piwik no script img

Kissinger-Preis für die BundeskanzlerinIns Gespräch kommen

Angela Merkel wurde am Dienstag im Berliner Schloss Charlottenburg mit dem „Henry A. Kissinger Preis“ der American Academy ausgezeichnet.

Henry Kissinger und Angela Merkel Foto: Anette Hornischer/AP

Die Orangerie im Schloss Charlottenburg in Berlin ist ein langer, schmaler Raum. Er passt zu Angela Merkel, die am Dienstag mit dem Henry A. Kissinger Prize der American Academy ausgezeichnet wird. Nicht zuletzt für ihre geradlinige Politik, die sie als Bundeskanzlerin auch in komplizierten Zeiten verlässlich erscheinen lässt. Ausgezeichnet wird Merkel „für besondere Verdienste im transatlantischen Verhältnis“. Zunächst aber schaulaufen Abgeordnete, Botschafter und Vertreter:innen von Kulturinstitutionen, mittendrin Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck, Hand in Hand mit einer jungen Frau im tief ausgeschnittenen Goldkleid.

Als Ouvertüre wird das Streichquartett F-Dur, Opus 96 von Antonín Dvořák von vier Musiker:innen der Berliner Philharmoniker gespielt. In seiner Begrüßung erinnert Verfassungsrechtler Gerhard Casper als Vorstandsmitglied der American Academy an deren Gründungsgedanken: Sie entstand 1994 als Forum, um mehr über Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Wegmarken im bilateralen Verhältnis zu diskutieren. Mitinitiiert von Ex-US-Außenminister Henry Kissinger. Der 96-Jährige kommt zusammen mit der Preisträgerin und seinem Kollegen, Ex-US-Außenminister John Kerry, auf die Bühne.

Kerry ergreift das Wort und schickt voraus, wie gut es sei, dass Deutschlands höchste Repräsentantin keine „Tweets versendet“. Dann wird er ernst und sagt, es gehe „heute Abend um mehr als nur einen Preis“. Die Auszeichnung möge „Motivationshilfe“ sein, eine Erinnerung daran, „wie kreativ Diplomatie sein kann“. Jüngst habe Merkel wieder die Initiative ergriffen, „um den Kreislauf der Gewalt im failed state ­Libyen durch Verhandlungen zu brechen“.

Gegen Protektionismus und Nationalismus

Kerry imponiere zudem, wie beharrlich die Bundeskanzlerin „protektionistischen und nationalistischen Bestrebungen“ entgegentrete. ­Kissinger, im Rollstuhl sitzend, begann seine Laudatio mit fränkischem Zungenschlag auf Deutsch. Vor 81 Jahren, erklärte der betagte Politiker, habe er seinen Geburtsort Fürth mit seiner Familie verlassen müssen. Mit Nazis sei kein Reden möglich gewesen.

In den 1960ern, als Sicherheitsberater der Regierung Nixon, habe vor seinem Büro in Washington der junge John Kerry gegen den Vietnamkrieg demonstriert. Kissinger bedauere, damals nicht mit Kerry ins Gespräch gekommen zu sein. Angela Merkel, die er 1990 kennengelernt hatte, lobte er für ihre „prinzipielle Politik der Ausdauer“. Die Preisgekrönte bedankte sich höflich und appellierte nachdrücklich, dass die Gesprächskultur erhalten werden müsse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Mit Frau Merkel verbinde ich einiges. "Gesprächskultur" am Allerwenigsten.

    Wenn ich mir den Laudator anschaue, ist schon das meiste gesagt. Kissinger hat sicherlich manches bewegt - auch die Militärdiktatur in Chile 1973 ff. mit ihren Toten - aber als großer Kommunikator wird er nicht in die Weltgeschichte eingehen.

    Auch wenn er es in der üblichen Altersentimentalität wohl gerne möchte.