Kandidaturen für die Berlin-Wahl: Nur noch ein bisschen sexy
Berlin rüstet sich zur Abgeordnetenhauswahl in einem Jahr. Doch das Personalkarussel will nicht recht in Schwung kommen. Und ist mehr als mittelmäßig.
E rnst Reuter, Willy Brandt, Richard von Weizsäcker. Die Namen dürften den meisten etwas sagen. Alte Politprominenz mit Charisma und Weltläufigkeit und einstmals Regierende Bürgermeister von (West-)Berlin. Auch Walter Mompers roter Schal und Klaus Wowereits mutiges Outing sind unvergessen. Unter anderem sie führten die Geschicke der wiedervereinten Stadt nach dem Mauerfall.
Fairer- und vor allem gendergerechterweise muss an dieser Stelle Franziska Giffey genannt werden, die einzige Frau, die bislang Berlin regiert hat. An die SPD-Frau dürften sich viele Berliner:innen allerdings eher mit Grausen statt mit Wohlwollen erinnern: Plagiatsvorwürfe, billiger Döner- und Pistolenhumor, ein Fake-Telefonat mit Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, auf das sie reingefallen ist. Für die sozialen Medien war Giffeys Regierungsgeschäft ein Fest, Giffey, die Mensch gewordene Meme-Maschine. Aber auch ihr Parteikollege Michael Müller und der amtierende Regierende, Kai Wegner von der CDU, sorgten und sorgen dafür, dass sich kaum noch jemand an den Berliner Status „arm, aber sexy“ erinnern kann.
So dürfte das leider weitergehen. Das aktuelle Spitzenpersonal der Parteien für die Abgeordnetenhauswahl in einem Jahr findet sich allmählich, und die Frage ist: Wie zufrieden sind die Berliner:innen damit? Oder besser gesagt, wissen die überhaupt, wer beispielsweise Steffen Krach ist? Es sei hier verraten: Der Politikwissenschaftler war mal Staatssekretär im Berliner Wissenschaftssenat, jetzt ist er Regionspräsident in Hannover und der SPD-Spitzenkandidat für die Berlin-Wahl.

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Oder Werner Graf von den Grünen? Schon mal gehört? Er will gemeinsam mit Bettina Jarasch Kai Wegner ablösen. Jarasch, Jarasch, da klingelt doch was. War das nicht die mit der Friedrichstraße als Fahrradzone? Wurde nix draus. Und die Linkspartei – die sucht und sucht und sucht.
Die Berliner Politik leidet an Personalmangel – und Mittelmäßigkeit. Das hat die Stadt nun wirklich nicht verdient. Wer sonst, wenn nicht Berlin, könnte Sexyness trotz Krise?
Ergänzung der Redaktion: Neben Franziska Giffey hat früher schon einmal eine Frau die Geschicke der Stadt geleitet – Louise Schroeder. Sie war von Mai 1947 an ein Jahr lang kommissarische Oberbürgermeisterin Berlins, nachdem der erste gewählte Berliner Nachkriegsoberbürgermeister Otto Ostrowski (SPD) zurückgetreten war.
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