piwik no script img

Kaputte Aufzüge, verschimmelte WändeDie Weiße Siedlung wehrt sich

Weil die verantwortliche Adler Group Mängel nicht beseitigt, wollen Mie­te­r*in­nen sie nun verklagen. Eine Kiezinitiative unterstützt Betroffene.

4.500 Menschen leben in der Neuköllner Großsiedlung aus fünf Häuserkomplexen Foto: Maurizio Gambarini/Funke Foto Services/imago

Mie­te­r*in­nen aus der Weißen Siedlung in Neukölln wollen ihren Vermieter verklagen. Sie wehren sich damit gegen nach ihrer Aussage konstant bestehende Mängel in den Wohnhäusern – etwa kaputte Aufzüge, Schimmel in den Wohnungen und Rattenbefall. Vorangehen werden zunächst Be­woh­ne­r*in­nen aus dem Haus in der Sonnenallee 279, wie die Kiezinitiative Weiße Siedlung der taz bestätigte.

4 oder 5 der dortigen Mie­te­r*in­nen werden gemeinsam mit der Initiative eine sogenannte Mängelbeseitigungsklage einreichen. Einer der Anwohner dort habe einen pflegebedürftigen Vater. Der Fahrstuhl sei etwa vier Monate durchgehend defekt gewesen. Der Rettungsdienst habe seinen Vater deshalb einmal über die Treppen nach unten tragen müssen.

„Die Mängel betreffen alle, aber wir können als An­woh­ne­r*in­nen immer nur einzeln dagegen klagen“, sagt Tobias Lemme, der in der Weißen Siedlung wohnt und die Kiezinitiative mit aufgebaut hat. „Und weil hier viele Menschen leben, die wenig Geld haben, die Bürgergeld beziehen oder nur wenig Deutsch sprechen, ist es schwierig, sie dazu zu bewegen, individuell zu klagen.“

Viele hätten keinen Rechtsschutz oder seien gar nicht erst im Mieterverein organisiert. Die Kiezinitiative will die An­woh­ne­r*in­nen deshalb nun bei Hausversammlungen über ihre Rechte informieren und dort Kontakte zu An­wäl­t*in­nen herstellen, die kostenfrei beraten und unterstützen würden.

Kundgebung am Samstag

„Das braucht ganz viel Überzeugungsarbeit“, sagt Lemme. Bei den Treffen könnten die Mie­te­r*in­nen sich untereinander versichern, dass sie sich gegenseitig die Mängel bestätigen und „abzeichnen“. „Unser Ziel ist, dass sie mit einem Gefühl von Sicherheit in den Rechtsstreit gehen“, sagt er. Die ganze Siedlung sei außerdem sehr groß, deshalb wollen sie jetzt von Haus zu Haus vorgehen. „Dass wir uns so organisieren und koordiniert klagen, das ist hier neu. Ein Vorbild ist die Mietergemeinschaft Kotti & Co, die damit schon erfolgreich war.“

In der Weißen Siedlung an der Sonnenallee in Neukölln leben rund 4.500 Menschen in fünf Gebäudekomplexen mit rund 1.700 Wohnungen. Die Häuser sind teils bis zu 18 Stockwerke hoch. Verwaltet und vermietet werden sie seit 2016 von der Adler Group – einem börsennotierten Wohnungsunternehmen, das in Berlin rund 18.000 Wohnungen besitzt.

Mie­te­r*in­nen der Siedlung hatten sich bereits im vergangenen Jahr im April organisiert, um öffentlich und gesammelt gegen die Mängel zu protestieren. „Sie verschleppen alles, und wenn es um Schimmel geht, kommt direkt der Vorwurf, wir würden nicht lüften“, sagt Silke Fehst, eine Anwohnerin, die ebenfalls in der Initiative organisiert ist.

Am Samstag um 12 Uhr will die Initiative mit einer Kundgebung auf dem Mehrgenerationenplatz vor der Hausnummer 279 gegen die Adler Group protestieren. Dabei wollen sie auch schon mal symbolisch Klage einreichen. Das soll nicht nur ihren Protest nach außen tragen, sondern auch nach innen in die Siedlung hinein, um An­woh­ne­r*in­nen weiterer Häuser auf den Klageweg aufmerksam zu machen und dazu zu ermutigen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!