Kandidat der Kissinger-Professur: Die Kritik bleibt
Der frühere US-Botschafter James D. Bindenagel übernimmt die umstrittene Kissinger-Professur in Bonn. Attac und Studenten protestieren weiter.
Der frühere US-Botschafter in Deutschland, James D. Bindenagel, soll zum Wintersemester die Henry-Kissinger-Professur an der Universität in Bonn übernehmen.
Die Stelle ist umstritten. Zum einen kritisieren Attac, namhafte Wissenschaftler und die aus diversen Hochschulgruppen hervorgegangene „Initiative zivile Uni Bonn“, die Bennenung der Professur nach dem US-Außenpolitiker der Professur. Kissinger habe Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verantwortet oder unterstützt.
Zudem wird die Stelle durch die Haushalte des Auswärtigen Amts und des Verteidigungsministeriums mit 50.000 und bis zu 250.000 Euro im Jahr finanziert. Es ist der erste Lehrstuhl, der abgesehen von den zwei deutschen Bundeswehruniversitäten direkt vom Verteidigungsministerium bezahlt wird.
James D. Bindenagel, der die Stelle nun für ein Jahr übernimmt, war von 1996 bis 1997 US-Botschafter in Deutschland. Laut der Webseite der Universität begleitete er das Ende des Kalten Krieges, den Fall der Mauer und die deutsche Wiedervereinigung im diplomatischen Dienst der USA. Bevor die Entscheidung des Kandidaten bekannt gegeben wurde, //www.taz.de/Protest-gegen-Kissinger-Professur/!135993/:hoffte Pressesprecher der Uni Bonn Andreas Archut, dass mit dem feststehenden Kandidaten die emotionale Debatte um die Professur abklinge.
Egal, wer es macht
„Es ist völlig gleichgültig, wer die Stelle übernimmt“, sagt Lukas Mengelkamp von der Initiative zivile Uni Bonn. Die Kritik an der Namensgebung der Professur und der Finanzierungen blieb weiterhin bestehen.
Anders als die Uni es darstelle, wurde dies nicht „einstimmig“ beschlossen, sagt Mengelkamp. Es habe keine formale Abstimmung über die Berufung gegeben. Die Inititiative werde die Professur weiterhin kritisch begleiten. Auch Attac hält an seiner Kritik fest.
Die Stiftungsprofessur für „Internationale Beziehungen und Völkerrecht“ war von der Bundesregierung zu Ehren des früheren US-Außenministers Henry Kissinger vor einem Jahr beschlossen worden. Der von Attac initiierte offene Brief gegen die Professur zählt 473 Unterschriften. Die Onlinepetition der Initiative zivile Uni Bonn hat bisher rund 1.400 Unterstützer gefunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen