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Keine Brennelemente für Akw in Belgien Gericht stoppt Export nach Doel

Etappensieg für AKW-Gegner*innen: Die Brennelement-Fabrik in Lingen darf das umstrittene belgische AKW vorläufig nicht beliefern, entschied ein Gericht.

Darf derzeit keine Brennelemente aus Deutschland bekommen: Das belgische AKW Doel Foto: dpa

BERLIN taz | Die Atomkraftgegner*innen aus dem Rheinland, die juristisch gegen den Export von Brennelementen aus der deutschen Fabrik in Lingen ins belgische Uralt-AKW Doel vorgegangen sind, haben einen Etappensieg errungen: Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat am Freitag entschieden, dass die Transporte bis zu einer Entscheidung im Hauptverfahren nicht stattfinden dürfen.

„Der Beschluss ist ein wichtiger Schritt hin zu einem Schutz der Bürger und Bürgerinnen gegen die Gefahren, die mittels Brennelementen aus Deutschland vom Betrieb ausländischer Pannenreaktoren ausgehen“, kommentierte Cornelia Ziehm, die Rechtsanwältin des Klägers, den Beschluss.

Die Reaktoren Doel 1 und 2 gelten wegen zahlreicher Störfälle als besonders gefährlich. Die Laufzeitverlängerung bis zum Jahr 2025 war vom Europäischen Gerichtshof für unrechtmäßig erklärt worden, weil auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet worden war. Weil eine Stilllegung angeblich die Energieversorgung in Frage stelle, hatte das belgische Verfassungsgericht den Weiterbetrieb im März dieses Jahres trotzdem genehmigt.

Darum hatten sechs Einzelpersonen, die 140 bis 250 Kilometer vom AKW entfernt wohnen, und ein Umweltverband beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Widerspruch gegen die Exportgenehmigung für die Brennelemente aus Lingen eingelegt. Sie argumentieren, dass der Export gegen die Vorgabe des Atomgesetzes verstoße, dass die Sicherheit der Bundesrepublik nicht gefährdet werden dürfe.

Keine Fakten schaffen

Nachdem das Bundesamt den Widerspruch zurückgewiesen hatte, erhob einer der Kritiker Klage. Daraufhin beantragte der Betreiber von Lingen, eine Tochterfirma des französischen Atomkonzerns Framatome, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung haben solle, damit der geplante Transport schon vor einer Entscheidung über die Klage stattfinden könne. Anderenfalls drohe hoher Schadenersatz, argumentierte das Unternehmen. Zudem bestritt das Unternehmen, dass der Kläger überhaupt klagebefugt sei.

Doch diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht nun in einer ausführlichen Entscheidung, die der taz vorliegt, abgelehnt. Es lässt zwar offen, wie ein Urteil im Hauptsacheverfahren ausfallen wird. Allerdings erachtet es für durchaus möglich, dass betroffene Bürger und Bürgerinnen die Rechtmäßigkeit atomrechtlicher Exportgenehmigungen zur Überprüfung stellen können. Zudem nimmt das Gericht ein überwiegendes Schutzinteresse des klagenden Aacheners an, deshalb dürften nicht durch einen Export der Brennelemente nach Doel Fakten geschaffen werden.

Als Konsequenz fordern die Anti-Atom-Aktivist*innen nun, dass die Bundesregierung bis zu einer Entscheidung sämtliche Brennelement-Exporte in Alt-AKWs in die Nachbarländer untersagt. „Spätestens jetzt, da von einem Gericht die Rechtmäßigkeit dieser Brennelement-Exporte in Frage gestellt wird, ist jede weitere Ausfuhrgenehmigung für Kernbrennstoffe ins grenznahe Ausland nicht nur verantwortungslos und politisch skandalös, sondern auch juristisch heikel“, erklärte Alexander Vent vom Bündnis AgiEL.

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