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Kirchentags-Chefin über Politprominenz„Hausverbote haben wir nicht“

Ellen Ueberschär, Generalsekretärin des Kirchentags, über Parteiprominenz, den Besuch der Bundeskanzlerin und die bildungsbürgerliche Mitte.

„Politiker sind keine Maschinen, sondern Menschen mit bestimmten Überzeugungen“, findet Kirchentagschefin Ellen Ueberschär Bild: dpa
Friederike Gräff
Interview von Friederike Gräff

taz: Fällt Ihnen ein Politiker ein, der die Einladung zum Kirchentag abgelehnt hätte?

Ellen Ueberschär: Das gibt es natürlich. Wir haben Ablehnungen aus Termingründen und solche aus inhaltlichen Gründen, weil man zu bestimmten Themen nicht Stellung nehmen möchte. Aber in der Regel möchten Politikerinnen und Politiker für ihre Politik werben. Insofern halten sich die Absagen in Grenzen.

Wer war der letzte, der „Nein, danke“ hat?

Das kann man schlecht sagen. Wir fragen die Gründe nicht ab, wir machen ja keine Gewissensprüfung. Wenn wir auf das Ganze gucken, haben wir nach dem Parteienproporz eine gute Beteiligung der Politikerinnen und Politiker. Die schützt auch ein bisschen davor, eine Wahlkampfveranstaltung für eine bestimmte Partei zu werden. Das Interessante ist ja, dass Sie im linken Spektrum, selbst in der Linkspartei, Menschen haben, die sagen: Ja, der christliche Glaube ist eine Quelle für mein politisches Handeln. Solche Leute haben Sie bei den Parteien mit dem C sowieso, aber die haben Sie auch in der SPD. Und daraus entsteht eine interessante Debatte: Welche Schlussfolgerungen ziehe ich aus der Nachfolge Jesu Christi? Was für ein Gerechtigkeitsbegriff folgt daraus?

In der FDP scheint es weniger solcher Leute zu geben.

Das hängt damit zusammen, dass die FDP jetzt ihren Parteitag hat. Wir haben sehr früh mit der Partei gesprochen und uns wurde gesagt, dass die Termine kollidieren.

dpa
Im Interview: ELLEN UEBERSCHÄR

45, ist seit 2006 Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

Gibt es einen Parteienproporz für die Podien?

Es gibt keinen Proporz, den wir zahlenmäßig genau aufschlüsseln, aber natürlich ist es für jede Veranstaltung wichtig, das gesamte politische Spektrum zu hören. Das verantwortet jede einzelne der – autonomen – Vorbereitungsgruppen selbst.

Laufen hier nicht zwei Erwartungshaltungen aneinander vorbei? Die Kirchentagsleute wollen annehmen, dass Glaube und Kirche für die Politik relevant seien. Währenddessen freuen sich die Politiker auf ein bildungsbürgerliches Publikum, das Angela Merkel und Peer Steinbrück gleichermaßen beklatscht.

Das glaube ich nicht. Politiker sind keine Maschinen, sondern Menschen mit bestimmten Überzeugungen, die auf der Suche danach sind, was die Gesellschaft voranbringt – zumindest die allermeisten. Einen Resonanzraum wie den Kirchentag finden sie ja kaum. Hier kann man auch mal nachdenken, jenseits von Wahlkampfthemen und Partei-Interessenskollisionen. Und Leute, die ich für gute Politiker halte, probieren mal eine These aus. Inwieweit sich das in konkrete Politik umsetzt, liegt natürlich nicht in unserer Hand.

Trotzdem, wenn man das Programm liest, ist da eine gewisser links-liberaler Drall.

Bei den Anfragen hält es sich die Waage. Wer zusagt und den Kirchentag als Ort für sich nutzt, ist noch einmal eine andere Frage. Ich beobachte, dass sich das politische Spektrum in Deutschland verändert und damit auch der Kirchentag: Eine gewisse bildungsbürgerliche Mitte ist stark präsent und damit auch das entsprechende politische Spektrum. Aber es geht auch ins Konservativ-Liberale. Die Zeiten, wo man den Kirchentag auf das Links-Liberale reduzieren konnte, sind vorbei.

Angela Merkel war Gast auf dem Kirchentagspodium. Schmückt man sich jetzt mit der Kanzlerin?

Leute wie Sven Giegold oder Katrin Göring-Eckardt waren auf dem Kirchentag lange bevor ein Mensch wusste, dass sie überhaupt Politik machen. Insofern ist das kein Einsammeln von Lorbeeren, die andere gesät haben.

Laden sich Politiker auch selbst ein?

Ja, aber wir haben unsere Prinzipien. Es gibt ehrenamtliche Projektleitungen, die vom Präsidium eingesetzt werden. Und wenn von dieser Stelle aus gesagt wird: Wir wollen aber diese oder jene Person und nicht den Politiker, der glaubt, etwas dazu zu sagen haben, dann ist das so. Das ist für uns manchmal schwierig zu erklären. Da machen wir uns nicht immer nur Freunde.

Hat die Kirchentagsleitung schon einmal gesagt: „Den laden wir nie wieder ein?“

Da der Kirchentag nur alle zwei Jahre ist, gibt es immer einen Kirchentag in der Wahlkampfzeit und einen in der Legislaturperiode. Insofern sind die Interessenkonstellationen immer andere. Jemand, der wirklich auf Wahlkampf eingestellt ist, ist vielleicht beim nächsten Mal sachbezogen oder gar nicht mehr da. Aber es gibt keine Hausverbote.

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4 Kommentare

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  • K
    Kirchentagsbesucher

    Keine Hausverbote beim Kirchentag? Doch, zumindest auf dem Markt der Möglichkeiten: für messianische Juden und für Embyromodelle in verschiedenen Entwicklungsstadien (die aus dem Biologieunterricht) ...

  • WB
    Wolfgang Banse

    Die Generalsekrtärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages äußert sich über Hausverbote die es bei Kirchentagen nicht gibt.Neonazis und Rechtsextremisten sollten auf Kirchentagen kein Podien,keinNährstoff finden.

    Dem Kirchentag hätte es gut angestanden,dass auch Menschen am Kirchentag hätten teilnehmen können,die über nicht das nötige Kleingeld verfügen.

    Die Inklusion und die UN-Behindertnrechtskonvention sollte auch beim Deutschen Evangelischen Kirchentag umgesetzt werden,was Arbeitsplätze für gehandicapte Arbeitnehmer anbetrifft.In Wahlkampfzeiten,wie hier die anstehende Bundestagswahl sollten Spitzenkandidaten sich nicht profilieren.Den Kirchentage sollten nicht umfunktioniert werden zu Wahlveranstaltungen der einzelnen Parteien und deren Spitzenpolitiker.

  • SG
    Schmidt Georg

    ja, sogar Herr dMaizere, Verteidigungsminister durfte reden, auch über die guten Fortschritte in AFG, leider hat er vergessen, dass die Opiumernte letztes Jahr bei 8.000to lag, dieses Jahr ein Produktionszunahme von 18% zu erwarten ist, unter den Talibans lag die Produktion unter 2.000to, also wenn das kein wirtschaftlicher Aufschwung ist!

  • SG
    Schmidt Georg

    den links-liberalen Drall, kann man heute überall spüren, man nehme verschiedene Zeitungen, da sitzen in der Redakion meist Spätgeborene so ab 1980, die Ansichten sind entsprechend, sogar in meiner Tageszeitung ist der links Drall, man muss nur man sehen, welche Kommetare zugelassen werden.

    Aber gerade in den ev Kirchen macht man immer voll auf Politik, Heiraten-in Uniform verboten-Reiswerfen verboten, meist weibliche Pastorinnen, mt dem Hang zur Menschverbesserung!

    Gestern musste ich doch lachen: da sagte eine Gläubige ( meine Kinder sind nicht getauft) wer nicht getauft ist, kommt nicht in den Himmel!