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Klage gegen Prüfungen in BerlinAbitur ist gerichtsfest

Kein Computer, kleine Wohnung, kein Austausch mit MitschülerInnen: Dennoch muss eine Berlinerin das Abi schreiben, sagt das Verwaltungsgericht.

Abschreiben praktisch unmöglich: Abiturprüfungen werden mit besonders viel Abstand abgehalten Foto: dpa

Berlin taz | Trotz aller Klagen: die Berliner Abiturprüfungen finden statt. Erneut ist eine Abiturientin bei dem Versuch gescheitert, mit einem Eilantrag ihre Prüfung verschieben zu können, wie das Verwaltungsgericht am Dienstagmorgen mitteilte (VG 3 L 155.20). In Berlin haben trotz der mehrwöchigen Schulschließungen wegen der Corona-Pandemie am Montag die Prüfungen für rund 15.000 AbiturientInnen begonnen.

Zuvor hatten viele SchülerInnen, aber auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Regina Kittler deren Absage gefordert. Bereits am Freitag war eine Schülerin vor dem Verwaltungsgericht abgeblitzt: Sie hatte argumentiert, wegen des Infektionsrisikos seien AbiturientInnen die Prüfungen nicht zuzumuten.

Die Schülerin, die laut Gericht mit Eltern und einem Bruder in einer Zweieinhalbzimmerwohnung lebt, hatte anders argumentiert: Wegen der Corona-Maßnahmen habe sie sich nicht richtig auf die Prüfung vorbereiten können. Zuhause sei sie durch die schwierigen Bedingungen und die hohe Lärmbelastung in ihrer Konzentrationsfähigkeit „erheblich beinträchtigt“; wegen der Ausgangsbeschränkung habe sie zudem nicht zusammen mit MitschülerInnen lernen können.

Auch verfüge sie über keinen eigene Computer und konnte nicht wie geplant auf eine Bibliothek ausweichen, da diese ebenfalls seit Mitte März geschlossen sind. Unter diesen Umständen habe sie bei ihrer Abiturprüfung gegenüber anderen Prüflingen keine chancengleichen Voraussetzungen.

Nur Krankheit gilt als Begründung

Doch das Gericht wies den Antrag zurück. Für eine Verschiebung der Prüfung reiche der Verweis auf die allgemeine pandemiebedingte Situation nicht aus. Stress und Ängste im Zusammenhang mit einer Prüfung gehörten vielmehr in den Risikobereich des Prüflings – es sei denn, dass diese erkennbar den Grad einer nachgewiesenen psychischen Erkrankung erreichten. Krankheitsbedingte Gründe erlauben eine Verschiebung der Prüfung.

Die Kammer hält den Fall der jungen Frau auch nicht für eine besondere Ausnahme.

Die Kammer hält den Fall der jungen Frau auch nicht für eine besondere Ausnahme. Vielmehr seien viele Familien derzeit vor schwierige Herausforderungen gestellt. Und: Allen SchülerInnen seien seit dem 17. März Vorbereitungstreffen mit MitschülerInnen, die Wahrnehmung von Nachhilfestunden und das Lernen außerhalb der häuslichen Umgebung nicht möglich gewesen.

Wie in anderen Lebensbereichen könnten in der Corona-Krise keine identischen Bedingungen gewährleistet werden, stellten die Richter fest. Dazu gehöre etwa, dass Schüler mit eigenem Zimmer oder eigenem Computer bessere Bedingungen zur Prüfungsvorbereitung vorfänden als andere.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden. In der Politik findet die Argumentation der Abiturientin Gehör. Die Vorsitzende der Berliner Linkspartei Katina Schubert fordert in einem Interview mit der taz das Land auf, allen SchülerInnen Rechner und Internetzugänge zur Verfügung zu stellen.

„Es muss künftig für jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern möglich sein, an digitalen Formaten teil zu haben“, sagte Schubert. „Das Homeschooling wird ja – wenn auch in etwas geringerem Maße – weitergehen.“

Diese haben am Montag meist mit Latein begonnen. In einigen Schulen wurden aber auch schon andere Fächer geprüft. Um eine Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu minimieren, müssen sich alle Beteiligten an zahlreiche Abstands- und Hygieneregeln halten. So gilt schon auf dem Weg in die Prüfungsräume wie auch in den Räumen selbst ein Mindestabstand von 1,50 Meter.

Die schriftlichen Tests dauern bis Mitte Mai, dann folgen die mündlichen Prüfungen. Die Abiturprüfungen werden in etwa 150 staatlichen Schulen und einigen weiteren Einrichtungen freier Träger abgehalten. Nach fünf Wochen Schließung sind die 14.600 Berliner Abiturienten die ersten, die nun nach und nach wieder in ihre Schulen zurückkehren.

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2 Kommentare

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  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Arroganz und Ignoranz bedingen einander proportional.

  • Es sollte sicherlich ermöglicht werden, dass jeder Schüler und jede Schülerin einen Computer und Internetzugang hat. Dies würde ich in der Pflicht sehen, generell von den Ländern zu organisieren. Hier bin ich ganz bei der Forderung der Linken.

    Die Forderungen nach Absage des Abiturs kann ich aber kaum nachvollziehen: Letzlich fehtl den Schülern nur knapp zwei Wochen Schulunterricht - Das ist im Rahmen von 13 Jahren Schulen doch wirklich vernachlässigbar. Schließlich kann man auch mal krank sein. Und die letzten zwei Wochen vor Abiturstart wird ja eh kein Stoff mehr durchgenommen, sondern geübt und wiederholt. Ich kann mich erinnern, dass wir damals eigentlich auch nur noch Konsultationsunterricht hatten, d.h. freiwillig und wenn man fragen hatte konnte man hingehen. Das haben auch genug SchülerInnen nicht genutzt.

    Ich frage mich ein wenig, was man überhaupt mit einer Absage rrreichen will: Ich schlechtesten Fall müssen die Abiturienten dann später ihre Prüfungen schreiben und haben bis dahin kein Abitur. Ob das den Stress verringert wage ich doch zu bezweifeln, die meisten wollen dieses Kapitel dann doch mal abschließen. Und ohne Abitur gibt es auch keinen Hochschulstart oder Ausbildungsstart im Herbst und ich glaube nicht, dass das so viele wollen.