piwik no script img

Kinoempfehlungen für BerlinRadikaler Träumer

Filmemacher Werner Herzog kommt ins Arsenal. Dort würdigt eine Filmreihe eine „große Unbekannte“: die Stummfilmschauspielerin Ellen Richter.

„The Fire Within: A Requiem for Katia and Maurice Krafft“ (2022, R: Werner Herzog) Foto: Arsenal

In den 70er-Jahren hatte man mit Werner nicht so viel zu lachen“, bemerkt Wim Wenders in Thomas von Steinaeckers Dokumentarporträt „Werner Herzog – Radical Dreamer“, fügt aber hinzu, heute sei der Porträtierte da viel großzügiger geworden.

Werner Herzog, dieser Tage gerade 80 Jahre alt geworden, ist über die Jahre etwas gelungen, was nur die wirklich großen Akteure seines Metiers schaffen: Er hat seine Filme stets konsequent auf seine Themen, seine Interessen und sein Weltbild hin ausgerichtet, dabei aber auch verstanden, dass dies im Business Kino viel erfolgversprechender funktioniert, wenn man dem Publikum zugleich eine unterhaltsame Show bietet.

Dazu gehört bei ihm vor allem die amüsante Mythologisierung der eigenen Person. Herzog, dem gerade eine große Ausstellung in der Deutschen Kinemathek gewidmet ist, kommt jetzt für drei Tage nach Berlin: am 18. Oktober zur Vorpremiere von „Werner Herzog – Radical Dreamer“.

In den darauf folgenden zwei Tagen stellt er dann zwei eigene neue Werke vor, „Theatre of Thought“ (19. 10.), einen Dokumentarfilm über neue Wege der Gehirnforschung, in dem er als Interviewer auch selbst präsent ist, und „The Fire Within: Requiem for Katia and Maurice Krafft“ (20. 10.), in dem er seiner eigenen Faszination für Vulkane am Beispiel eines französischen Vulkanologen-Paares nachgeht, das bei Ausübung seiner Tätigkeit 1991 ums Leben kam (Werner Herzog, 18.-20.10., 20 Uhr, Kino Arsenal).

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

„Die große Unbekannte“, so hieß einer der Filme der in Wien geborenen Stummfilmschauspielerin Ellen Richter, und so hat man passenderweise auch die umfangreiche Filmreihe betitelt, die ihr im Kino Arsenal bis in den November hinein gewidmet sein wird.

Denn Richter spielte nicht in den großen kanonisierten Klassikern der Ära, sondern in heute überwiegend vergessenen Unterhaltungsfilmen, allein der von Richters Ehemann inszenierte zweiteilige Reiseabenteuerfilm „Der Flug um den Erdball“ (1925) wird noch in einer gewissen Regelmäßigkeit gezeigt.

Richter war in ihrer Zeit eine äußerst populäre Schauspielerin und verkörperte mit ihrem lässigen Selbstbewusstsein auch perfekt ein seinerzeit in der Weimarer Republik aufkommendes neues Frauenideal. Viele von Richters Filmen – sie drehte regelmäßig ab 1915 – sind jedoch heute verschollen, und ihre Karriere endete abrupt, als sie 1933 als Jüdin in Nazi-Deutschland nicht mehr drehen konnte und emigrieren musste.

Die Filmreihe eröffnet am 14.10. mit „Moral“ von Willi Wolff, einer Komödie um die scheinheilige Doppelmoral der Bürger einer Kleinstadt, die in einem von Richter verkörperten Revuestar eine Bedrohung ihrer Sitten sehen. Live-Musik gibt es dazu von Maud Nelissen (Klavier), Daphne Balvers (Saxophon) und Frido ter Beek (Saxophon, Perkussion), der auch die Komposition besorgte (14. 10., 19 Uhr, Kino Arsenal).

Eine Italienische Film-Woche bietet das Bali Kino in Zehlendorf vom 13. bis zum 19. Oktober, unter anderem mit der Musikdokumentation „Paolo Conte – Via con me“ über den berühmten Liedermacher, dem sanften Familiendrama „Das Frauenparadies“ von Laura Bispuri sowie einem Konzert von Tamara Soldan und Davide Incorvaia, die italienische Filmmusiken interpretieren (13.-19. 10., Bali Kino).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!