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Kinder fragen, die taz antwortetHaben Pflanzen einen IQ, beziehungsweise ein Gehirn?

Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Julius, 13 Jahre alt.

Wir Menschen wissen einfach noch nicht, ob Pflanzen wirklich intelligent sind oder nicht Foto: Pakin Songmor/getty images

Nein, ein Gehirn haben Pflanzen nicht. Und einen IQ, wie er bei Menschen ermittelt wird, auch nicht, denn IQ-Tests sind auf Menschen und ihre Fähigkeiten zugeschnitten – und selbst da ist umstritten, was genau sie eigentlich messen. Jedenfalls ist Intelligenz mehr als ein hoher IQ.

Aber heißt das, dass Pflanzen nicht intelligent sind? Das ist schwer zu beantworten. Viele Menschen sehen in Pflanzen ja eher so etwas wie grüne Steine mit Wachstum. Gießt man sie, sprießen sie, sonst vertrocknen sie halt. Dabei nehmen sie doch ihre Umwelt wahr, reagieren auf sich ändernde Bedingungen und kommunizieren miteinander.

Wenn Giraffen in der Savanne an einer Akazie fressen, registriert dieser Baum den Angriff und bildet schnell Bitterstoffe, die seine Blätter ungenießbar machen. Und er gibt chemische Signale in die Luft ab, mit denen er benachbarte Akazien warnt, die dann schon Bitterstoffe bilden, ehe an ihnen gefressen wird. Deshalb laufen Giraffen zum Fressen große Strecken durch die Savanne, gegen die Windrichtung. Das wohl bekannteste Beispiel für eine direkte Reaktion auf Umweltreize ist die Mimose. Wenn du sie berührst, klappt sie ruckzuck ihre Blätter zusammen. „Empfindlich wie eine Mimose!“, sagt man daher.

Solche Reaktionen haben sich im Lauf der Evolution entwickelt: Auf einen bestimmten Reiz folgt eine bestimmte Reaktion, weil das beim Überleben hilft. Pflanzen können sogar noch mehr: Mimosen etwa bemerken, wenn bestimmte Berührungen oder Erschütterungen ihnen gar nicht schaden. Dann klappen sie ihre Blätter nicht mehr zusammen.

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Und Erbsen etwa wachsen wie viele andere Pflanzen in Richtung des Lichts. Wenn man im Experiment Licht mit Wind koppelt, lernen sie: nach Wind kommt Licht, und sie wachsen schon beim Wind-Signal. Noch besser: Später wachsen sie auch nur bei Wind! Sie haben also gelernt, dass auf Wind Licht folgt, und behalten dieses Wissen eine Weile, selbst wenn gar kein Licht mehr folgt. Viele andere Pflanzen können das nicht. Erbsen gehören daher zu den intelligentesten Gewächsen – von wegen „Erbsenhirn“!

Aber sind diese Fähigkeiten wirklich als Intelligenz zu werten? Dazu gibt es sehr viele, sehr unterschiedliche Meinungen. Kurz gesagt: Wir Menschen wissen einfach noch nicht, ob Pflanzen wirklich intelligent sind oder nicht. Vielleicht sind wir dafür einfach nicht intelligent genug. Heiko Werning

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1 Kommentar

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  • Vieles ist Auslegungssache. Je mehr intensiv untersucht wird, desto näher kommen wir einer Antwort auf die Frage, wie wir Intelligenz definieren wollen u. können. Pflanzen sind nicht nur sensibel, sie kommunizieren. Vielleicht ist auch der Verbund mit anderen Pflanzen als ein "Denkorgan" zu bezeichnen.



    Pflanzen "rufen um Hilfe" u. unterstützen sich, außerdem zeigen sie Merkmale des Gedächtnisses.



    Unsere Maßstäbe sind Individuen u. spezialisierte Organe, aber wir akzeptieren heute bereits eine besonders enge Verbindung in Ökosystemen.



    Schon 2017 stand bei nationalgeographic.de



    "Die Sinne der Pflanzen



    Völlig anders als gedacht, können Pflanzen fühlen, sehen, hören und kommunizieren. Biologen sprechen von einer „kopernikanischen Wende“, die unser Bild vom strohdummen Grünzeug erschüttern könnte."



    Weiter dort:



    "Pflanzen, so glaubt eine Reihe von Forschern heute, sind nicht nur intelligent wie Tiere auch. Sie haben wie diese ein Interesse an ihrer ei­genen Existenz, die sie mit allen Mitteln bewahren wollen. Sie haben einen Standpunkt, eine Perspektive und reagieren unmittelbar auf das, was ihnen zustößt. Was Biologen über die Fähigkeiten der Gewächse erfahren, hilft uns somit auch..."