Kinoempfehlungen für Berlin: Wie halten Sie es mit dem Leben?

„Tangled“ holt Rapunzel aus dem Turm, in Potsdam widmet sich „Green Visions“ der Tiefsee, und im Arsenal lautet das Motto im Juni: Talk to me!

„Comizi d’amore“ (1964), Regie: Pier Paolo Pasolini Foto: Arsenal – Institut für Film und Videokunst e. V.

„Talk to Me“ lautet das Motto der aktuellen Ausgabe der Magical Mystery Tour im Kino Arsenal: eine Beschäftigung mit den vielfältigen Möglichkeiten des Redens im Dokumentarfilm. Einer der prägnantesten Filme zum Thema ist Pier Paolo Pasolinis essayistische Dokumentation „Comizi d’amore“ aus dem Jahr 1963, in der der italienische Regisseur seine Landsleute zu ihrer Einstellung zur Sexualität, zur Ehe und zur Scheidung befragt.

Vor der Kamera stehen dabei Menschen aller Alters- und Gesellschaftsschichten: Bauern genauso wie Kinder oder gleich die ganze Fußballmannschaft von Bologna. Die dabei zutage tretenden recht naiven Ansichten über Katholizismus und (Homo-)Sexualität werden von Pasolini oft bereits während der Gespräche kritisch hinterfragt und interpretiert – ein Ansatz, der immer wieder zu weiteren interessanten Diskussionen mit den befragten Leuten führt (2.6., 18 Uhr, Kino Arsenal).

Ein wenig steckte die Animationsabteilung von Disney zu Beginn der 2010er-Jahre in der Klemme. Die in traditioneller Handzeichnung hergestellten Filme im lyrisch-realistischen Stil, für den Disney einst so berühmt war, zogen nicht mehr richtig, und zugleich hatte man mit dem Pixar-Studio die schärfste künstlerische und kommerzielle Konkurrenz bereits unter dem eignen Dach.

Die Lösung des Problems versprach der Rückgriff auf europäische Märchen, die radikal entrümpelt und modernisiert wurden. So auch die alte Geschichte von Rapunzel, dem Mädchen, das mit einem langen Zopf einsam in einem hohen Turm hockt. Für „Tangled“ (2010) fragten sich die Regisseure Byron Howard und Nathan Greno also vor allem: „Wie kriegen wir Rapunzel raus aus ihrem Turm?“

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Das klappt dank des Mutes und der Neugier des Mädchens dann auch problemlos: Alsbald können die quirlige Rapunzel und ihr Begleiter, der charmante Dieb Flynn Rider, sich die Dialogbälle in der Manier einer Screwballkomödie zuspielen. Nebenbei gibt es witzige Musicalnummern und breit angelegte Actionsequenzen sowie mit dem Polizeipferd Maximus eine tolle Nebenfigur, die wortlos mit Mimik und grafischer Körpersprache amüsiert (30.5., 17 Uhr, Babylon Mitte).

Die Tiefsee ist der am wenigsten erforschte Teil unserer Erde. Über das dort befindliche Ökosystem weiß man nur wenig. Klar, für Menschen ist es dort ja auch ausgesprochen lebensfeindlich: kein Licht, enormer Druck, keine Luft zum Atmen. Man kommt nur schlecht hin.

Zugleich ist das, was kaum erforscht ist, bereits in den Fokus internationaler Konsortien gerückt, die dort dringend Metalle abbauen wollen, die man zur Herstellung von Batterien für Elektroautos benötigt. Und es gibt eine Behörde, die das im Zweifelsfall einmal genehmigen soll: die 1994 als Folge des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gegründete International Seabed Authority (ISA).

Der Dokumentarfilm „Deep Rising“ des kanadischen Regisseurs Matthieu Rytz beschäftigt sich mit den Interna der (bislang noch etwas ausgebremsten) Behörde und beleuchtet die unterschiedlichen Interessen.

Der Film läuft im Rahmen des Festivals Green Visions Potsdam, nach der Vorstellung diskutieren der Autor Frank Schätzing, der Literaturkritiker Denis Scheck und der Vorsitzende der Meeresschutzorganisation Deepwave Heye Groß (1.6., 19.30 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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