Kita-Streik in Deutschland: Sieg für alle
Es gibt eine Lösung, und die ist einfach: Bildung für Kleinkinder muss vom Bund bezahlt werden – die Steuerkassen sind schließlich voll.
Wer Fünfjährigen den aktuellen Arbeitskampf im Sozial- und Erziehungsdienst erklärt, fängt am besten bei der Schlacht bei Asculum an. (Fünfjährige lieben Schlachten.) Vor über 2.000 Jahren kämpften die Römer gegen die Molosser unter deren König Pyrrhus. Der König konnte die Schlacht zwar gewinnen, aber mit so hohen Verlusten, dass er am Ende den Krieg gegen die Römer verlor.
Gleiches droht im Arbeitskampf, den Verdi und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) gerade austragen – ein Pyrrhussieg für beide Seiten.
Seit Donnerstag steht fest, dass die Verhandlungen gescheitert sind – nun übernimmt ein Schlichterduo. Der ehemalige Bürgermeister, Herbert Schmalstieg (SPD), und der ehemalige sächsische Ministerpräsident, Georg Milbradt (CDU), sollen nun zusammenbringen, was nicht zusammenpasst: die Forderung der Gewerkschaften nach einer deutlichen – finanziellen – Aufwertung von ErzieherInnen und SozialpädagogInnen und das Interesse der Kommunen an ausgeglichenen Haushalten.
Beide Positionen sind nachvollziehbar. Die Anforderungen, besonders in den Kitas, sind gewaltig gestiegen – aus Tanten fürs Basteln und Singen wurden Frühpädagoginnen. Die Bezahlung wurde aber nicht entsprechend erhöht. Ein Kitaerzieher, der bei einem freien Träger acht Stunden pro Tag Kinder fördert, hat am Monatsende 1.500 Euro netto. Das entspricht nicht der offiziellen Gehaltstabelle im öffentlichen Dienst, sondern der Realität der mehr als 500.000 Beschäftigten in Kitas, von denen zwei Drittel bei freien Trägern arbeiten. Gespannt verfolgen sie den aktuellen Arbeitskampf.
Woher das Geld nehmen
Auf der anderen Seite verhält sich die VKA solidarisch, denn sie bleibt unnachgiebig im Sinne ihrer schwächsten Mitglieder. Obwohl manche Kommune ihren ErzieherInnen, ohne zu zucken, 200 Euro mehr bezahlen kann oder das bereits tut, weiß die Mehrheit der Gemeinden nicht, woher das Geld nehmen.
Wenn Verdi sich mit der Forderung nach zehn Prozent mehr Gehalt für alle Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst durchsetzt, dann wäre das zwar ein enormer Imagegewinn. Mit dem Kitastreik konnte Verdi, wie aus eigenen Kreisen verlautet, 25.000 Neuzugänge verzeichnen. Doch die Kommunen müssten bluten, die Forderungen von Verdi summieren sich mittelbar auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr.
Geld, welches für andere Aufgaben fehlt. Geschweige denn, dass Gruppen verkleinert und zusätzliche ErzieherInnen, JugendhelferInnen und SozialpädagogInnen eingestellt werden könnten. Eher müssten die Kommunen hier sparen, um die höheren Personalkosten zu kompensieren. ErzieherInnen und SozialpädagogInnen hätten zwar mehr auf dem Konto, aber der Stress im Alltag stiege, und kein Kind würde am Ende besser gefördert.
Bund und Länder müssen ran
Wenn sich umgekehrt die Arbeitgeber durchsetzten, signalisierte das: Die Kinder- und Jugendarbeit – ein Bereich, in dem zu 84 Prozent Frauen arbeiten – ist uns nicht viel wert.
Es gibt nur einen Ausweg: Bund und Länder müssen den Großteil der Finanzierung im Kinder- und Jugendbereich übernehmen. Geld ist genug da – die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit 1991, die Wirtschaft brummt. Es muss nur richtig verteilt werden. Kinder und Jugendliche müssen die Priorität erhalten, die ihnen die Politik bislang nur verbal zugesteht.
Deshalb müssen Tausende neue Stellen für SozialpädagogInnen in Schulen her, deshalb muss das Gesetz zur Kitaqualität aus seiner Schublade im Familienministerium befreit werden, deshalb müssen aus der Aufwertung der frühkindlichen Bildung bessere Einkommen resultieren – bezahlt von Bund und Ländern. „Ausbau und Qualität von Kitas und Ganztagsschulen verbessern den Bildungserfolg der Kinder“, heißt es im Koalitionsvertrag. Sonst verlieren am Ende alle. Das versteht doch jedes Kind.
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