zulässt und wird in diesem artikel durchgehend falsch verwendet