Klage gegen Extragewinn-Abschöpfung: Strompreisbremse war rechtens
Ökostrom-Produzenten klagten in Karlsruhe gegen die Abschöpfung ihrer Extragewinne. Nun haben die Richter die Verfassungsbeschwerde abgelehnt.
Die Strompreisbremse war vom Bundestag im Dezember 2022 beschlossen worden, nachdem im Lauf des Jahres 2022 der Strompreis im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine massiv gestiegen war. Denn in dessen Folge verknappte Russland gezielt seine Gaslieferungen. Da die Gaspreise auch Einfluss auf die Bildung der Strompreise haben, stiegen Letztere im Jahr 2022 an der Strombörse auf das Fünffache des üblichen Preises, in Spitzen betrugen sie sogar das Zehnfache.
Von diesen exorbitant gestiegenen Preisen profitierten vor allem Ökostromproduzenten, weil ihre Produktionskosten unverändert niedrig bleiben. Das Strompreisbremsengesetz der Ampelkoalition sah daher vor, dass bis Juni 2023 sieben Monate lang 90 Prozent der sogenannten Zufallsgewinne der Energieerzeuger abgeschöpft wurden. Damit sollte die Begrenzung der Strompreise für die Verbraucher finanziert werden. Eigentlich sollten mit der Strompreisbremse 13,5 Milliarden Euro umverteilt werden. Doch der Gas- und Strompreis sank früher und stärker als erwartet, sodass am Ende nur rund 750 Millionen Euro Extragewinne abgeschöpft wurden. Die restlichen Kosten der Strompreisbremse von rund 16 Milliarden Euro kamen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), einem Sondervermögen des Bundes.
Die Ökostromhersteller klagten gegen die Abschöpfung ihrer Sondergewinne, weil diese ihrer Meinung nach ihre Berufs- und Unternehmensfreiheit verletzte. Die Dämpfung des Strompreises für Verbraucher und Unternehmen sei nicht ihre Aufgabe, sondern müsse aus dem allgemeinen Staatshaushalt finanziert werden, so die Begründung der Ökostromproduzenten. Die hohen Anforderungen an eine Sonderabgabe der Ökostrombranche seien hier nicht erfüllt. So seien die Einnahmen nicht „gruppennützig“ verwendet worden.
Richter lehnten Beschwerde einhellig ab
Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Verfassungsbeschwerden nun aber einhellig und in vollem Umfang ab. Es handelte sich bei der Gewinnabschöpfung um keine Sonderabgabe, so die Richter. Denn der Staat habe sich mit der Abschöpfung keine eigenen Einnahmen verschafft. Vielmehr habe es sich um eine reine Umverteilung unter Privaten gehandelt, die über eine Verrechnung bei den Stromnetzbetreibern erfolgte.
Zwar sei die Abschöpfung von Gewinnen, die aus der Knappheit von Produkten auf dem Markt folgen, grundsätzlich nicht erlaubt, so die Richter. Hier sei sie jedoch ausnahmsweise gerechtfertigt gewesen.
Für die Zulässigkeit sprach, dass den „außerordentlich begünstigten Stromproduzenten“ die „außerordentlich belasteten Verbraucher“ gegenüberstanden. Hier einen Ausgleich herzustellen, sei ein legitimes Ziel gewesen. Die Richter betonten, dass Strom „ein zur Deckung existenzieller Bedarfe unverzichtbares Gebrauchsgut“ ist.
Die Hersteller seien auch nicht unverhältnismäßig belastet worden. Schließlich seien nicht alle Profite abgeschöpft worden, sondern nur 90 Prozent der Gewinne, die über die „typischen Investitionserwartungen“ hinausgingen. Auch Übergewinne, die vor Dezember 2022 anfielen, blieben unangetastet. So beschränkte sich die Abschöpfung auf sieben Monate.
Verhältnismäßige Verwaltungskosten
Auch die hohen Verwaltungskosten für die Betreiber machten die Gewinnabschöpfung nicht verfassungswidrig, so die Richter. Zu den abgeschöpften rund 750 Millionen Euro kamen noch rund 50 Millionen Euro administrative Kosten hinzu. Dies sei aber deshalb nicht unverhältnismäßig, weil ja ursprünglich mit viel höheren Einnahmen gerechnet worden war.
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