Strompreisbremse in Karlsruhe: Habecks Kuscheligkeit gewinnt vor Gericht
Die Deckelung von Gewinnen bei den Strompreisen ist rechtens. Gut so – denn die Maßnahme war sehr moderat – typisch Habeck.
I st Robert Habeck öffentlichkeitsscheu geworden? Jedenfalls war er nicht da, als das Bundesverfassungsgericht an diesem Donnerstag sein Gesetz zur Strompreisbremse für verfassungsgkonform erklärte. Wäre das nicht eine schöne Botschaft gewesen: Der Wirtschaftsminister hat beherzt, aber zugleich verhältnismäßig zugepackt, als einerseits die Strompreise explodierten und andererseits die Gewinne der Öko-Strom-Hersteller in ungeahnte Höhen stiegen.
Hier einen funktionierenden und rechtmäßigen Ausgleich geschaffen zu haben, müsste den großen Ausgleicher Habeck doch eigentlich mit Stolz erfüllen. Dass er dabei auch die eigene Klientel (die Wind- und Solarstromerzeuger) nicht geschont hat, passt zu dem oft schon überparteilichen Habitus von Habeck. Zwar musste er hier auch EU-Vorgaben umsetzen. Aber auch das hätte er ja produktiv wenden können, schließlich verstehen sich die Grünen als europafreundlich.
Vielleicht kam Habeck ja nicht, weil er eine Niederlage befürchtete. Denn das hätte im Wahlkampf natürlich blöd ausgesehen. Friedrich Merz hätte dann wieder geschimpft und der Ampel handwerkliche Unfähigkeit vorgeworfen. Allerdings war mit einer Niederlage nicht zu rechnen. Schließlich ist das Strompreisgesetz kein Musterfall von sozialistischer Umverteilung, sondern ein Ausgleich von unerwartetem Pech und unerwartetem Glück, der selten so eindeutig wiederholbar sein dürfte.
Die Richter:innen haben Habecks Gesetz jedenfalls einhellig für grundgesetzkonfrom erklärt, weil es die Ökostromanbieter mit ihren unerwarteten Glücksgewinnen ja nur eher zaghaft in die Pflicht nahm. Da sahen auch christdemokratische und liberale Verfassungsrichter die Grundrechte der Unternehmen voll gewahrt. Anders als die Kläger warnten, ist eine derart zurückhaltende Abschöpfung von Zufallsgewinnen also kein Standorthindernis, sondern in seiner Habeck’schen Kuscheligkeit wohl eher ein Vorteil. Anderswo geht es ruppiger zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?