Kindesmorde in Berlin und Brandenburg: 32-Jähriger gesteht zweiten Mord
Der Mann, der den Flüchtlingsjungen Mohamed umgebracht hat, hat auch den sechsjährigen Elias getötet. Der Junge war Anfang Juli von einem Spielplatz in Potsdam verschwunden.
Michael von Hagen wirkt gefasst, aber mitgenommen, als er am Freitagmittag vor die Presse tritt. Der Oberstaatsanwalt muss über einen weiteren Mord an einem Kind berichten. „In der Nacht hat der Tatverdächtige Silvio S. gestanden, auch den sechsjährigen Elias aus Potsdam entführt und ermordet zu haben“, berichtet von Hagen. Die Polizei entdeckte die Leiche des Jungen offenbar am Freitagnachmittag in einem Schrebergarten in Luckenwalde an der von S. bezeichneten Stelle.
S. war tags zuvor in einem Dorf bei Jüterbog festgenommen worden. Er gestand, den 4-jährigen Mohamed vom Gelände des Lageso in Moabit entführt, missbraucht und getötet zu haben. Mohamed war am 1. Oktober verschwunden; erst in den vergangenen Tagen hatte die Polizei jene Bilder von Überwachungskameras veröffentlicht, die schließlich zum entscheidenden Hinweis führten.
Die Mutter des Täters hatte sich am Donnerstag gemeldet, nachdem sie ihren Sohn auf den Überwachungsvideos erkannt hatte. Im Auto des 32-Jährigen befand sich die Leiche des Jungen, der Täter hatte sie zuvor auf seinem Dachboden versteckt.
„Die Obduktion hat acht Stunden gedauert, die Mediziner mussten sehr vorsichtig sein“, sagt von Hagen. Der Täter hatte die Leiche in eine Wanne gelegt und mit Katzenstreu bedeckt, wohl um Leichengeruch zu vermeiden. „Nach äußerem Anschein ist Mohamed bereits kurz nach seiner Entführung durch äußerliche, stumpfe Gewalt am Hals getötet worden“, so der Oberstaatsanwalt. Dies decke sich mit den Aussagen des Täters, der gestanden hatte, das Kind erdrosselt zu haben.
Oberstaatsanwalt Michael von Hagen
„Der Täter hat uns die Umstände detailreich geschildert“, sagt von Hagen. „Nach seiner Aussage ist er zum Lageso gefahren, um dort Plüschtiere und Kleidung zu spenden.“ Dort habe er den Jungen gesehen und ihm ein Plüschtier gegeben. Danach sei ihm der Junge hinterhergelaufen. Er habe das Kind an die Hand genommen, mit ihm das Gelände verlassen und ihn mit seinem Auto zu sich nach Hause gefahren.
Dort habe er den Jungen mehrmals sexuell missbraucht, berichtet Winfrid Wenzel, Leiter der Sonderkommission Mohamed. „Am nächsten Tag habe das Kind ‚gequengelt und gemault‘ und ‚wollte weg‘, wie der Täter ausgesagt hat.“ Der Täter habe das Kind daraufhin getötet. S. lebt in einer Wohnung über seinen Eltern und habe wohl befürchtet, dass diese auf das Kind aufmerksam werden könnten, erklärt Wenzel.
Schon am Donnerstag hatte die Polizei erklärt, sie wolle Zusammenhänge mit dem Fall Elias prüfen. Der Junge war am 8. Juli in Potsdam von einem Spielplatzbesuch nicht zurückgekehrt. Hunderte Polizisten und Freiwillige hatten die Umgebung abgesucht – ohne Erfolg.
Zu Elias habe der Täter sich nur wortkarg geäußert, berichtet Wenzel. Ob der Junge ebenfalls sexuell missbraucht wurde, blieb zunächst unklar. Die Polizei werde das gesamte Gartengelände umgraben, kündigt der zuständige Stabsleiter Michael Scharf an. „Wir schließen nicht aus, dass dort weitere Leichen zu finden sind.“ Auch einem Bezug zu der in Stendal verschwundenen fünfjährigen Inga werde die Polizei nachgehen.
Silvio S. sei vermutlich ein Einzeltäter, erklärt Wenzel. Er sei bisher weder in Berlin noch in Brandenburg strafrechtlich aufgefallen, der Mann arbeite bei einem Wachschutzunternehmen in Teltow. Er wird in den nächsten Tagen weiter zu den Taten vernommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen