Katalonien verbietet Tiere im Zirkus: Schluss in der Manege
In Katalonien sind Zirkusnummern mit Tieren jetzt verboten. Es geht um Tierschutz. Aber auch darum, sich vom restlichen Spanien abzuheben.
MADRID taz | Tanzende Bären, galoppierende Pferde, durch Ringe springende Löwen – all das ist in Katalonien bald Geschichte. Fünf der sieben im Autonomieparlament der nordostspanischen Region vertretenen Parteien einigten sich auf eine Reform des Tierschutzgesetzes, die ab kommendem Jahr Tiernummern im Zirkus verbieten wird. Das Ziel des neuen Gesetzes: „das Quälen und Leiden von Tieren zu verhindern“.
Katalonien ist damit die erste Region in Spanien, die den Auftritt von Zirkustieren untersagt. In Europa gilt ein ähnliches Verbot mittlerweile in 16 Ländern, darunter Österreich, England, Portugal und Norwegen. In Deutschland verbieten 22 Gemeinden Wildtiere auf ihrer Gemarkung, darunter Großstädte wie Köln und Stuttgart. In der Schweiz wird derzeit ebenfalls über ein Verbot diskutiert. Doch einen Zirkus Knie ohne seine Elefanten wollen sich viele Eidgenossen nicht vorstellen.
Die Reform muss bis zum Jahresende noch im Parlament angenommen werden. Doch dabei wird es keine Überraschungen geben. Die fünf Fraktionen, von Nationalisten aller Couleur über Sozialdemokraten bis hin zu Ökosozialisten, verfügen zusammen über 80 Prozent der Abgeordneten. Nur eine kleine antinationalistische Partei und die in Madrid regierenden Konservativen der Partido Popular sind gegen das Verbot.
In 99 katalanischen Gemeinden, in denen 70 Prozent der katalanischen Bevölkerung leben, wird sich mit dem neuen Gesetz nichts ändern. Hier ist Zirkus mit Tiereinlagen bereits jetzt nicht erlaubt. In ganz Spanien gilt dies für 133 Gemeinden, darunter wichtige Provinzhauptstädte wie Victoria, Vigo und Alicante.
Nicht alle Tiere sind gleich
Die fünf Unterstützer der Reform lösen damit ein Wahlversprechen ein, das sie gegenüber der Tierschutzorganisation Libera abgegeben haben. „Das katalanische Parlament führt den Kampf zur Verteidigung der Rechte der Tiere einmal mehr an“, zeigt sich Libera-Chef Carlos López zufrieden. Bereits 2010 hatte das Autonomieparlament auf Betreiben der Tierschützer den Stierkampf in Katalonien verboten, was damals eine heiße Debatte in und außerhalb der Region auslöste. Viele unterstellten dem katalanischen Parlament, den Stierkampf nur zu verbieten, um zu zeigen, dass Katalonien anders sei als Spanien.
Auch dieses Mal bleiben nationalistische Untertöne bei der Debatte nicht aus. „Wir Katalanen sind gute Menschen“, erklärte Libera-Chef López. Der Sprecher der in Katalonien regierenden CiU, Josep Rull, wurde noch deutlicher. „Das Niveau der Zivilisation einer Nation kann an ihrem Umgang mit Tieren gemessen werden. Mit Vorschlägen wie diesem wird Katalonien dem restlichen Europa ähnlicher.“ Rulls CiU will im kommenden Jahr zusammen mit anderen nationalistschen Kräften eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens abhalten.
Nicht alle Tiere haben gleiche Rechte in Katalonien. Die traditionellen Correbous werden einmal mehr von der Reform des Tierschutzgesetzes ausgenommen. Die Nationalisten verteidigen das mittelalterliche Spektakel, das hauptsächlich im Süden der Region, an der Mündung des Ebro-Flusses ins Mittelmeer, abgehalten wird. Dabei werden Stiere und Jungtiere zu Volksbelustigung auf Plätzen freigelassen. Vielerorts werden den Tieren brennende Fackeln an die Hörner gebunden.
Leser*innenkommentare
Antonietta
Gast
- Eine "artgerechte" Haltung ist im Zirkus nicht möglich
- Die Tiere werden meist mit Gewalt dazu gebracht bestimmte Kunststücke auszuführen
- Viele Zirkustiere leiden unter Verhaltensstörungen
- Kindern wird ein komplett verkehrtes Bild über Tiere und deren Bedürfnisse gezeigt
MEIS
Gast
Victoria wird eigentlich Vitoria geschrieben und Vigo ist zwar die größte und meinetwegen wichtigste Stadt der Provinz Pontevedra aber halt nicht Provinzhauptstadt. Und ob die kleine "antinationalistische" partei wirklich antinationalistisch oder eigentlich doch spanisch-nationalistisch ist, wird sich noch weisen.
Nix für ungut. Ansonsten vielen Dank
Georg
Gast
Das ist schön und gut. Ich finde das auf jeden Fall positiv. Nur verstehe ich nicht, wenn man mit dem Tierschutz-Argument kommt, wie man dann die Correbous akzeptieren kann. Also Tierschutz nur dann wenn es uns passt? Schade...
carla
Gast
Ich halte die Anpassung und Betreuung von Raubtieren in einer
Art Zivilisationsschule für Wildtiere notwendig, damit auch die
Tiere diese Lebenräume, die die kontinentalen Gebiete stark dominieren
auch für sich nutzen können und uns erhalten bleiben.
Die Trennung von Mensch und Tier hat leider rassistische Züge.
Das Wesen, die Psyche der Tiere zu entschlüsseln, das Herz
der Wildtiere zu erobern, spielt für fast alle keine Rolle. Es geht
nur um den eigenen Erfolg und Anspruch.
Nicht nur Hunde können wichtige symbiontische Funktionen erfüllen
und Freunde können auch Wildtiere sein, wenn auch vielfach nicht mit dem
Soldatengehorsam eines abgerichteten Hundes. Der Beschluss der Katalonen
ist unausgegoren und populistisch und pseudo-humanistisch, solange
die Tierarten nicht zukünftig noch stärker gepflegt und erhalten werden,
was natürlich auch Geld kostet und aktiver Fürsorge und veterinärmedizinischer Kontrolle bedarf.
carla
Gast
Diese Entscheidung hat mindestens 5 Konsequenzen.
Einerseits werden schlechte tierquälerische Zoos dazu gezwungen
ihr Angebot völlig neu zu gestalten und Artistik, Komik,
Psychologie, Show, Theater, Musik z.T. sogar Erotik neu zu erfinden
oder sie gehen zu Recht unter.
Doch andererseits wird die Entfremdung von den Tieren höchstwahrscheinlich bestärkt, wenn die Tiere ökonomisch nicht mehr
gebraucht werden, nur Kosten verursachen und die Öffentlichkeit
nicht mehr hinschaut. Aus purer Tierliebe kann man auch Arten
komplett ausrotten. Der Umgang mit Tieren, die Kommunikation,
und das Vertrauen, die notwendig sind um Kunststücke beizubringen, wird verlernt und auch nicht
mehr erweitert, verbessert, überprüft. Eine rare gentetische Reserve
zur Arterhaltung fällt weg. Seltene Haustierrassen verlieren
ihre Zuchtberechtigung.
Ähnliches gilt für die Stiere. Es ist gut wehrhafte, starke, kluge,
muskulöse und kampfstarke Stiere zu züchten, die auch außerhalb der Rundumversorgung der Stallungen überleben können und auch gegen
Bären und Wölfe bestehen können!!!! Die verinzuchteten deutschen Rinder
würden unter harten Lebensbedingungen extrem dezimiert werden oder
gar aussterben. Sie zu töten ist auch keine Schande, der Tod
ist verglichen mit dem Tod in den Massenschlachtungsanlagen, den
zahlreichen Spritzenbehandlungen, der Gülle und den Mief
in zahlreichen asbestverseuchten Großstallungsanlagen ein sehr gnädiger
Tod mit Ritencharakter. Aber die Rinder mit Fackeln und Spießen an
den Genitalien wahnsinnig zu machen, zu foltern, damit sie erst als
Monster in Erscheinung treten, ist unglaublich grausam, feige und
bösartig. Die Großstallungsanlagen sind z.T. die Transformation
von KZs auf Haustiere.