Klage gegen Prüfungen in Berlin: Abitur ist gerichtsfest
Kein Computer, kleine Wohnung, kein Austausch mit MitschülerInnen: Dennoch muss eine Berlinerin das Abi schreiben, sagt das Verwaltungsgericht.
Zuvor hatten viele SchülerInnen, aber auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Regina Kittler deren Absage gefordert. Bereits am Freitag war eine Schülerin vor dem Verwaltungsgericht abgeblitzt: Sie hatte argumentiert, wegen des Infektionsrisikos seien AbiturientInnen die Prüfungen nicht zuzumuten.
Die Schülerin, die laut Gericht mit Eltern und einem Bruder in einer Zweieinhalbzimmerwohnung lebt, hatte anders argumentiert: Wegen der Corona-Maßnahmen habe sie sich nicht richtig auf die Prüfung vorbereiten können. Zuhause sei sie durch die schwierigen Bedingungen und die hohe Lärmbelastung in ihrer Konzentrationsfähigkeit „erheblich beinträchtigt“; wegen der Ausgangsbeschränkung habe sie zudem nicht zusammen mit MitschülerInnen lernen können.
Auch verfüge sie über keinen eigene Computer und konnte nicht wie geplant auf eine Bibliothek ausweichen, da diese ebenfalls seit Mitte März geschlossen sind. Unter diesen Umständen habe sie bei ihrer Abiturprüfung gegenüber anderen Prüflingen keine chancengleichen Voraussetzungen.
Nur Krankheit gilt als Begründung
Doch das Gericht wies den Antrag zurück. Für eine Verschiebung der Prüfung reiche der Verweis auf die allgemeine pandemiebedingte Situation nicht aus. Stress und Ängste im Zusammenhang mit einer Prüfung gehörten vielmehr in den Risikobereich des Prüflings – es sei denn, dass diese erkennbar den Grad einer nachgewiesenen psychischen Erkrankung erreichten. Krankheitsbedingte Gründe erlauben eine Verschiebung der Prüfung.
Die Kammer hält den Fall der jungen Frau auch nicht für eine besondere Ausnahme. Vielmehr seien viele Familien derzeit vor schwierige Herausforderungen gestellt. Und: Allen SchülerInnen seien seit dem 17. März Vorbereitungstreffen mit MitschülerInnen, die Wahrnehmung von Nachhilfestunden und das Lernen außerhalb der häuslichen Umgebung nicht möglich gewesen.
Wie in anderen Lebensbereichen könnten in der Corona-Krise keine identischen Bedingungen gewährleistet werden, stellten die Richter fest. Dazu gehöre etwa, dass Schüler mit eigenem Zimmer oder eigenem Computer bessere Bedingungen zur Prüfungsvorbereitung vorfänden als andere.
Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden. In der Politik findet die Argumentation der Abiturientin Gehör. Die Vorsitzende der Berliner Linkspartei Katina Schubert fordert in einem Interview mit der taz das Land auf, allen SchülerInnen Rechner und Internetzugänge zur Verfügung zu stellen.
„Es muss künftig für jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern möglich sein, an digitalen Formaten teil zu haben“, sagte Schubert. „Das Homeschooling wird ja – wenn auch in etwas geringerem Maße – weitergehen.“
Diese haben am Montag meist mit Latein begonnen. In einigen Schulen wurden aber auch schon andere Fächer geprüft. Um eine Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu minimieren, müssen sich alle Beteiligten an zahlreiche Abstands- und Hygieneregeln halten. So gilt schon auf dem Weg in die Prüfungsräume wie auch in den Räumen selbst ein Mindestabstand von 1,50 Meter.
Die schriftlichen Tests dauern bis Mitte Mai, dann folgen die mündlichen Prüfungen. Die Abiturprüfungen werden in etwa 150 staatlichen Schulen und einigen weiteren Einrichtungen freier Träger abgehalten. Nach fünf Wochen Schließung sind die 14.600 Berliner Abiturienten die ersten, die nun nach und nach wieder in ihre Schulen zurückkehren.
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