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Keine Zustellförderung für ZeitungenWestern von gestern

Die Bundesregierung gibt auch 2024 kein Geld für eine Zustellförderung von Zeitungen. Das ist wieder „Spiel mir das Lied von der Medienpolitik“.

Die Zustellförderung kommt nun doch nicht Foto: Baloncici/imago

T raurig reiten Deutschlands Ver­le­ge­r*in­nen wieder über die Prärie. Egal ob in den Canyons der Uckermark, den Bergen des Emslandes oder den Wüsten vor Gießen, die Presseförderung wird nicht kommen. Weder in Dodge City, Barsinghausen noch auf der Schwäbischen Alb. Auch in Rautenkranz ist keine Morgenröthe mehr. Denn der Haushaltsentwurf der Bundesampel für 2024 sieht nun doch keine Zustellförderung vor.

Nun gut, im Koalitionsvertrag steht der fromme Spruch, die Regierung wolle Fördermöglichkeiten für eine „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“ prüfen. Aber würde so eine Maßnahme wirklich das Klima zwischen der Verlagswelt und der Regierung verbessern und den gedruckten Zeitungen in Sachen digitaler Transformation aufs Pferd helfen?

Natürlich nicht. Was vermutlich auch den Sheriffs der Ampel klar ist, die deshalb mit den Zeitungen in den letzten Monaten „Verlag ärgere dich nicht“ gespielt haben. Da distanzierte sich zuerst im ­April das Wirtschaftsministerium von Old Klimahand Habeck mit klaren Worten von ­einem positiven Gutachten in Sachen Zustellförderung der ­alten Groko. Das hatte schon was von „Wir werfen raus“, wie „Mensch ärgere Dich nicht“ im Ostern hieß. Die nächste Runde im beliebten DDR-Rauswerfspiel übernahm Medien- und Kultur-Deputy Claudia Roth. Sie erklärte Anfang Juli die Presseförderung für mausetot.

Auch Old Quatschnicht Scholz hatte höchstpersönlich den Ver­le­ge­r*in­nen in den Whiskey gespuckt und jede Kerze der Hoffnung ausgepustet. Nun war das der SPD dann offenbar doch nicht grün, weshalb sie wie ganz beflissene Cowboys die Leiche wieder ausbuddelten. Beim BDZV-Kongress im September begrub ihr Lars das Klingbeil, machte den edlen Winnetou und wedelte in Sachen Zustellförderung wieder mit der Silberbüchse.

Viel Feuerwasser kosten lassen

Aber niemand muss „Spiel mir das Lied von der Medienpolitik“ auswendig können, um das dicke Ende zu ahnen. Im Haushaltsausschuss letzte Woche spielte die Ampel „The Good, the Bad and the Ugly“ und nicht die „Glorreichen Sieben“. Dabei haben sich die Verlage ihre Lobbyarbeit im Saloon bestimmt ganz viel Feuerwasser kosten lassen.

Und hier muss es mal kurz ernst werden. „Äh nee! Noch mal zurück“, sagt die Mitbewohnerin. „Das tote Pferd wurde zweimal wiederbelebt und niemand ist abgestiegen?“ Genau. Und Netzpolitik.org hat jetzt unter dem schönen Titel „Chronik einer Geisterfahrt“ enthüllt, wie sehr die Verlagslobby schon die alte Bundesregierung bei der Presseförderung beackert hat. Diese nun ins Netz gestellten Dokumente aus den Jahren 2020/21 zeigen, dass es wie im Western immer nur ums Gold geht. Wie heißt es im Western doch so schön: „Ich nehme dir das Geld nur ab, damit du die Pferde nicht bestechen kannst!“

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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